Archiv für April 2010

Neues aus der Tierwelt 2

Donnerstag, 15. April 2010

Dieses mal mit vegetarischen Waranen,  sterbenden Möwen am Rhein und sich vermehrenden Hirschen im Harz. Drei Meldungen, die allesamt aus der „Welt“ stammen. Das macht die Tageszeitung mit dem Allerweltsnamen einfach für den Durchschnittsleser so sympathisch, dass sie im Gegensatz zu den anderen großen Wirtschaftszeitungen auf ihrer Wissenschaftsseite ein „Herz für Tiere“ hat. Gleichzeitig lässt sich auch noch frei auf die Artikel verlinken, das müssen wir als Luxus auffassen!

Welt, 10.04.10, Titel: Vegetarischer Waran entdeckt

Der vegetarische Waran, dachte ich erst, dabei handelt es sich wohl um den Ve…-gan!? Aber nein, weit gefehlt, es ist nicht mal die erste Sorte einer sich pflanzlich ernährenden Riesenechse, sondern die dritte. Aber diese Komodowarane von der Philippinen-Insel Luzon könnten laut Welt-Bericht dazu beitragen, „dass die Philippinen als ein wichtiges Land für die Biodiversität anerkannt würden“ -wo doch die Entdeckung neuer, großer Tierarten immer seltener wird.

Welt, 12.04.10, Titel: Was tötet die Rhein-Möwen?

Im Gegenteil, bekanntlich bestehen rote und schwarze Listen gefährdeter resp. ausgesstorbener Tierarten, meist durch menschliches Verschulden. So sind aktuell die Rhein-Möwen zwischen Wiebaden und Mainz in Gefahr, an Unterkühlung zu sterben, wie ein Bericht verdeutlicht. Offenbar verursache ein Emulgator, dass sich im Gefieder „die schützende Fettschicht wie ein Waschmittel“ auflöse und die struppigen Tiere dann der Kälte nichts mehr entgegenzusetzen haben. Seit drei Jahren ist das Phänomen bekannt, aber die entsprechende Chemikalie kann nicht gefunden werden. Bis Klärung naht, ist es für viele der Lachmöwen zu spät.  (An dieser Stelle sei der Hinweis auf das Möwenlied von Christian Morgenstern erlaubt:

Die Möwen sehen alle aus,
als ob sie Emma hießen.
Sie tragen einen weißen Flaus
und sind mit Schrot zu schießen.

Ich schieße keine Möwen tot,
ich lass sie lieber leben.
Ich füttre sie mit Roggenbrot
und rötlichen Zibeben.

O Mensch, du wirst nie nebenbei
der Möwe Flug erreichen.
Wofern du Emma heißest sei
zufrieden ihr zu gleichen.

Welt, 12.04.10, Titel: Hirsche im Harz

Zu guter Letzt noch eine positive Nachricht aus dem Harz: Die Anzahl der dort lebenden Hirsche  nimmt zu! Leider wird dadurch auch die Abschussrate erhöht. Pro Jagdjahr sind es etwa 1.600 Tiere, die nur im Harz geschossen werden. Womit wir wieder beim Menschen wären… Allerdings tut er dies für die Natur, denn die Rothirsche als Rindenfresser, schadeten dem Artenreichtum im Harzer Wald, heißt es.  Manche werden immerhin doch noch stolze zehn Jahre alt. In diesem Zusammenhang auch noch der Verweis auf mein Gedicht: „Der Hirsch vomn heute„.

Praktische Tipps für die Datensicherheit

Dienstag, 13. April 2010

Während in der vergangenen Woche Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner sich mit Facebook anlegen wollte, folgen nun endlich die heiß ersehnten Tipps für einen bewussten, möglichst sicheren Umgang mit den eigenen Daten in Sozialen Netzwerken. In der FAZ hatte Marco Dettweiler noch darauf hingewiesen, dass es durchaus eine ministeriale Aufgabe sein könnte, uns zu zeigen, “wo man in Facebook die richtigen Häkchen setzt“ (Texthilfe berichtete). Heute gibt uns Steffen Haubner im Magazin des Kölner Stadt-Anzeigers diese Tipps.

Kölner Stadt-Anzeiger Magazin, 11.04.2010, Titel: Vorsicht vor falschen Freunden

Erster Tipp: In den Privatsphäre-Einstellungen die Profil-informationen aufrufen und gegebenenfalls die Option „nur Freunde“ wählen.

