Archiv für die Kategorie ‘Journalismus’

Hurra, Rechtfertigung in Reichweite!

Freitag, 12. November 2010

Der 11. November oder „der Elfte im Elften“ wie rheinisch-jecke Frohnaturen sagen, hat ja durchaus verschiedene Bedeutungen: Die fünfte Jahreszeit wird eingeläutet, der Martinstag wird gefeiert zu Ehren des Heiligen Martins, der seinen halben Mantel einem frierenden Bettler gab, daneben zählt der Tag als Abschluss der Ernte, wo bei der Ernte auch fahrenden Scholasten schon mal von der frisch geschlachteten Gans oder vom angezapften Wein etwas abgegeben wird. Nun aber wiederfuhr mir an diesem Tag folgende Meldung aus der Welt:

Die Welt, 11.11.10, Titel: Frei zum Abdruck

Da war ich mir noch nicht ganz sicher, was jetzt kommt. Denn meistens, wenn eine PR-Agentur einen Text oder in Foto frei zum Adruck versendet, dann will sie ja, dass ich ihre Botschaft aufgreife, mich instrumentalisieren lasse und womöglich unfreiwillig Werbung für ewtas mache, hinter dem ich gar nicht stehe. Doch nicht hier: „Das brandenburgische Oberlandesgericht springt der Kunstfreiheit bei: Schriftsteller dürfen Zeitungsartikel auch ohne Genehmigung in eigenen Werken abdrucken“, heißt es da.

Die Welt, 11.11.10, Titel: Literaten dürfen Artikel verwenden

In diesem Fall hatte die „Märkische Oderzeitung“ gegen einen früheren Gerichtsdirektor aus Eisenhüttenstadt geklagt, der sich in seinem Buch „Blühende Landschaften“ kritisch mit der Rolle der Presse nach der Wiedervereinigung auseinandergesetzt und dazu auch Zeitungsartikel verwendet hatte. Eine Druckerlaubnis sei nicht notwendig, hieß es weiter und zur Begründung: „Die künstlerische Freiheit dürfe nicht dadurch eingeschränkt werden, dass die Wahl der Gestaltungsmittel von einer Einwilligung der Rechteinhaber abhängig gemacht werde.“ Hiermit erledigt. Bin ich deswegen nun Literat?

Mein Buch bei Amazon

Sonntag, 07. November 2010

Ein sonntäglicher Hinweis in eigener Sache. Nachdem ich im vergangenen Jahr zusammen mit meiner Mutter ihre Biografie geschrieben und in einer ersten Fassung zum Gegenlesen veröffentlicht hatte, ist nun – nach ausgiebiger Korrespondenz mit zahlreichen Verlagen – die korrigierte und um ein Nachwort ergänzte Fassung beim Verlag Pro BUSINESS in Berlin erschienen. Das Nachwort bezieht sich vor allem auf einen gemeinsamen Ausflug nach Ostfriesland, über den ich ebenfalls hier berichtet habe. Mit enthalten im Verlagsservice ist die Listung bei Amazon, wonach nunmehr – pünktlich zum Weihnachtsgeschäft – mein erstes Buch offiziell mit ISBN-Nummer veröffentlicht ist!

Screenshot von amazon.de zu meinem Buch "Von Ostfriesland an den Bodensee"

Um aus dem Nähkästchen zu plaudern, was es für mich schon ein tolles Gefühl, nach Eingabe der Suchwörter „Ostfriesland“ und „Bodensee“ mein Buch als obersten Treffer (von insgesamt neun) vorzufinden! Das Buch wird zwar vermutlich kein Bestseller werden, dennoch ist es für mich – neben meinem Beruf als freiberuflicher Redakteur ein erster Schritt hin zu weiteren Veröffentlichungen. Darum habe ich nun auch eine eigene Unterseite zur Buchveröffentlichung eingerichtet (auf der Texthilfe-Startseite direkt rechts unterhalb des Suchfeldes), auf der ich das Buch mit Inhaltsverzeichnis, Leseproben und Fototafeln bewerbe sowie bereits weitere Taten ankündige…

Jörg Benner: Von Ostfriesland an den Bodensee, Berlin 2010, Hardcover, 212 Seiten

Leider gelingt es mir derzeit bei weitem noch nicht, alle Ideen für Geschichten und Erzählungen umzusetzen, aber ich gebe mir dafür auch noch etwas Zeit. Das Tagesgeschäft hat nunmal Vorrang und zudem werde ich mit zunehmendem Alter hoffentlich noch mehr innere Ruhe und Fokussiertheit erlangen. In dieser Annahme untertstützt mich die Meldung aus der heutigen Welt am Sonntag von Doris Marszk, wonach der demografische Wandel entscheidende Vorteile bieten kann.

