Archiv für März 2010

Wochenend-Presseschau 09-10

Montag, 08. März 2010

Zweimal die FAZ vom Samstag und einmal die Süddeutsche vom Freitag: Michael Moorstedt berichtet über Simon Fullers neue Show, die ausschließlich fürs Internet produziert wird, tags drauf kommentiert Carsten Knop auf der ersten Wirtschaftsseite, dass die Kommunikation von Maschinen untereinander die Chance für die deutsche IT-Industrie sei, während Detlef Borchers im Feuilleton ein Buch von vierzig Informatikern vorstellt, das die Geschichte des Computers be- und fortschreibt.

Süddeutsche Zeitung, 05.03.10, Titel:  Ich habe einen Albtraum

Ich liebe vieldeutige Feuilleton-Überschriften, diese inbegriffen. Michael Moorstedt bescheibt das neue Projekt des Erfinders der „Pop Idol“ (DSDS)- und der „So you think you can dance“-Serien. „If I can dream“ zeigt fünf häuslich internierte Kandidaten bei ihren Bemühungen um einen Job in der Entertainement-Industrie. Allerdings findet die „inhaltliche Mischung aus Truman Show, Big Brother und Das Supertalent“ nur auf dem „amerikanischen Video-on-demand-Service hulu.com“ statt. Zum selbst ernannten „Post-Reality-Entertainement“-Format Fullers gehören unter Verzicht auf eine Produktionsfirma, die Konflikte inszeniert, mehr als 50 Kameras und die  Anbindung der Kandidaten an die üblichen sozialen Netzwerke zwecks Kontakten mit den Zuschauern. Diese aber waren nach dem Start in der Mehrheit nicht angetan vom Ergebnis. Laaaaaangweilig!

FAZ, 06.03.10, Titel: Die IT braucht keine Aufbauprämie

Carsten Knop beschreibt in Folge der Cebit, welche Chancen sich aktuell  für deutsche IT-Unternehmen ergeben. Als Beispiel nennt er die „Car to Car“-Kommunikation, die über ein Funknetz zwischen hintereinanderfahrenden Autos z.B. vor einer aktuellen Aquaplaning-Gefahr warnen kann. Die Vernetzung von und Kommunikation zwischen allen Arten von Maschinen und Geräten stelle einen Knotenpunkt dar, an dem „deutsche Unternehmen oft die führenden Anbieter sind“.

Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung im Auftrag des IT-Branchenverbandes Bitkom verdoppelten sich innerhalb der nächsten zwanzig Jahre Bruttowertschöpfung und Beschäftigung der deutschen Software- und IT-Dienstleistungsbranche. Allerdings zieht Carsten Knop daraus nicht den Schluss des Verbandes, dass die dynamische Branche daher politisch weiter gefördert werden solle: „Aufbauprämien sind genauso schädlich wie Abwrackprämien“. Worüber sich streiten ließe. Ob sie nötig sind, wäre noch eine Frage. Abschließend gibt er zu bedenken, dass zu diesen Themen bereits wieder amerikanische Unternehmen wie Cisco und Intel den Ton angäben.

FAZ, 06.03.10, Titel: Das Leben des Heinz

Aus derselben Zeitung, ebenfalls in Bezug auf die Cebit, eine weitere schöne Überschrift. Detlef Borchers hielt eine Buchpräsentation auf der Computermesse für eine echte Alternative und sah sich „Heinz‘ Life 1962-2032  -Kleine Geschichte vom Kommen und Gehen des Computers“ an, geschrieben von 40 Informatikern und herausgegeben von Lutz Heuser, Forschungsleiter von SAP. Für jedes Jahr  in der benannten Spanne ist ein Eintrag verfasst. „Das Buch ist ausgesprochen SAP-lastig und klammert Entwicklungen wie Google aus“, bemerkt der Autor und meint, es würde Laien langweilen und Fachleute (vermutlich aufgrund der subjektiven, nicht repräsentativen Themenauswahl) rätseln lassen. Selbst die vermeintlich spannenden Zukunftsvisionen gerieten offenbar eher weniger glaubhaft. Wurde etwa der Vorname Heinz gewählt, um einer subjektiven Sichtweise Vorschub zu leisten? Davon will ich mal nicht ausgehen; ist doch ein schöner Name, oder nicht?

