Mit ‘Schiedsrichter’ getaggte Artikel

Klassiker voraus!

Donnerstag, 21. Juni 2012

Deutschland-Griechenland lautet eine von vier Viertelfinal-Paarungen der Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. Ein Klassiker! Oder nicht? Schnöde Statistiken besagen, dass Griechenland noch nie im Fußball gegen Deutschland gewonnen hat. Und als sie Europameister wurden, war ein Deutscher der Trainer. Aber Halt! War da nicht was? Da war doch was?

Kölner Stadt-Anzeiger, 20.06.12: Gelb für Nietzsche, Tor durch Sokrates

Fantastisch, dieses quasi historische Dokument mit einzigartigen Aufstellungen. Die Deutschen, angeführt von ihrem Kapitän „Nobby“ Hegel, mit Leipniz im Tor. Überraschend mit im Aufgebot Beckenbauer. Mit Heidegger und Nietzsche im Sturm, der auch noch gelb kassierte, konnte das nicht viel werden. Und so unnötig die Diskussion mit dem Schiedsrichter Konfuzius, dem Nietzsche vorwarf, keinen freien Willen zu haben!

Die Griechen dagegen auf allen Positionen top besetzt, mit Herkalit als Kapitän und Plato im Tor konnte eigentlich nicht viel anbrennen. Heraklit hat kurz vor Schluss die zündende Idee („Heureka!“), er kombiniert mit Sokrates und Archimedes, ehe es am Ende Sokrates mit einem herrlichen Flugkopfball ist, der das 1:0 für Griechenland markiert. Ein typisch griechisches Ergebnis, würde ich sagen. Warten wir ab, was sich an diesem Freitag ergibt. Aber sieh selbst die Zusammenfassung der Klassiker-Begegnung, in Szene gesetzt von den Monty Pythons.

Frisbee-Film-Funde 67

Donnerstag, 17. Mai 2012

Neues Ultimate-Filmmaterial von höchtem sportlichem Wert und dennoch auch kontroversem Potenzial: Die Filmproduktion Pushpass hat den Trailer zur DVD von der Ultimate-EM 2011 im slovenischen Maribor veröffentlicht. Zudem sind erste Filme der neuen semi-professionellen American Ultimate Disc League im Netz verfügbar. Wie gesagt sind beide Quellen durchaus zu mepfehlen, einmal um sich am Flugscheibensport auf höchstem athletischen Niveau zu erfreuen, zum anderen um darüber nachzudenken.

Bei der EM 2011 haben die deutschen Frauen sensationell den Titel geholt, die Männer erreichten die Bronze-Medaille. Beides dürfte in der jetzt erschienen Doppel-SDVD gewürdigt werden. Vor allem die Finalspiele werden abgedeckt. Aber der Trailer macht auch so Lust auf mehr. In schwarz-weiß zu sehen sind Szenen, in denen Fänger ofenkundig die Scheibe in der Endzone nicht gefangen haben, bzw. erst nach einem Bodenkontakt unter Kontrolle bekamen. Solche Aussetzer in der regelkonformen Eigenverantwortlichkeit der Spieler – das Spiel läuft ohne externen Schiedsrichter und basiert auf angewandter Regelkunde und dem gelebten Fairplay-Gedanken – müssen thematisiert und diskutiert werden. Es ist vielleicht nachvollziehbar, dass einzelne Spieler in enormen Stresssituationen solche eklatanten, groben Regelverstöße begehen, verzeihlich ist es nicht.

Die Grundhaltung, durch die unser Sport lebt, dass wir auf dem Prinzip des wechselseitigen Respekts und der Wahrheitsliebe entsprechend unserem besten Wissen und Gewissen agieren, muss stärker propagiert werden. Diese Idee aufzugeben, um stattdessen wie in allen anderen Sportarten externe Schiesdrichter zu installieren, halte ich für den falschen Weg. Genau den beschreitet derzeit die annähernd professionelle AUDL, gfür die acht Teams samt Trainerstab neu gedraftet wurden und die nun Woche für Woche gegeneinander antreten. Bei Fouls gibt es Raumverlust, ein Schrittfehler (der bsiehr nur vom Gegenspieler angemahnt wurde und zur Wiederholung der Situation führte), ist nun wie im Basketball ein „Turnover“. Da beginnen die Spieler natürlich sofort den Schiedsrichter anzuflehen, Hex, Schiri, hast Du das Foul nicht gesehen. Sie haben den Grundgedanken des Sports aufgegeben, ohne Not, angeblich, damit die Zuschauer mehr davon haben. Das ist für mich nicht mehr derselbe Sport, auch wenn er rein athletisch auf hohem Niveau prähtig abgeht! Mach Dir selbst ein Bild!