Welt am Sonntag, 07.11.2010, Titel: Entspannt im Alter

Laut Forschern aus der Fachzeitschrift „Psychology and Aging“ werden Menschen mit zunehmendem Alter entspannter und zufriedener. Dadurch würde auch die getreffende Gesellschaft freundlicher und weniger kampfeslustig. Das Zitat von Laura Carstensen von der Stanford Universität lautet: „Wenn Menschen älter werden, sond sie gefühlsmäßig eher im Gleichgewicht und besser in der Lage, auch hochemotionale Proleme zu lösen“. Na also! Glück hat demnach mit dem Bewusstsein der Endlichkeit des Lebens zu tun. Bis dahin würde ich mich über den Erwerb des einen oder anderen Exemplars meines Erstlings sehr freuen!

Autosuggestive Krisenbewältigung

Dienstag, 26. Oktober 2010

Da wäre der 28. Mediengipfel des Medienboard Berlin-Brandenburg doch fast an mir vorbei gegangen, hätte ich nicht am Wochenende in der Süddeutschen Zeitung einen schönen Artikel von Fabian Heckenberger entdeckt, der schon einigermaßen vielversprechend begann.

Süddeutsche Zeitung, 23.10.10, Titel: Es geht uns gut

Bertelsmann-Chef Hartmut Ostrowski hat zum diesjährigen 175-jährigen Jubiläum des Unternehmens aus Gütersloh einen Gewinnsprung verkündet (siehe Bilderserie bei sueddeutsche.de ) und sprach darum nun auch in Berlin vom guten Abschneiden der Medienkonzerne und von ihrer vorbildlichen Bewältigung der Krise. Bertelsmann hat als größter Medienkonzern Europas zwar immer noch rund 100.000 Mitarbeiter, musste im Vorjahr jedoch erstmals Verluste schreiben und vor allem durch Stellenstreichungen eine Milliarde Euro einsparen. Gut, das schafft natürlich auch nicht jeder.

„Die Zukunft der Medien zwischen Tradition und Wandel“ hieß das Motto der Veranstaltung. Und obwohl die Zahl der Fernseh-zuschauer rückläufig ist und in Zukunft vermutlich weiter gegenüber dem Internet verlieren wird, hielt Ostrowski an der Traditon fest, dass ältere Menschen wiederum mehr fernsähen. „Die Zwischenfrage, ob der Ausgang dieses Feldversuchs überhaupt schon absehbar sei, überging der Bertelsmann-Chef.“, schreibt Fabian Heckenberger.

Eher dem Wandel verpflichtet zeigte sich dagegen der Medienboard-Geschäftsführer Elmar Giglinger, der die Zukunft des Medienwandels durch neue Endgeräte beschleunigt sieht. Demgegenüber lautet das Credo von Hartmut Ostrowski, dass Inhalte in der medialen Zukunft von zentraler Bedeutung blieben. Trotz der schrittweisen Sanierung des durchaus gebeutelten Medienkonzerns fehlt Bertelsmann immer noch die gewinnbringende Strategie  für die Zukunft. neben der Bildung soll auch das Digitalgeschäft zunehmen. Aber punkten konnte der Konzern hier noch nicht. So viel zum Thema Inhalte…

Nachtrag 28.10.: Im heutigen Handelsblatt hat Peter Siebenhaar auf der Meinungsseite eine Beurteilung der RTL Group abgegeben, unter dem Titel „Computerspiele statt Fernsehshows“. Demnach wappnet sich die RTL-Tochter Fremantle Media, einer der größten TV-Produktionskonzerne der Welt mit 10.000 Programmstunden jährlich, mit Firmenankäufen für die digitale Zukunft. Mit der kanadischen Firma Ludia, die Videospiele für Computer und Mobiltelefone herstellt, sowie dem US-Marketingunternehmen Radical Media werden „neue Geschäftsmodelle und neue Kundekreise außerhalb des herkömmlichen TV-Bereichs möglich, heißt es weiter.