Zweiter Tipp: Unter Kontaktinformationen festlegen, wer zum Beispiel die Telefonnummer einsehen darf. Am besten nur Freunde hinzufügen und Nachrichten schicken zulassen.

Dritter Tipp: Im Eingabefenster für neue Beiträge besteht die Möglichkeit, seine Statusmeldungen ebenfalls nur gewissen Leuten zu zeigen, entweder allen, nur den eigenen Freunden oder auch den Freunden von Freunden. Darüber hinaus sind benutzerdefiniert einzelne Kontakte hinzuzufügen oder auszuschließen.

Vierter Tipp: Das Einteilen der eigenen Freunde in einzelne Unterkategorien wie „Kollegen“, „Familie“ u.s.w. ermöglicht das vereinfachte Zuordnen von Nutzergruppen. Dazu in der linken Menüleiste Freunde anklicken und auf der neuen Seite oben rechts eine Liste erstellen. Die erstellten Freundesgruppen lassen sich dann bei der benutzerdefinierten Auiswahl von Kontakten wie Einzelpersonen auswählen.

Fünfter Tipp: Wer den Zugriff auf seine persönlichen Daten reduzieren möchte, sollte so wenig Spaßanwendungen wie möglich innerhalb von Facebook nutzen, vor allem diejenigen Umfragen und Spiele, bei denen vorher eine Zustimmung auf den Zugriff abgefragt wird. Im Konto-Menü lässt sich oben rechts unter „Anwendungs-Einstellungen“ ein Überblick ansehen, wo nachträglich die Zustimmung zur Nutzung persönlicher Daten widerrufen werden kann.

Sechster Tipp: In den Privatsphäre-Einstellungen sollte das Häkchen bei Öffentlichen Suchergebnissen deaktiviert werden, sofern die im Nutzerprofil gespeicherten Informationen nicht über Suchmaschinen auffindbar sein sollen.

Zuletzt mahnt der beschlagene Autor Steffen Haubner, dass der gutgläubige Facebook-Nutzer vielleicht nicht unbedingt unbekannte Freunde akzeptieren sollte, nur weil sie mit schönen Fotos locken. Abschließend verweist er auf die Untersuchung der Stiftung Warentest, die erhebliche Mängel in der Datensicherheit von Sozialen Netzwerken offenbart (Texthilfe berichtete). Ein Vergleich, wie es um die Datensicherheit in anderen Netzwerken bestellt ist, rundet den hoch informativen Beitrag ab.

Zweifel am Prediger des liberalen Islams

Samstag, 10. April 2010

In einem sehr interessanten Beitrag im Feuilleton der heutigen Welt berichtet Hannes Stein über den Auftritt des muslimischen Intellektuellen Tariq Ramadan in New York. US-Außenministerin Hillary Clinton hatte eigens sein Einreiseverbot aufgehoben, das ihm erteilt wurde, nachdem er einer der Hamas nahestehenden palästinensischen Organisation 900 Euro gespendet hatte. Bei dem „schmalen Mann mit einem feinen Intellektuellengesicht“ muss es sich um einen begabten Rhetoriker handeln, dem viele Zuhörer begeistert huldigen. Allerdings schwankt das Urteil über ihn zwischen einem Mittler zwichen dem Islam und der westlichen Welt und einem Wolf im Schafspelz. Entsprechend auch die Überschrift des Welt-Beitrags.

Welt_10-04-10_Die-lächelnde-Bombe

Sicherlich kann man dem Mann nicht vorwerfen, dass sein Großvater Hassan al-Banna Gründer der als radikal geltenden ägyptischen Muslimbruderschaft  ist. Allerding sei die schillernde Fassade seines Auftritts in New York genau an dem Punkt  ins Wanken geraten, als ihn ein Journalist des „New Yorker“ auf die Aufarbeitung der Haltung seines Großvaters ansprach. Hassan al-Banna bejubelte demnach den Mufti von Jerusalem, den als arabischer Freund mit den Nazis der Judenhass verband. Der Großvater habe zwar den Nationalsozialismus und Faschismus abgelehnt, aber den Mufti im Kampf gegen den Zionismus unterstützt.