Digitale Orientierungssuche

Sonntag, 07. März 2010

Die Welt am Sonntag hat mich heute doch einigermaßen überrascht: Auf der Titelseite verspricht eine Überschrift neue Erkenntnisse über die Bedeutung des Internets, deren Antwort dann allerdings ganz anders ausfällt als erwartet. Denn die Doppelseite 72/73, auf die hier verwiesen wird, ist grafisch in Anlehnung an die Startseite bei Facebook gestaltet. Vielmehr aber fesselte mich anschließend der Aufmacher der „Stil“-Abteilung über das Geschäftsmodell von Apple.

WamS, 07.03.10, Titel: Wie das Netz unser Leben verändert

Der Untertitel „Facebook-Report“ hätte mich stutzig machen sollen. Das zugegeben große Soziale Netzwerk ist sicherlich eine Marke im Bewusstsein sowohl des Marktes, als auch vieler einzelner Nutzer. Aber der Titel hatte mich doch eher an die geplante Enquete-Kommission des Bundestags erinnert oder wenigstens an umfangreiche Studien über das Ausmaß des Einflusses des Internets auf das alltägliche Leben. Die Auslassungen unserer Bundesfamilienministerin Kristina Schröder über Facebook interessierten mich dann doch weniger. Spannend dagegen fand ich die Betrachtung von Andreas Rosenfelder über „unsere Doppelgänger in den sozialen Netzwerken“:

WamS, 07.03.10, Tietl: Vom doppelten Körper des Facebook-Nutzers

Die seit vielen Jahren übliche Angewohnheit, sich im netz einen Avataren anzulegen, vergleicht der Autor mit dem im Mittelalter bemühten „politischen Körper“ ein es Königs, der im Gegensatz zu seinem natürlichen Körper „makellos und unsterblich“ war. „Der Datenkörper steht immer im Licht der Öffentlichkeit, auch wenn wir uns gerade verkriechen möchten.“ Weiter beobachtet Andreas Rosenfelder richtig, dass diese Daten keinen „programmierten Zelltod“ kennen und stattdessen im Fall des Ablebens ihres Urhebers weiter existieren. Es sei denn, wie werden von einer Spezialfirma weitgehend gelöscht. Da gefiel mir natürlich besonders der Vergleich mit James Camerons „Avatar“, über den ich schon lange nichts mehr geschrieben habe.

Allerdings wird dieses treffliche Bild nicht weiter vertieft, sondern handelt der Artikel anschließend vorrangig von der Datenmenge und -speicherung. Während die Telekom in der vergangenen Woche nach dem Verbot der Vorratsdatenspeicherung durch das Bundesverfassungsgericht insgesamt 19 Terrabyte an Daten gelöscht hat, tun wir bei Facebook unablässig immer noch genau das: Daten auf Vorrat speichern („Petabytes“, wenn wir dem Artikel glauben wollen). Das Verweilen auf der Seite verwandle sich „in einem vielstimmigen Gesellschaftsroman, montiert aus Anekdoten, banalen Kantinenwitzen, witzigen Aphorismen, Partyfotos und Miniatur-Leitartikeln“. Aber weder sei das Copyright an diesem Roman festzumachen (Verweis zur Hegemann-Debatte), noch stünde uns im Allgemeinen bislang das nötige „Survival-Wissen“ des Internetzeitalters zur Verfügung, um „all die Elemente zu beherrschen, aus denen sich unser Daten-Corpus zusammensetzt“.

WamS, 07.03.10, Titel: Angebissen

In diesem Zusammenhang passt der so betitelte Beitrag von Joachim Bessing und Lorraine Haist sehr gut ins Bild. Ausgehend von der früheren Lagerbildung Bill Gates (Microsoft) versus Steve Jobs (Apple) wird die heute deutlich verschobene Marktposition dargestellt: Apple stünde heute etwa da, wo Ende des vorigen Jahrhunderts noch Sony stand. „Mit dem iPod hat Jobs den Walkman des 21. Jahrhunderts auf den Markt gebracht. Mit dem iPhone hat er das Mobiltelefon neu erfunden. (…)“. Was aber nioch wichtiger ist, Apple bestimmt in seiner Machtposition auch über die Inhalte, die via „iTunes-Store“ vertrieben werden: Musiktitel, Zusatz-Applikationen, genannt Apps, und demnächst auch die Inhalte fürs iPad von Zeitungs- und Schulbuchverlagen.