Der Hang zum Bestätigungsfehler

Montag, 18. Oktober 2010

Ahh, ja, da habe ich wieder Rolf Dobellis löbliche Rubrik „Klarer denken“ in der FAZ entdeckt: dieses mal behandelt er den „Bestätigungsfehler“ („Confirmation Bias“) als „Vater aller Denkfehler“, wobei jeder bestätigende Fakt wohlwollend zur Kenntnis genommen, aber jeder Widerspruch ignoriert wird.

FAZ, 18.10.10: Warum Sie gut aufpassen sollten, wann immer das Wort Spezialfall fällt

Dieser Bestätigungsfehler würde besonders heftig in der Wirtschaft wüten, führt er aus, indem alle Anzeichen zur Bestätigung einer eingeschlagenen Strategie gefeiert, „gegenteilige Indizien“ jedoch „entweder gar nicht gesehen oder kurzerhand als „Spezialfälle“ oder „unvorhersehbare Schwierigkeiten“ abgetan“ würden. Eine das Gegenteil bestätigende Erkenntnis („Disconfirming Evidence“) fehle meist völlig. Als gesundes Beispiel eines Wissenschaftlers, der besonders genau hinsah, wenn eine Beobachtung seiner Erwartung widersprach, führt Rolf Dobelli Charles Darwin an.

Daran schließt sich der Tipp an, diese das Gegenteil nahelegenden Einsichten am besten direkt aufzuschreiben, da sie das Gehirn ansonsten nach spätestens einer halben Stunde aktiv ausblende. Die Darstellung eines Experimentes verdeutlicht zuletzt die Schweirigkeit, die es bereitet, von offensichtlich erscheinenden Denkmustern abzuweichen. Ein Professor lässt seine Studenten nach der Fortsetzung einer Zahlenreihe, respektive nach der ihr zugrunde liegenden Regel suchen. Die Reihe lautet „2, 4, 6“. Die meisten Studenten nennen die „8“ und dann die „10“ und treffen damit zwar die Regel, erkennen sie aber nicht.

Denn der Professor bejaht auch die Vorschläge „7“ und „9“ als passend. Um es abzukürzen: Die gesuchte Regel lautete, dass die folgende Zahl höher als die vorherige sein müsste. Aber darauf kommt „man“ ja nicht so schnell. Eine schönes Beispiel für ein ganz schön tückisches Fehlverhalten. Auf Youtube habe ich ein Video gefunden, das weitere typische Denkfehler in einem Lied zum Auswendiglernen thematisiert:

Mickymaus-Stimmchen und Arzt-Verweigerer

Samstag, 16. Oktober 2010

„Psychologie heute“ ist mindestens eine ebenso schöne Rubrik wie „Neues aus der Tierwelt“: Nicht auszudenken, was Frauen und Männer miteinander zu besprechen hätten, wenn es nicht immer wieder neue Forschungsergebnisse gäbe! Wie zum Beispiel diese: Frauen bemerken, auf welche weiblichen Stimmen ihr Mann anspricht, und Männer begründen ihre Abneigung gegen Vorsorgeuntersuchungen durch „Social Proof„.

Die Welt, 16.10.10, Titel: Eine Frau erkennt die Nebenbuhlerin an der Stimme

Daniela Bengsch berichtet in der Welt von einer Untersuchung von Anthropologen an der Pennsylvania State University, wonach Männer und Frauen Stimmen von Frauen danach bewerten sollten, welche Stimmen auf Männer attraktiv wirkten. Interessanterweise waren dei Ergebnisse weitgehend übereinstimmend, d.h. die Frauen wussten intuitiv, dass ihr „Männe“ auf hohe Stimmen abfährt. Mit der Erklärung für dieses Phänomen ist die Wissenschaft allerdings noch vorsichtig, vermutlich habe es mit der Evolution zu tun, hieß es. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen übrigens auch Forscher der Uni Aberdeen in Schottland. Dort wurde argumentiert, dass  höhere weibliche Stimmen für Gesundheit und Fruchtbarkeit ständen; besonders nach dem Eisprung würde die weibliche Stimme “nach oben” wandern. Bei Martina Hill von „Switch Reloaded“ ist diese Stimmveränderung allerdings eher beruflicher Natur.