Diese Frage brachte den eloquenten Redner dem Artikel zufolge einigermaßen ins Stocken. Tariq Ramadan bewundere auch den sunnitischen Rechtsgelehrten Jussuf al-Qaradawi, der Selbstmordattentate gegen israelische Zivilisten ausdrücklich billigt. Hannes Stein endet unmissverständlich: „Dieser säuselnde Beschwörer der Plattitüde wird jetzt (…) als der kenntlich, der er wirklich ist.“ Vor diesem Hintergrund ist zum Beispiel auch nachfolgender Beitrag aus der Kulturzeit in 3sat aus dem vergangenen Sommer mit Bedacht zu verfolgen.

DFV-Jahrbücher 2009 versandt

Freitag, 09. April 2010

Kraftakt aus dem Alltag des Ehrenamtes im Sport: In stundenraubender Kleinarbeit habe ich als Geschäftsführer des Deutschen Frisbeesport-Verbandes e.V. (DFV) die aktuellen Jahrbücher des Vorjahres an alle Verbandsaktive und Mitgliedergruppen auf den Weg gebracht. Mehr als 100 Postsendungen mit meist einem Buch, manchmal auch mehreren (vor allem als Dank an die Verbands-Sponsoren) habe ich heute frankiert, nachdem ich zuvor Briefe geschrieben, Adressen eingegeben und die Umschläge konfektioniert hatte.

DFV-Jahrbücher 2009

Über den Inhalt des guten Stücks hab ich an anderer Stelle bereits einiges gesagt, hier geht es mir eher um die Frage, warum ich mir diese Energieleeistungen antue? Ich will das gar nicht in Vergleich zu den Tätigkeiten irgend welcher anderer Aktiven stellen. Auffällig waren nur die Reaktionen zweier Personen in meinem Umfeld: „Wie, Du kriegst nichts dafür?“

Meine eigene Einschätzung ist die, dass ich a) gar nicht erst Geld dafür beziehen möchte, weil sonst noch mehr Tätigkeiten in einer Forderungshaltung auf mich geschoben würden und b) dass ich diese Aktivität eben als mein Hobby betrachte, das gut und gerne 10 oder mehr Stunden in jeder Woche am Schreibtisch einnimmt. Ob ich mehr Dank erwarte? Schwer zu sagen. Ich erwarte immer wieder, dass das Interesse an der Sportart explosionsartig steigen wird und dass dann  auch der Verband mit weit mehr Helfern weit mehr erreichen könnte…

Beispielseiten des DFV-Jahrbuchs 2009

Für sportlich aktive Menschen steht der Sport selbst meist an erster Stelle. Das ist ganz normal. Ich habe mir die Faustregel sagen lassen, dass etwa nur ein Prozent aller in Vereinen oder Verbänden aktiver Sportler bereit ist, Ämter zu übernehmen. Beim DFV sind mittlerweile knapp 2.000 Sportler gemeldet, da wäre eine Quote von 20 aktiven Mitarbeitern also üblich. Allerdings fällt es mir ein wenig schwer, diese Menge an Mitarbeitern an vier Händen abzuzählen…

Nun lässt sich gegen diese Kalkulation sicherlich einwenden: Diese Sportler sind neben ihrem eigenen fitnessbezogenen Interesse am Sport ja auch bereits in einem Verein tätig. Das heißt die Tätigkeit im Verband wäre eine zusätzliche Aktivität, die über das lokale Engagement hinausgeht. Vielleicht ist das mit ein Grund dafür, dass sich der Verband eher mit 0,5 Prozent engagierter Aktiver zufrieden geben muss. Allerdings sehe ich einen enormen Bedarf an helfenden Händen, wenn ich die weitere Entwicklung des Sportes realistisch einschätze.

Noch mehr DFV-Jahrbücher 2009

Bis in etwa 15 Jahren (frühestens, so meine Prognose bei weiterhin konstant 10 Prozent Wachstum) wird der Verband möglicherweise die kritische Masse von 10.000 Aktiven erreicht haben, um in den DOSB aufgenommen werden zu können. Bis dahin gilt es nicht nur zahlreiche Ordnungen für den Verband zu verfassen, es müssen auch Landesverbände gegründet werden, die jeweils eine Hand voll Mitarbeiter benötigen. Daneben gibt es zahlreiche weitere Baustellen (Marketing, Medienproduktionen, Schulkooperationen, Sponsoring) und schließlich wird über kurz oder lang auch kein Weg daran vorbei führen, von Verbandsseite aus Personen anzustellen (400-Euro-Kräfte, studentische Hilfskräfte). Dies erfordert weiteres Know-How und weitere Arbeit.