Vielsagendes vor den Viertelfinalen

Donnerstag, 01. Juli 2010

Was ich noch sagen wollte, bevor die Viertelfinale der FIFA Fußball-WM 2010 in Südafrika losgehen, hat mir der Bioethik-Professor Peter Singer von der Princeton-Universität im Welt-Kommentar das Wort aus dem Munde genommen:

Die Welt, 30.06.10, Titel: Manuel Neuer hat gemogelt

Der selbe Artikel ist online auch erschienen unter der Überschrift: „Manuel Neuers Betrug ist kein Kavaliersdelikt“. Dabei geht es mir nicht nur um die Vorbild-Funktion Kindern und Jugendlichen gegenüber. Mir geht es eher um das Selbstverständnis sich selbst gegenüber. Natürlich wäre es unüblich zuzugeben, dass der Ball im Tor war, was der deutsche Keeper noch im Flug beim Blick hinter sich deutlich gesehen hat. Doch Peter Singer führt das Beispiel des ehemaligen Liverpool-Stürmers Robbie Fowler an, der bei einem Elfmeterpfiff zugab, nicht gefoult worden zu sein. Als der Schiri doch auf einen Elfer bestand, schoss der faire Mann ihn extra so, dass der Torwart ihn parieren konnte.

Das Problem setzt nicht erst beim Videobeweis an, obwohl der meiner Meinung nach gemäß heutiger Technik selbstverständlich zu nutzen wäre. In einem zweiten Welt-Kommentar desselben Tages vergleicht Sven Flohr das jetzige Umschwenken des FIFA-Chefs Sepp Blatter in dieser Frage mit „den letzten Tagen der DDR“. Die Arguemntation, dass Amateure ihn auch nicht einsetzen könnten und seine Einführung daher ungerecht sei, ist haarsträubend. Alle im Stadion wissen dank Leinwand, Monitoren und Zeitlupe umgehend, ob ein Pfiff berechtigt war. Zudem ist der Profifußball mittlerweile so schnell (und so viel schneller als der Amateursport), dass der Schiedsrichter ohne die technische Hilfe nicht mehr wirklich Herr der Lage sein kann.

Die Welt 30.06.10: Her mit dem Videobeweis!

Aber kann der Spieler noch Herr seiner Sinne sein? Ja, er muss es sogar! Das Verhalten beim Fußball, hier den Arm zu Hilfe zu nehmen, da Nutznießer einer falschen Entscheidung zu sein und dort zu foulen, solange es nur der Schiedsrichterstab nicht sieht, ist so falsch und so wenig vorbildlich wie es nur geht. Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich engagiere mich seit Jahren ehrenamtlich für die Verbreitung des einzigen Teamsports ohne Schiedsrichter, Ultimate Frisbee. Die Regeln zu kennen und auf Basis dieser Kenntnis auch unter Adrenalin entsprechend zu urteilen, ist eine große Herausforderung.

Ich habe die Gesichter der staunenden Referenten des (damals noch) Deutschen Sportbundes gesehen, als sie bei den World Games 2005 in Duisburg feststellten: Leistung-Teamsport ohne Schiedsrichter, das geht! Aller Erfahrung nach – dies bestätigt auch eine Arbeit der angehenden Abiturientin Sarah Franchini aus Mengen, über die ich berichtete – steigt die Wertschätzung dieses Selbstregulierens mit zunehmendem Alter. Als Leistungssportler  – zumal als Fußball-Nationalspieler mit Medientraining und festgelegtem Verhaltenskodex – solltest Du Dich aber keinesfalls auch noch rühmen, Dich so verhalten zu haben, als sei nichts gewesen. Genau das ist der Betrug.

Der Betrug im Angesicht eines Millionenpublikums ist Peter Singer zufolge „in gewiser Weise sogar schlimmer als ein privater Betrug“. Jeder weiß, dass Du falsch gehandelt hast. Der Autor schreibt von einer „Kultur der exzessiven Parteinahme“, die ethische Werte verdrängt habe. Doch ich bin mri sicher, wer die Größe zeigt und ehrlich ein Fehlurteil (auch gegen sich) zugibt, dem ist die Parteinahme der meisten Zuschauer sicher. Auch wenn bestimmt einige sagen würden: „Wie doof!“, ist es genau das Verhalten, das Respekt abverlangt. Das gibt es nicht nur im Ultimate, dass Gegenspielern zu einer gelungen Aktion applauudiert wird. Das gibt es auch im Tennis und anderswo. Im Frisbeesport nennen wir das „Spirit of the Game“, Du kannst auch einfach „Sportsgeist“ dazu sagen. Wer sich davon überzeugen möchte, kann das aktuell in Prag tun, wo an diesem Wochenende die Club-Weltmeisterschaften im Ultimate beginnen.