Eine weitere tolle Geschichte von Fanny Jiménez aus derselben Zeitung mit einer schon beinahe episch anmutenden Überschrift hat mich ebenso zum Nachdenken gebracht: Ja, warum eigentlich? (Der Grund, warum mich der Beitrag zum Nachdenken gebracht hat, war einerseits die Überschrift, andererseits aber die Überlegung, wie eine kürzere Überschrift hätte lauten können. Vielleicht: „Wenn Du nicht, ich auch nicht“ oder  einfach „Andere machen es auch nicht“. Vergleiche zu epischen Überschriften auch noch einmal den zitierten Welt-Beitrag an anderer Stelle.)

Die Welt, 16.10.10, Titel: Warum soll ein Mann zum Arzt gehen, wenn es andere auch nicht tun?

Nachdenken über solche Sachverhalte gibt aber eben auch immer gute Smalltalk-Themen, wenn mir sonst beim Flirten an der Bar nichts mehr einfällt: „Wusstest Du schon, dass Männer, die nicht zur Vorsorge-Untersuchung gehen, glauben, es gingen viel weniger Männer dorthin als es in Wirklichkeit sind?“ Und wenn sich daraus eine interessante Konversation entspinnt, gleich nachlegen: „Übrigens denken diejenigen Männer, die zur Vorsorge-Untersuchung gehen, dass es weit mehr sind, die ihnen das gleich tun.“ Das Prickeln in dieser Dialogsituation ist spürbar.

Allerdings empfehlen die Forscher Uni Heidelberg, dass staatliche Kampagnen zum Gesundheitsverhalten berücksichtigen sollten, wie Männer in diesem Fall ticken. Wird behauptet, dass zwei Drittel aller Geschlechtsgenossen an einer Krebsfrüherkennungsuntersuchung teilnehmen, dann steigt die Bereitschaft ebenfalls daran teilzunehmen stark an.  Als hoffnungslosem Realisten fehlt mir in diesem Zusammenhang nun nur die doch entscheidende Information, wie viele es tatsächlich sind. Aber entscheidend ist eben nicht, wie viele es wirklich sind, sondern, wieviele es der Behauptung nach sind. Hauptsache, die Gesprächpartnerin an der Bar hat eine hohe Stimme. Alleine ihr zuliebe würde ich bestimmt gehen! Wohin bliebe noch abzuwarten…

Gefühlte und tatsächliche Sicherheit

Freitag, 15. Oktober 2010

Wusste ichs doch, dass da noch mehr zu erwarten wäre. Inhalte von Brisanz von den diesjährigen Münchner Medientagen – sind allerdings Fehlanzeige! Bundesjustizminsiterin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger hielt an den Leistungsschutzrechten für Verlagserzeugnisse im Internet fest, verwies aber beim Online-Gipfel „Freiheit im Netz: Bürgerrecht oder Alptraum“ gleichzeitig auf die beschränkte Zuständigkeit, wenn ein Server mit Daten im Ausland steht.

Die Welt, 15.10.10, Titel: Justizministerin setzt sich für Verlage ein

In der Welt berichtet Ileana Grabitz davon, dass der von BDZV und VDZ vorgelegte Vorschlag einer Zwangsabgabe zum Leistungsschutzrecht bei der Industrie überhaupt nicht gut ankommt. Die Argumentation Philipp Schindlers, Googles Managing Director für Nord- und Zentraleuropa, dass die Verlage vor Jahren von sich aus entschieden hätten, ihre Inhalte kostenfrei ins Netz zu stellen und sie insofern nun auch keine Gebühren für ihre Verwendung verlangen könnten, ist verständlich, aber nicht schlüssig. Ein Geschäftsmodell setzt voraus, dass man auch im Internet mit journalistischen Inhalten Geschäfte machen kann. Und das wäre durchaus möglich, wenn eine entsprechende Kehrtwende der Verlage nur vollzogen würde.