Oft graut mir, wenn ich daran denke, wie semiprofessionell sich die Arbeit des DFV nach wie vor gestaltet – und ich mittendrin. Hätte ich da nicht einige Mitstreiter, die mir verlässlich zuarbeiten, mit denen ich gewisse Erfolgserlebnisse wie jetzt die Veröffentlichung des Jahrbuchs 2009 verbinde – ich weiß nicht, wie weit meine Motivation auf Dauer noch reichen würde. Der Ausblick auf das laufende Jahr auf der vorletzten Seite macht mir auf jeden Fall Lust, wieder einigen Veranstaltungen beizuwohnen und mich von der Faszination Flugscheibe wieder anstecken zu lassen!

Jedenfalls sind aktuell weiterhin Bestellungen des neuen Buchs per Mail möglich unter dem Stichwort “DFV-Jahrbuch 2009″ an  info@frisbeesportverband.de. Die Kosten belaufen sich auf die symbolische (nicht kostendeckende) Schutzgebühr von 5 Euro plus 1,45 Euro Porto.

Front und Rückeite des DFV-Jahrbuchs 2009

Der FC Köln kann doch spielen…!

Donnerstag, 08. April 2010

…jedenfalls die Frauenabteilung gekonnt mit Vorurteilen, meint Catrin Bialek im heutigen Handelsblatt in der Rubrik „Achtung, Kampagne!“. Behandelt wird darin ein Spot der Werbeagentur Scholz and Friends NRW. Während die Werber im Auftrag des Fußballclubs 1. FC Köln locker mit Vorurteilen spielen können, muss die 1. Herren-Mannschaft nach den letzten Auftritten in der Fußball-Bundesliga dieses Können mit dem Ball erst noch beweisen.

Handelsblatt, 08.04.2010,Titel:Werbespot der Frauenabteilung des 1. FC Köln spielt gekommt mit den Vorurteilen

Die Frauenabteilung des FC Köln bringt sich evtl. auch deshalb ins Spiel, weil das Rhein-Energie-Stadion in diesem Jahr zur Kulisse für das Frauenpokalfinale auserkoren wurde und sich als Heimat dieser Veranstaltung dauerhaft etablieren soll. Immerhin wurden bereits 5.300 Karten für das Finale verkauft, während die Kontrahentinnen des FCR Duisburg und des USV Jena den Austragungsort bereits unter die Lupe nahmen (vgl. den Bericht im Kölner Stadt-Anzeiger).

Doch zurück zum Thema: Damit sich jeder ein Bild der kreativen Meisterleistung machen kann, hier der Ballerina-Spot unter dem Motto „Zeig dein wahres Talent“. Dem Handelsblatt-Bericht zufolge soll er künftig im Umfeld von Fußballberichterstattung gezeigt werden.

Reaktionen auf Aigners Kritik an Facebook

Mittwoch, 07. April 2010

Der offene Brief der deutschen Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner an Mark Zuckerberg, dem Betreiber des  Sozialen Netzwerks Facebook, erntete anfangs eher Mitleid als Spott. Nun hat sich jedoch die Verbraucherzentrale daran gehängt und fordert zum Verzicht auf Facebook auf. Unstrittig sind die Datenschutzbestimmungen des globalen Tummelplatzes laut Untersuchung der Stiftung Warentest mit die schlechtesten („erhebliche Mängel“, Texthilfe berichtete). Dennoch schreibt Marco Dettweiler in der FAZ von „Aigners Eigentor„, Torsten Krauel in der Welt urteilt wie folgt:

Welt, 07.04.10, Titel: Hier irrt Ilse Aigner

Der Welt-Autor erklärt der Ministerin das Missverständnis, dass der Verkauf und die Vermarktung von Nutzerdaten willentlich und wissentlich geschehen und keine versehentliche Datenschutzlücke darstellen. Vielmehr handele es sich um die Existenzgrundlage des Konzerns, der den Gründer mittlerweile zum Milliardär gemacht hat. Ilse Aigner müsse schon eine neue Finanzierungsbasis für sein Soziales Netzwerk finden, wenn sie den Datenschutz absichern wollte.