Umfrageergebnisse zum Fairplay im Ultimate

Sonntag, 23. Mai 2010

Die 12-Klässlerin und U20 Ultimate-Nationalspielerin Sarah Franchini aus Mengen im Allgäu hat in ihrer Stufenarbeit das Thema „Fairplay im Ultimate“ behandelt (Texthilfe berichtete). Im Rahmen des Seminars „Ethik und Sport“ ging sie dabei der Frage nach, ob die Tatsache, dass der Teamsport schiedsrichterlos gespielt wird, tatsächlich der Fairness der Mitspieler zu Gute kommt. Voraussetzung des Selbstregulierens beim Ultimate ist, dass die Mitspieler eine große Regelkenntnis und einen hohen Respekt vor dem Gegenspieler besitzen (Regeln und Bedeutung des Fairplay beim Deutschen Frisbeesportverband e.V.).

Neben den historischen und sporttheoretischen Ausführungen zur Entstehung und Praktizierung dieser Disziplin hat sie auch eine eigene Umfrage durchgeführt, an der immerhin 190 Ultimate-Spielerinnen und-spieler teilgenommen haben. Ohne auf den Inhalt der Arbeit näher einzugehen, stelle ich hier einige interessante Aspekte der Umfrage vor, deren Antworten nach Alter und Geschlecht unterschieden sind (U20, 20-30 Jahre und Ü30, w und m).

S.Franchini: Ultimate-Umfrage, Stellenwert Fairplay

Ausgehend von diesen Angaben ist deutlich, das Ultimate-Spieler durchweg einen hohen Wert auf Fairness legen, der mit zunehmendem Alter noch steigt. Interessant der statistische Ausreißer bei den Spielerinnen unter 20 Jahren, bei denen möglicherweise aufgund eines weniger starken physischen Einsatzes die Erfordernis der Fairness geringer ist (die Interpretation ist auch aufgrund der mit 13 geringen Anzahl der Befragten in dieser Altersgruppe gewagt).

Entsprechend hoch ist insgesamt auch die Befürwortung des Spielens ohne Schiedsrichter. Auffällig hierbei der Ausreißer der männlichen Jugend, der sich möglicherweise auf mangelhafte Regelkenntnis und damit eine Unsicherheit im Verhalten bei strittigen Situationen bezieht (Interpretation auch hier aufgrund von nur 12 Befragten wackelig).

S. Franchini: Umfrage Ultimate, Spielen ohne Schiedsrichter

Als Erklärung hierfür kann die ebenfalls auffällige Aussage derselben Altergsruppe zu der Frage gelten, wie schwer es ihnen fällt, ehrlich zu sein. Bemerkenswert hierbei außerdem die durchgängige höhere Selbsteinschätzung der weiblichen gegenüber den männlichen Befragten.

S.Franchini, Ultimate-Umfrage, einfache Ehrlichkeit

Fast alle Befragten hatten auch schon mit ungerechten Gegenspielern zu tun (Angaben zwischen 72% , 20-30J 2 und 97,9 %, Ü30 m), was die Relevanz der Fragestellung verdeutlicht (gäbe es keine strittigen Situtionen zu schlichten, wäre die Fragestellung nach Fairplay weitgehend unnötig). Auf die Zusatzfrage hin, wie oft diejenigen mit ungerechten Gegenspielern zu tun hatten, zeigt sich eine weitere Auffälligkeit: Bei den männlichen Jugendlichen ist diese Anzahl am höchsten, bei den weiblichen Befragten unter 20 und über 30 hingegen gleich hoch. Die größere Zahl an als ungerecht empfundenem Situationen im Juniorenbereich könnte auf geringere Regelkunde oder auf ungezügelteres (weniger selbstbewusstes) Verhalten zurückgehen. Vermutlich wachsen mit dem Alter der Spieler Regelkenntnis und Selbstkontrolle.

S. Franchini, Ultimate-Umfrage, Häufigkeit ungerechter Situationen

Ähnliche Unterschiede in der Bewertung je nach Alter erweisen sich zuletzt auch bei der Bewertung der Frage nach dem möglichen Einsatz eines Schiedsrichters im Ultimate. Jugendliche tendieren zwar mit 6,7 bzw. 6,8 von 10 Punkten dagegen, dass Schiedsrichter zur Spielsteuerung gerechter wären, liegen mit diesen Werten aber deutlich unter denen der älteren Befragten (zwischen 7,8 und 8,5). Noch deutlicher wird der Bewusstseinsprozess, der sich mit zunehmendem Alter abspielt, in folgender Grafik.