Die Welt 15.10.10, Untertitel: Mehr Schutz für Online-Inhalte

Datenschutz betrifft nicht nur journalistische Erzeugnisse, sondern natürlich auch die private Datensphäre im Netz. Laut Bericht in der Zeit online soll bis zum 7. Dezember ein Kodex zum Datenschutz erarbeitet werden, der zur Selbstverpflichtung dienen soll. In der Welt wird Verbraucherminsiterin Ilse Aigner zitiert: „Den verbauchern das Gefühl zu vermitteln, dass sie die Weitergbe ihrer persönlichen Daten kontrollieren können, ist unerlässlich.“ Anmerkung: Es geht nicht nur um das vermittelte Gefühl, sondern um die praktikable Durchführung.

Der Streit tritt auf der Stelle

Donnerstag, 14. Oktober 2010

„Wert(e) der Medien in der digitalen Welt“ lautet das Motto der diesjährigen Münchner Medientage, die morgen zu Ende gehen. Zum Auftakt behakten sich die üblichen Verdächtigen in schon liebegewonnener Gewohnheit – oder für Außenstehende in ermüdender Langeweile.

FAZ, 14.10.10, Titel: Wer bedroht hier wen?

Henning Peitsmeier schreibt in der FAZ: „Wenn Altbekanntes bewährt sein soll, dann hat deer „Mediengipfel“ sein Ziel erreicht.“ Der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust verteidigte die Erhöhung der Rundfunkgebühren ab 2013 (ARD und ZDF hätten keine Mehreinnahmen davon, meinte er). Der Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien Jürgen Doetz bezweifelte den Informationsauftrag der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender insgesamt. Axel Springer-Chef Mathias Döpfner rief zu mehr Vielfalt hinsichtlich der Endgeräte auf (vermutlich hat er die Mahnung des BDZV, sich vom iPad keine Wunder zu erwarten, ernst genommen). Daneben kritisierte er die kostenfreien ZDF-Apps, die seinen erfolgreichen Bezahlmodellen unlautere Konkurrenz machten. ZDF-Intendant Markus Schächter wiederum machte Stimmung gegen Google und Apple, da die Riesenkonzerne sich alle Inhalte kostenlos einverleibten.

Henning Peitsmeier resümmiert, dass bild.de vermutlich nicht mehr lange zwanzig mal größer als tagesschau.de bleibt, wenn das ZDF-App kostenlos ist, während das Bild-App 79 Cent kostet. In der Tat kommen die Privaten nicht weiter in ihrem Bemühen, ein Bezahlmodell im Internet einzubürgern, wenn es weitere Unterstützer der Abgreifmentalität gibt. Ich bedeine mich auch gerne überall dort, wo mich etwas interessiert. Doch es muss in die Köpfe hinein, dass sobald eine Information exklusiv ist, sobald eine Geschichte mit Hintergrundwissen angereichert wurde und sobald weitere Arbeitsleistung von Journalisten mit ins Spiel kommt, die Inhalte auch ihr Geld wert sein sollten. Insofern ist die nachdrückliche Forderung von Mathias Döpfner in seiner Keynote nach Leistungsschutzrecht bei journalistischen Inhalten im Netz und nach dem Ende der Gratiskultur durchaus berechtigt. Ich will mal gespannt sein, ob von dem Gipfel, den dieses Jahr erstmals sogar Landesvater Horst Seehofer besucht hat, noch stärkere Impulse mit Lösungsansätzen ausgehen.

FAZ, 14.10.10, Titel: Mitregieren im Web

Nebenbei und übrigens auch örtlich direkt neben dem oben zitierten Artikel berichtet die FAZ auch über eine Umfrage von infratest dimap im Auftrag von „Internet & Gesellschaft Co://aboratory„. Demnach möchten mehr als zwei Drittel der 1.00 befragten Wahlberechtigten (genau 71%) häufiger in politische Entscheidungen eingebunden werden und setzen dabei verstärkt auf das Internet. 69% sind dazu bereit, sich konkret an einem lokalen eParticipation-Angebot  kommunale Belange betreffend zu beteiligen. Über die Medien die Bezahlinhalte in den Medien mitzubestimmen, das wäre allerdings auch mal eine schöne Alternative!