Vor diesem Hintergrund passt das Firmenlogo, ein angebissener Apfel, besonders gut: Nach dem Biss in die verbotene Frucht wurden die ersten Menschen aus dem Paradies verwiesen. Die Autoren sehen die Entsprechung zum Nutzer der Jobs-Produkte: „Hinter dem Glas des Monitors liegt sein Garten der Lüste. Mithilfe des orthodoxen Regulariums des iTunes-Store wird dort nun aufgeräumt.“ Nicht nur wurden dort sämtliche Google-Anwendungen aus dem Angebot genommen, sondern auch alle Anwendungen, die anzüglich erscheinen könnten, zensiert (so etwa eine Diashow von Katzenbildern, die dummerweise den Namensbestandteil „Pussy“ trug).

Apple allerdings habe wesentlich zur heutigen Netzkultur mit dem in Soziale Netzwerke ausgelagerten Privatleben beigetragen, „weil es Steve Jobs gelungen ist, aus grauen Büomaschinen Familienmitglieder zu machen: Dinge, die wie Handschmeichler sind“. Der Schluss des Artikels leuchtet mir allerdings nicht ganz ein: „Aus Steve Jobs Paradies wird keiner mehr verbannt“, heißt es da. Aber zuvor klang es noch so, als sei es Steve Jobs gewesen, der uns aus dem Paradies geschmissen habe. Sein Konzern des angebissenen Apfels trägt dazu bei, die Zeiten des kostenlosen und des unzensierten Internets zu beenden. Ob ein Konsumentenprotest gegen Apple wirklos bliebe, wie in der WamS vermutet wird, ist ungewiss. Aber die Verhandlungen um digitale Urheberrechte haben erst begonnen. Alternative Geschäftsmodelle zu Gunsten der Verbraucher werden vermutlich nicht lange auf sich warten lassen.

Mongolische Frisbeespieler in Kontakt mit Köln

Samstag, 06. März 2010

Überraschende elektronische Post aus der Mongolei: Der „Senior Manager“ eines mir bis dahin unbekannten „Mongolischen Frisbee-Verbandes“ wandte sich vertrauensvoll an mich als Geschäftsführer des Deutschen Frisbeesport-Verbandes. Er bat um Informationen über unser Tagesgeschäft und Möglichkeiten der Unterstützung, die ich ihm gerne gab. Im Folgenden entwickelte sich eine sympathische Mailkorrespondenz, in deren Verlauf er mir einige Fotos aus der Mongolei schickte (Bilder zur besseren Ansicht anklicken).

Der mongolische Senior Manager spielt Frisbee

Mittlerweile habe ich von einem Freund erfahren, dass die Mongolei in der Vergangenheit eine enge Beziehung zur DDR pflegte. daher besteht noch eien Direktflugverbindung von der Hauptstadt Ulanbator (auch Ulaanbaatar geschrieben) nach Berlin. Die Frage wird nun sein, ob sich die Frisbee-Enthusiasten des armen Landes diese Reise werden leisten können, um das diesjährige Kölner Ultimate Frisbee-Turnier „Disc Days Cologne“ am ersten Juniwochenende zu besuchen. Der Auslöser für den Frisbeeboom in dem zwischen Zentral- und Ostasien gelegenen Binnenstaat war offenbar der Besuch dreier Europäer im vergangenen Jahr, die Frisbeescheiben im Gepäck hatten.

Europäische Kamelreiter in der Mongolei

Rund ein Drittel der Bevölkerung lebt in der Millionenstadt Ulaanbaatar im Nordwesten des Landes, das zwischen Russland im Norden, Kasachstan im Westen und China im Süden und Osten liegt. Der Nationalfeiertag am 11. Juli heißt „Naadam“, das sind die mongolischen Festspiele mit Ring-, Reit- und und Bogenschieß-Wettkämpfen als der kulturelle Höhepunkt des Jahres. Zu Naadam im kommenden Jahr plant der Vorsitzende des neu gegründeten Verbandes sein erstes Ultimate-Turnier auszurichten. Die Anmutung des Landes ohne Wald erscheint für ein Sportturnier seltsam fremd.