S. Franchini, Ultimate-Umfrage, Vereinfachende Schiedsrichter?

Interessanterweise glauben dies Juniorinnen am wenigsten, unmittelbar gefolgt von den älteren Herren. Nehmen wir die Juniorinnen aus der Statistik heraus (aufgrund der möglicherweise geringeren „Belastung“ des Fairplays), ergibt sich aus den übrigen Werten eine deutliche Wende zwischen den Spielerinnen und Spielern unter 30 Jahren, die einem Schiedsrichtereinsatz positiv gegenüberstehen und denen über 30 Jahren, die dies deutlich ablehnen.

Sehr ähnlich sieht auch das Resultat aus bei der Frage nach dem Einsatz von „Observern“ (Spielbeobachtern, die auf Nachfrage der Spieler eingesetzt werden können). Bei der Schlussfrage, ob der Einsatz von Schiedsrichtern beim Ultimate begrüßt würde, ist die Ablehnung jedoch bereits ab 20 Jahren aufwärts einhellig (zwischen 81 % bei 20-30 J m und 93,6 % bei Ü30 m). Jugendliche entscheiden sich ebenfalls in der Mehrzahl dagegen (69 % nein zu 23% ja bei U20 w, 50% nein zu 33,3% ja bei U20 m – der Rest enthielt sich der Stimme).

Sport gegen Mord

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Der ehemalige Schweizer Bundesrat und Bundespräsident Adolf Ogi plädiert in der NZZ für den Sport als „unabdingbaren Bestandteil eines geforderten neuen Denkens“. Als ehemaliger Sonderberater der Uno für Sport im Dienste von Entwicklung und Frieden steigt er mit dem Bild Fußball spielender Kinder im zerstörten Kabul ein: „Das ist der Sport, den ich meine: Es ist der Sport als Spiel, als Spass, als Freude. Es ist der Sport als Feld der Erziehung, der Lebenserfahrung, der Integration von Menschen unterschiedlicher Herkunft. Es ist der Sport als Feld der Gleichberechtigung, des friedlichen Wettbewerbs, des Respekts und der Disziplin. (…) Es ist der Sport als Mittel zum Frieden.“

NZZ, 17.12.2009, Titel: Der Sport als Triebkraft für eine bessere Zukunft

Bei allem Idealismus und aller herauslesbarer Euphorie ist sich Adolf Ogi jedoch sehr wohl bewusst, dass aktuelle Debatten die Freude am Sport trüben könnten. „Auch der Sport ist nicht vollkommen“, räumt er ein. Anstelle von Doping- und Wettskandalen nennt er „die Jagd nach Ruhm und Geld“, den „vergifteten Kampf nach Medaillen“ oder einen „Krieg der Fans“. All das ist nicht der Sport, den der Autor meint. Für ihn ist er Bestandteil eines neuen Denkens , das gemäß einem Zitat von Albert Einstein nötig ist, um Probleme zu lösen, die aus dem bisherigen Denken entstanden sind.

Viele Länder und Regierungen setzten ihn bereits ein, um Gemeinschaftssinn zu bilden und an gemeinsamen Zielen zu arbeiten. Der vom früheren Uno-Generalsekretär Kofi Annan entwickelte „Global Compact“-Vertrag, eine Selbstverpflichtung von Unternehmen, sich nach zehn universellen Prinzipien zu richten, stimme mit seiner Auffassung des Sportes überein. Große Betriebe müssten für die Einhaltung dieser Regeln einen „Compliance Officer“ einstellen, im Sport sorge der Schiedsrichter für die Durchsetzung der Regeln. Wie ließe sich aber eine noch bessere Zukunft anstreben?

Zumn Beispiel, indem der Schiedsrichter unnötig würde? Wenn die Selbstverpflichtung bei jedem Einzelnen griffe und das „Spiel“ (im Geschäftsleben wie im Sport) nur so überhaupt richtig laufen könnte? Was – gibt es nicht? Wie wäre es dann mit „Ultimate„, seit 2001 Medaillendisziplin bei den World Games unter der Schirmherrschaft des IOC, über dessen Ablaufmodus sich bei den World Games 2005 in Duisburg selbst gestandene Leistungssportreferenten des damaligen DSB (heute DOSB) verwundert zeigten. Die einzige eigenverantwortliche Teamsportart der Welt funktioniert übrigens auch im Schulbereich und zum Einsatz in Krisengebieten sehr gut. Das nenne ich neues Denken.