Zuletzt noch eine Zusammenfassung von Messe-Live TV:

Ein Komiker in ernster Mission

Dienstag, 12. Oktober 2010

Der bayerische Komiker Michael Mittermeier ist vielen bekannt als Stand Up-Comedian mit Bühnenprogrammen wie „Zapped“ oder „Achtung, Baby!“ Am kommenden Mittwoch, 13. Oktober, um 20:00 Uhr feiert nun ein Film Premiere im Kölner Filmhaus Maybachstraße 111, der absolut nicht witzig ist: „This prison where I live“ ist nach eigenen Angaben ein Dokumentar-Spielfilm und die Geschichte von Michael Mittermeiers Versuch, die Persönlichkeit, die Motivation und das Talent eines Mannes zu erkunden, der sich selbst als „Lautsprecher seiner Leute“ beschreibt. Es geht um den Burmesischen Komiker „Zarganar“, der ohne Gerichtsverhandlung zu 35 Jahren Haft verurteilt wurde, weil er Witze über das herrschende Militärregime gemacht hat.

Filmplakat zum Dokumentarfilm "This prison where I live"

Im Kölner Stadt-Anzeiger äußert der Komiker im Gespräch mit Horst Piegeler, dass er bereits seit Jahren Aktivist in Burma ist und sich spontan für das Projekt einsetzte, als er über „Cinema for peace“ hörte, dass es keinen Produzenten dafür gebe. Regisseur des Films einer Annäherung an einen Seelenverwandten ist Rex Bloomstein. Die Austrahlung des Kinofilms erfolgt aktuell im Vorfeld der Wahlen in Burma am 7. November. Mittermeiers Angaben zufolge hatte Zarganar bereits Ende der 1980er Jahre lustige Filme gedreht und große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erfahren.

Michael Mittermeier vergleicht die Anstrengungen des inhaftierten Komikers in Burma mit denen des aktuell mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten chinesischen Schriftstellers Liu Xiaobo: „Es gibt Parallelen zwischen den beiden: Liu Xiaobo hat den Satz gesagt und Zarganar sagt ihn auch im Film: Man sollte seine politischen Gegner nicht hassen. Das ist diese fsat buddhistische Sicht.“ Eine sehr löbliche und unterstützenswerte Unternehmung!

Das Nachrichten-Yin und Yang

Freitag, 08. Oktober 2010

Digitale und analoge Medien ergänzen sich nach wie vor (als Yin und Yang der Nachrichtenwelt) , auch wenn die Geschäftsmodelle vieler Unternehmer für beide Bereiche sich aufs Neue behaupten müssen. Diese Kurzformel ziehe ich aus zwei Veröffentlichungen in der FAZ in dieser Woche. Zuerst war da die Buchbesprechung von Uwe Ebbinghaus zum Sammelband „Wozu noch Journalismus?“ – Wie das Internet einen Beruf verändert. Dem schloss sich ein kurzer Beitrag über die weltweit vergleichsweise geringe Nachfrage nach Nachrichten-Apps an.

FAZ, 02.10.10, Titel: Wichtiger denn je: Zeitung lesen!

Die Überschrift der Renzension liest sich natürlich ein wenig wie eine Selbstrechtfertigung. Doch in der Tat ist das Zeitunglesen – zumal im Feuilleton – gelegentlich ein ganz besonderer Genuss. So auch in diesem Fall, wobei sich die Besprechung hauptsächlich mit den einführenden Essays der Herausgeber Stephan Weichert und Leif Kramp (beide Medienwissenschaftler) sowie Hans-Jürgen Jacobs, Chefredakteur von „sueddeutsche.de“ auseinandersetzt. Uwe Ebbinghaus bescheinigt ihnen „unbelegbare Behauptungen“ (wie die Forderung nach einem „unablässigen Dialog“ der Redakteure mit ihren Lesern) und eine „völlig unzureichende Argumentation“ (wie Blogs würden „etablierten Medien unerwartet das Wasser abgraben“ oder dass die Presse „Moderator von Leser- und Zuschauerinteressen sein“ müsse).