Frisbeesport in der Mongolei

Jedenfalls hoffe ich zusammen mit den Kölner Frisbeesportlern und auch als Offizieller des Deutschen Frisbeesport-Verbands, dass diese bisher vage freundschaftliche Beziehung zu einem tatsächlichen Besuch führen wird. Schließlich wirken die Mongolen auf dem nachfolgenden Bild ebenfalls einigermaßen gastfreundlich.

Mongolen mit Europäern

Zuletzt noch ein Trailer eines Films aus der Mongolei, der zufällig quasi zeitgleich mit unserem Kölner Turnier Anfang Juni in ausgewählte Kinos kommen wird und der erste Einblicke in die Athmosphäre und Kultur des Landes gewährt: Das Lied von den zwei Pferden“.

Internet-Bestandsaufnahme für den Bundestag

Freitag, 05. März 2010

Nachdem es nun mal keinen Internet-Minister in Deutschland geben soll – wofür auch, gibt es vielleicht einen Zeitungs- oder Fernsehminister? – will sich der Deutsche Bundestag nun aber doch informieren über den Stand der Dinge in Sachen World Wide Web. Das hat der Kölner Stadt-Anzeiger heute in einem Artikel mit der nachfolgenden Überschrift berichtet. Dabei hat der IT-Branchenverband Bitkom doch erst in dieser Woche eine ausführliche Analyse der Bedeutung des Internets für den Alltag in Deutschland abgelegt.

Kölner Stadt-Anzeiger, 05.03.201, Titel: Das Verhältnis von Internet und Gesellschaft

Eine Enquete-Kommission des Bundestag aus nicht weniger als 17 Parlamentariern udn 17 Experten untersucht das Thema „Internet und digitale Gesellschaft“, sprich die Auswirkungen des Netzes auf das das Leben. Mit einem Abschlussbericht ist bereits 2012 zu rechnen. Hoffentlich sind dann auch bereits die neuesten Tendenzen berücksichtigt. Sehr schön am Rande die Aussage des Kommissionsvorsitzenden Axel E. Fischer (CDU): „Die digitale Revolution muss gestaltet werden.“ Das aber sicher nicht von der Politik, da hätte wohl besser gepasst: „… muss verwaltet werden.“ Dabei hatte Anfang der Woche in diesem Zusammenhang auch die Welt berichtet:

Die Welt, 02.03.2010, Titel: Kein Entkommen

Gemeint war damit allerdings nicht die umspannende Netzwirkung des Internets als sei es das Werk einer erdumspannenden Spinne, sondern nur diejenige von sozialen Netzwerken. Einer Studie von Convios Consulting im Auftrag der United Internet AG zufolge sind bereits 93 Prozent aller 20-24-Jährigen bei einem Sozialen Netzwerk angemeldet. Führend ist demnach derzeit noch www.wer-kennt-wen.de (25 Prozent) vor www.facebook.de (22,7 Prozent) und www.studivz.de (14 Prozent). Dahinter folgen MySpyce und Xing mit immerhin auch noch gerade zweistelligen Prozentanteilen.

www.stayfriends.de nähme mit seinen 30 prozent Marktanteil alleridngs eine Sonderrolle ein, da es hierbei vorrangig um Freundessuche und nicht um das tägliche Chatten gehe. Von Belang allerdings noch die Zeitangabe, wonach die Deutschen durchschnittlich 2,7 Stunden täglich in den sozialen Netzwerken aktiv sind. Selbst das US-Militär erlaube seinen Soldaten mittlerweile auf den eigenen Computern die Nutzung der beliebten Dienste, weil sie zu einem „wesentlichen Bestandteil“ für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit geworden seien. Mit freundlichen Grüßen an die Internet-Enquete.

Mehl statt Mails

Donnerstag, 04. März 2010

Freunden und Bekannten gegenüber, die mich fragen, ob ich auch etwas Richtiges gelernt habe, werde ich nicht müde zu betonen, dass mich dann das Bäckerhandwerk stark fasziniert hätte. Frühes Aufstehen schreckt mich nicht, da bin ich einigermaßen flexibel. Aber der Umgang mit den guten Zutaten für gelungene Backwaren, der hätte mich in der Tat gereizt, da ich die vielen guten Produkte doch auch so leidenschaftlich gerne esse.