Marco Dettweiler hingegen urteilt, dass die Ministerin ihren politischen Auftrag verfehle, indem  sie nun einen vermeintlichen Eklat inszeniere, der ihre Fürsorge beweisen soll. „Die „Facebook Site Governance“ könnte in der Tat verbraucherfreundlicher sein“, heißt es weiter, „aber der Nutzer hat alle Möglichkeiten, seine Privatsphäre privat zu lassen.“ Vielmehr sollte Ilse Aigner mit ihren Mitarbeitern den Verbrauchern erklären, „wo man in Facebook die richtigen Häkchen setzt.“ Die Datenschutzrichtlinie von Facebook halte die Maßnahmen, wenn auch versteckt bereit, die Weitergabe von Daten an Dritte zu verhindern: „Sie sind nicht leicht zu finden. Für nützliche Hinweise wäre jeder Verbraucher dankbar.“

Facebook Sicherheitseinstellungen

Keine Frage, die Ankündigung der Ministerin, auf das Netzwerk zu verzichten – auch wenn sie sicher mehrere tausend Fans dort hat – ist lächerlich. Schon in Europa würde sich der Betreiber eines erfolgreichen Unternehmens nichts von einer deutschen Ministerin sagen lassen. Und ein Millardär aus „der Heimat der Tapferen und dem Land der Freien“ schon gar nicht. Die Redaktion der Frankfurter Rundschau rät in einem humoristischen Antwortschreiben Mark Zuckerberg, was er der Ministerin antworten könnte (vgl. auch den Artikel von Felix Wadewitz mit dem berühmten Zitat, wonach Zuckerberg das Zeitalter der Privatsphäre für beendet erklärt hat).

Vielleicht ist es auch nur ein Versuch, von der eigenen fragwürdigen Politik zum Schutz personenbezogener Daten abzulenken. Darauf weist Christian Sickendieck in einem Offenen Brief an Ilse Aigner in seinem Blog FIXMBR hin. Unterdessen hat allerdings auch die deutsche Verbraucherzentrale Ilse Aigners Kritik aufgegriffen und zum Verzicht auf Facebook aufgerufen. VZBV-Vorstand Gerd Billen sagte: „Momentan können wir den Nutzern nur raten, den geplanten Änderungen zu widersprechen und sich gemeinsam mit ihren Freunden einen neuen Anbieter zu suchen.“

Allerdings – so Marco Dettweiler in der FAZ, habe Facebook mittlerweile – wenn auch nicht in der Datenschutzrichtlinie –  so doch in einem Blogeintrag klar gestellt: „Wir teilen deine Information nicht mit Werbetreibenden, außer du sagst uns, dass wir es tun sollen. Jede gegenteilige Behauptung ist falsch.“ Diese Mitteilung  ist jedoch nicht als Antwort auf Ilse Aigner zu verstehen. Vermutlich kennt Mark Zuckerberg nicht einmal den Namen der deutschen Verbraucherschutzministerin.

Ist das Deutsche noch zu retten?

Dienstag, 06. April 2010

Zwei Besprechungen des neuen Buches des Kölner Germanisten Karl-Heinz Göttert: „Deutsch. Biografie einer Sprache“ mit unterschiedlichem Tenor (Texthilfe berichtete über einen Welt-Beitrag des Autors): Zum Einen das Interview von Matthias Heine mit dem Autor in der Welt (in der Print-Version: „Man spricht Deutsch“), zum Anderen die kritische Rezension von Hans-Martin Gauger in der FAZ unter nachfolgendem Titel:

FAZ, 06.04.2010, Titel: Unsere Sprache ist nicht die reine Unschuld

Im Welt-Interview geht es um interessantes Wissen, beginnend mit der zweiten Lautverschiebung, die den Startpunkt einer deutschen Sprache markiert, über die Ausbreitung des Süddeutschen nach Norden hin, ohne dass die im 15. Jahrhundert niedergehende Macht der Hanse diesen Prozess behindert hätte, bis hin zu den starken Einflüssen von Martin Luther, der nicht nur den Wortschatz bereicherte, sondern auch die Großschreibung von Substantiven einführte, und den Brüdern Grimm mit ihrem „Deutschen Wörterbuch“. Später wird auch der Punkt aus einem Aufsatz von Karl-Heinz Göttert thematisiert, wonach er das Deutsche aktuell nicht durch das Englische bedroht sieht (s. den älterenTexthilfe-Eintrag).