Ein weiteres wichtiges Versäumnis hält der Autor dem Buch vor, nämlich dass die Debatte noch „vor der Etablierung vieler Medien-Applikationen für Smartphones und der Markteinführung des Tablet-Computers iPad“ ende. Insgesamt sei das Ergebnis des ganzen Buches jedoch „erhellend und optimistisch“, heißt es, „die Debatte schärft sich sozusagen in Abgrenzung von den Impulsgebern“. Allerdings lautet der Abschlusssatz zu dem Sammelband, der auf einer online nachzulesenden Serie bei sueddeutsche.de beruht: „Die entscheidenden Fragen über die Zukunft des Journalismus werden in diesem Buch nicht beantwortet.“ Zu nennen ist jedoch die von den Buch- wie vom Rezensions-Autoren wiederholte Forderung nach einem „entschleunigten Journalimus“. Dieser sei doch gerade im Printjournalismus gegeben, betont Ebbinghaus. Vor allem im Feuilleton, möchte ich anmerken.

FAZ, 07.10.10, Titel: Warnung vor iPad-Begeisterung

Unter anderem wird aber in dem Buch auch – vor dem Hintergrund der inzwischen bestehenden  kostenpflichtigen online Angeboten speziell für das iPad und für Smartphones – eine Einigkeit in Hinblick auf die „ökonomisch nicht zu rechtfertigende Gratiskultur“ konstatiert. Dazu passt der Artikel vom 7. Oktober aus der FAZ (online leider nicht verfügbar), wonach der Welt-Verlegerband Wan-Ifra vor „zu viel Begeisterung für den Tablet-Computer iPad von Apple gewarnt“ habe. Neben dem Hinweis, dass es auch noch andere Geräte gibt, ist noch entscheidender die Tatsache, dass „die Nachfrage nach den Anwendungsprogrammen (Apps) mit Nachrichtenangeboten eher gering“ ist. Dies wurde am Rande der „Leitmesse der Zeitungsindustrie“, der Ifra Expo 2010 in Hamburg mitgeteilt. Eine interessante Zusammenfassung weiterer Hauptthemen des 17. World Editors‘ Forum auf englisch bietet wan-press.

Kristina Sabelstörm-Möller von der Meinungsforschung des Wan-Ifra wurde weiter zitiert, „nur bis zu vier Prozent der Downloads sind „News“-Anwendungen, um Zeitungen oder Magazine zu lesen“. Demgegenüber würden bei E-Readern die Inhalte fast ausschließlich zum Lesen genutzt, von denen 95 Prozent kostenpflichtig seien. Abschließend folgt ein Hinweis des Analysten des Marktforschers Forrester Research, Nick Thomas: Zeitungsverlage müssten sich vor allem als Nachrichtenmarken etablieren. Das ist ja nun mal nichts Neues. Warum aber sollten Tablet-Nutzer, die nur bereit sind, jährlich rund 50 Dollar für ein Abo zu bezahlen, mehr in Informationen über dieses Endgerät investieren? Sie können ja immer noch Zeitung lesen.

Stilistische Vergleiche erwünscht

Montag, 04. Oktober 2010

Julia Encke hat in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung einen Stiltest vorgestellt, den die Zeitung in Anlehnung an das englische Vorbild „I write like“ von Coding Roberts eingerichtet hat. Die Programmierung basiert auf der Idee des montenegrinischen Russen Dmitri Chestnykh, der ein Programm mit Massen von Literatur fütterte und einen entsprechenden Algorithmus entwickelte.

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 03.10.10, Titel: "Ich schreibe wie..."

Erstaunlich, dass mir beim Selbstversuch eins mit dem Text meines Blogeintrags „Der Virus Social Proof“ vom 29. September ein Stil wie Goethe bescheinigt wurde: 

Johann Wolfgang von Goethe

Beim zweiten Selbstversuch mit dem Text des Eintrags „Die Sorgen der Zeitungsverleger“ (eine Woche älter) ergab der Stiltest allerdings etwas ganz anderes, nämlich:

Sigmund Freud

Damit wurde definitiv ein dritter Test erforderlich, wozu ich den Text des Beitrags „Wünsche und Ängste in Statistiken verpackt“ (noch mal eine Woche älter) wählte. Das Ergebnis:

Rainald Goetz

Entweder habe ich also eine rasante stilistische Entwicklung hingelegt (deren Ende sicherlich nicht so bald absehbar wäre), oder ich hätte mich mal besser mit dem ersten Ergebnis zufrieden gegeben, nach dem Motto: „Der ist ein Tor, der zweimal das Orakel befragt.“ Eine sehr spaßige Sache das!