Die FAZ-Besprechung hingegen zieht zunächst die Methode in Frage – ob anstatt der „rektochronologischen“ nicht eine „retrochronologische“ Herangehensweise (von heute zurück bis zum Beginn der Sprache) angemessener gewesen wäre? – und macht dem Autor zum Vorwurf, er vergleiche zu wenig mit den Entwicklungen anderer Sprachen, er schweife häufig von der Sprach- zu einer Literaturgeschichte ab und schließlich, er formuliere einerseits zu locker, andererseits für Laien dennoch nicht nachvollziehbar. Noch spannender: Hans-Martin Gauger weist dem Buchautioren zahlreiche historische Fehler nach (deren Stimmigkeit ich nicht kontrollieren kann): „Es fehlt Plasbergs „Faktencheck“.“

Demnach sei das Elsässische noch heute und nicht wie im Vorwort behauptet nur bis vor zwei Generationen vorhanden. Demnach habe König Ludwig der XI. nie ein Edikt erlassen, dass alle Franzosen zum Sprechen des „Île de France“-Französischen genötigt habe. Demnach sei die Zuordnung des Wortes „Eid“ zum Keltischen strittig. Demnach sei im 9. Jahrhundert in Frankreich kein „Vulgärlateinisch“, sondern zwischenzeitlich ein „Galloromanisch“ gesprochen worden. Demnach habe der ängstliche Descartes die Aufklärung nicht losgetreten. Demnachkönne Francis Bacon nicht als „Erzrationalist“ sondern viel eher als „Erzempirist“ bezeichnet werden.

Weiter wird akribisch aufgeführt: Der Sprachkritiker Fritz Mauthner habe mit seinen „Beiträgen zu einer Kritik der Sprache“ 1901/1902 Nietzsche nicht beeinflusst, da dieser bereits 1900 gestorben sei. Die Dresdner Bombennacht habe nicht im März, sondern am 13. und 14. Februar 1945 stattgefunden. Victor Klemperer habe klar unterschieden zwischen der deutschen Sprache und der „Sprache des Dritten Reichs“ („Lingua Tertii Imperii“). In Bezug auf die Rechtschreibdebatte stellt der FAZ-Autor klar, die „Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung“ gehöre dem „Deutschen Sprachrat“ nicht an.

Die Kritikpunkte gipfeln in der Ausführung, dass es für Göttert keine Verführung durch Sprache gebe: „Es ist nie die Sprache. Die ist immer die reine Unschuld.“ In diesem Zusammenhang bezweifelt Gauger auch dessen Haltung zur Gefahr, die dem Deutschen vom Englischen drohe: „Übrigens ist dies keine wissenschaftlich zu entscheidende Frage, denn da gibt es nur schwach zu begründende Vermutungen.“ In seiner Conclusio versteigt sich Hans-Martin Gauger: Weil Götterts Verneinung der Gefahr ein unsicherer Analogieschluss unter Verweis auf die Vormacht des Französischen im 17. Jahrhundert sei, dürfe er sich auch nicht gegen Andersdenkende wenden. Denn damals hätte nur „eine massive, organisierte und zum Teil hochnationalistische Gegenwehr“ die Überflutung vermieden.

Göttert sagt in der Welt, das Deutsche wurde damals gerettet, „weil das Bürgertum sich durchgesetzt hat“, da „war die Sache des Französischen hierzulande verloren“. Ich betrachte diesen Punkt ähnlich pragmatisch: Die Sprache ist lebendig. Letztlich haben wir als Gemeinschaft ebenso wie die Regierung und das Fernsehprogramm auch die Sprache, die wir verdienen. Gespannt bin ich allerdings auf die Antworten Karl-Heinz Götterts auf die zahlreichen weiteren Vorwürfe.

Frei sein heißt sich selbst zu zwingen

Montag, 05. April 2010

Vorwne weg: Die Überschrift bezieht sich nicht auf den Texthilfe-Eintrag vom 30. März zu Überwachung Neuer Medien, sondern auf einen Artikel im Journal des Deutschen Journalisten-Verbandes in Nordrhein-Westfalen. Werner Hinse (selbst freischaffender Journalist) bespricht die Untersuchung des Dortmunder Studenten Simon Lenartz am dortigen Institut für Jounalistik zur Frage, inwieweit sich bei Freien private freie Zeit mit beruflich bestimmter Zeit vermischen.

Journal DFV-NRW 02-10, Titel: Gute Organisation ist alles

In 14 ausführlichen Interviews wägte er gemeinsam mit seinen Probanden die Vor- und Nachteile des Freien-Status ab. „Die freie Auswahl von Themen und Medien, das Gefühl der eigenen Unabhängigkeit, das Arbeiten ohne unliebsame Kollegen oder Chefs sowie, und sicherlich an erster Stelle, die Möglichkeit der freien Zeiteinteilung“ überwögen die negativen Aspekte. Der Interviewer stellte dabei fest, dass die meisten Freien ihre Zeiteinteilung sehr gut im Griff hätten.

Journal DJV NRW 02-10, Zwischenüberschrift: Gute Organisation ist alles

Demnach versuchten Freie fehlende feste Arbeitszeiten durch „vergleichbare Grenzen zu ersetzen“. Selbst seit mehr als zehn Jahre selbstständig und frei beschäftigt, kann ich nicht behaupten,  dass dadurch feste Arbeitszeiten „weggebrochen“ seien. Ich habe mir doch vielmehr diesen Status und die Möglichkeit der freien Zeiteinteilung bewusst gewählt! Zustimmen kann ich allerdings der Beobachtung, dass bis zu einem Abgabetermin der genaue Zeitaufwand nicht in jedem Fall genannt werden kann, bzw. nicht in jedem Fall vollständig in Anschlag gebracht werden kann.

Die „Freiheit“ bringt nach meiner Auffassung mit sich, dass auch während der nicht als Arbeitsstunden notierten Zeiten eine Beschäftigung mit einer Materie stattfindet. Dies ist bei festangestellten Mitarbeitern sicherlich ebenso der Fall, möglicherweise aber in geringerem Maße. Die Frage ist, inwieweit der Freie die anhaltende unterschwellige Beschäftigung mit einem Thema oder einem Auftrag ausblenden könnte oder sollte. Was tatsächlich Stres verursacht, so Simon Lenartz weiter, seien die Arbeiten der Selbstorganisation wie „Marketing, Akquise, Kommunikation, Buchhaltung.“

Journal DJV-NRW 02-10, Zwischenüberschrift: Gute Organisation ist alles

Hier werde am häufigsten nebenher gearbeitet, bei diesen Punkten vermische sich Erwerbsarbeit und Privatleben am stärksten. Sehr schön in diesem Zusammenhang der zitierte Satz aus der Zusammenfassung: „Die vermeintliche Autonomie wird dann zu einer (durch Marktzwänge) fremdbestimmten Selbtbestimmtheit.“ In diesem Sinne möchte ich auch meinen Titel verstanden wissen: Frei sein heißt, mich nicht zum Arbeiten zu zwingen, sondern zu einer sinnvollen, realistischen und familienverträglichen Zeiteinteilung. 

Warum ich dann am Ostermontag zu so etwas blogge? Weil es mir Spaß macht! Das kommt bei der Wahl und dem Ausüben des Berufs erschwerend hinzu.

Der „Flat Apple“ im Big Apple

Sonntag, 04. April 2010

Der brilliant inszenierte Verkaufsstart des iPads in New York war Anlass für die Welt am Sonntag eine große Geschichte daraus zu stricken. Immerhin konnte die Welt-Gruppe als einziger deutscher Zeitungsverlag rechtzeitig das App für seine Artikel entwickeln, den „iKiosk“. Daneben haben dies bisher nur das „Wall Street Journal“ und die „New York Times“ geschafft. Allerdings interessiert mich weniger der genaue Ablauf des Marketing-Lehrstück als vielmehr der (vorläufige) Produkttest des „ersten Deutschen mit einem iPad“, von Kritsanarat Khunkham (in der Welt am Sonntag unter folgender Überschrift).

WamS, 04.04.10: Meine ersten Stunden mit dem iPad

Vorteile des als Heilsbringer der Zeitunsgverlage gepriesenen Geräts: seine extrem geringe Dicke von nur 1,3 Zentimetern, die edle Optik und Haptik (hinten gebürstetes Aluminum, vorne Glas), ein gestochen scharfer, farbiger Touchsreen mit intuitiv einfacher Bedienung. Seine Nachteile: gegenüber dem e-Book-Reader „Kindle“ von Amazon“ ist das iPad mit 730 Gramm mehr als doppelt so schwer (der Kindle wiegt 290 Gramm), die iBooks-Anwendung muss erst noch installiert werden, gleichzeitig stehen dem iPad nur 60.000 Titel  zur Verfügung (gegenüber 400.000 beim Kindle). Auch wird die Akku-Laufzeit von zwei Wochen beim Kindle kaum erreicht werden können. Schon 12 Stunden, wie von einem Kollegen der New York Times behauptet, wertet Kristaranat Khunkham als Sensation.

Über den vergleichsweise neutralen Bewertungen des Geräts ist nicht zu vergessen, dass die Zeitungsverlagshäuser ein vitales Interesse daran haben, dass das ca. 370 Euro teure Gerät ein Erfolg wird. Zum Erstellen von Content sei es wenig geeignet, urteilt der WamS-Autor, hingegen sehr zum Konsumieren von Content, etwa auf der Fläche eines A4-Blattes. Sein Resümee lautet, dass er es mag – was für Fans von Steve Jobs‘ Produkten vorzugsweise gelten wird. Interessanterweise erscheint das im Titel der Printausgabe gewählte Zitat („einfach verflucht gut“) nirgendwo im Text. Allerdings glaube ich, dass seine Einschätzung einer „echten Evoltuion. Technik, die jeder versteht“. den Nagel auf den Kopf trifft.

Letztlich handelt es sich bei Touchscreens, auf denen mit Daumen und Zeigefinger Dateien aufgezogen werden können, um die nächste Stufe der physischen Abhängigkeit von nützlicher Technik. Als bsiher Nicht-Applenutzer bleibe ich dabei, dass ich Bücher (und auch Zeitungen) nach wie vor athmosphärisch lieber von Papier lese. Wie veraltet wird diese Einschätzung wohl in hundert Jahren klingen?

Aprilscherze am Gründonnerstag

Samstag, 03. April 2010

Das Osterfest wird mit dem Gründonnerstag eingeläutet, dessen Namen vom mittelhochdeutschen Wort für „greinen“ also „wehklagen“ stammt. Dass der 1. April in diesem Jahr auf diesen traurigen Tag fiel, tat den Scherzen jedoch keinen Abbruch. Interessant dabei, dass der erste aus einer Zeitung bekannte Aprilscherz aus dem Jahr 1774 ebenfalls mit Ostern zu tun hatte: Nicht nur Ostereier, sondern auch Hühner seien in allen möglichen Farben denkbar. Zur Züchtung müsse man nur die Umgebung der Hühner in der jeweils gewünschten Farbe anzustreichen. Das entlockt uns heute allenfalls ein müdes Lächeln.

Die Seite brauchtum.de führt noch weitere medial inszenierte Aprilscherze auf, so die Ankündigung der Stuttgarter Zeitung 2003, dass die Aldi-Kette plane in Zukunft in ihren Filialen Benzin zu verkaufen. In diesem Jahr gab es Meldungen über Billigflüge ins Weltall und neue Handynummern für alle EU-Bürger. Laut dpa-Meldung, zum beispiel bei der Gießener Allgemeinen seien Schlagzeilen über ein angeblich geplantes Porto von einem Cent für Emails am glaubwürdigsten gewesen. Der Aprilscherz war von 57 deutschen Rundfunksendern organisiert worden – bis in die Mittagstunden wurde auf allen Kanälen darüber diskutiert, welche Folgen die Gebühr haben wird.  Allerdings hat sich auch Galileo, das Wissensmagazin einen Aprilscherz erlaubt:

 

Noch etwas zur Herkunft des Montasnamens: Lateinisch „Aprilis“ soll nach Ovid von „aperire“ = öffnen kommen, weil der Frühling alles öffne. Das erste „in den April schicken“ ist in Bayern 1618 und im restlichen Deutschland 1631 belegt. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts findet sich in Deutschland erstmals das Wort „Aprilnarr“, im 18. Jahrhundert formuliert Abraham a Santa Clara in „Etwas für alle“ (1733): „Heut` ist der erste April, da schickt man den Narren wohin man will.“