Ich bin mir dessen bewusst, damit das deutsche Klischee des Brotessers zu bedienen, daher möchte ich noch einmal darauf hinweisen: Ich hab das Handwerk nicht gelernt. Aber es ist doch besonders schön zu sehen, wie diese hohe Kunst nun Eingang in die Werbung findet – und das vor dem Hintergrund, dass die Brotproduktion bei Lieken heute ganz bestimmt ganz anders abläuft. Zunächst der Werbespot, der sich vom Mehlsack bis zum Nasenmodel groovt:

Nun aber noch die Entstehungsgeschichte eines Brotes, von einer Künstlerin in Mehl gemalt (im Original unter www.liekenurkorn.de). Die israelische Künstlerin heißt in Ergänzung zur kurz gehaltenen Pressemitteilung Ilana Yahav und betreibt eine Website „Sandfantasy“ mit weiteren Animationsvideos:

Der Schalter im Kopf und der Chip im Körper

Donnerstag, 04. März 2010

Statistiken ist bekanntlich immer nur dann zu trauen, wenn man sie selbst angefertigt hat. Doch gerade über die Internetnutzung werden immer wieder so überzeugende und schöne Statistiken erstellt, dass ich einfach nicht anders kann, als sie relativ vorbehaltlos zu glauben. Zum Start der Computermesse Cebit hat der IT-Branchenverband Bitcom eine repräsentative Studie vorgestellt, wonach das Internet inzwischen fester Bestandteil des deutschen Alltags ist.

FAZ, 04.03.10, Titel: Internet ist Bestandteil des Alltags

Die FAZ greift das Thema heute auf, unter dem obigen Titel und fast die wichtigsten Fakten zusammen: 71 Prozent der Deutschen nutzt das Internet täglich durchschnittlich 140 Minuten, sechs von zehn Deutschen können sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen, bei den Jüngeren bis 29 Jahre sind es sogar neun von zehn. Der digitale Graben zwischen Onlinern und Offlinern hat sich nach hinten verschoben und liegt nunmehr bei 65 Jahren. „Knapp zwei Drittel der Befragten gaben an, das Internet habe ihre Allgemeinbildung verbessert; jeder zweite Nutzer hat schon Vorteile im Beruf erreicht“, heißt es im FAZ-Artikel weiter.

Eine weitere Erkenntnis der Studie zum Messemotto „Connected Worlds“: Die Trennung von Berufs- und Privatleben weiche zunehmend auf: Mehr als zwei Drittel der Berufstätigen sind auch in ihrer Freizeit für Chefs, Kollegen oder Kunden erreichbar, andererseits nutzen 43 Prozent das Internet auch während der Arbeitszeit privat.  Vielleicht meinte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer ja das, als er formulierte: „Virtuelle und reale Welt sind in vielen Bereichen bereits verschmolzen.“ Oder aber er bezog sich dabei auf den anhaltenden Trend zur Partnersuche im Internet (18 Prozent aller Nutzer ab 14 Jahren oder 9 Millionen Deutsche haben über das Netz schon einen festen Partner kennen gelernt).

Bitkom 01.03.2010, Präsentation Connected Worlds, Grafik zu Körperchips

Was die FAZ dann aber doch nicht mehr thematisert, ist über die Internetnutzung hinaus, sozusagen als den „umgelegten Schalter im Kopf“, die Befürwortung des implantierten Chips im Körper: Jeder vierte Deutsche würde sich für bestimmte Vorteile sogar einen Computerchip einpflanzen lassen, etwa für eine schnellere Rettung im Notfall, eine größere Sicherheit (etwa im Sinne von Überwachbarkeit?) oder sogar zum bequemeren Einkaufen.

Einen Absatz widmet die FAZ aber noch dem Wunsch nach mehr Netzpolitik.  Knapp mehr als die Hälfte der Befragten ist für eine stärkere Überwachung des Datenverkehrs im Internet, sogar 60 Prozent für strengere staatliche Regeln im Netz. Nicht im offiziellen Pressetext, aber in den Präsentationsgrafiken und auch in der FAZ: Ganz klar unterschieden nach dem Alter der Befragten fällt die Bewertung von Zensur und von der Freiheit im Internet aus. Obwohl es sich bei beiden Begriffen um äußerst heikle (und schwammige) Themen handelt, bleibt festzuhalten, die Jüngeren sind strikt gegen Zensur und für die Freiheit, was auch immer darunter verstanden wird.

Bitkom.org, 01.03.2010, Präsentation Connected Worlds, Grafik zu Netzpolitik

Wochenend-Presseschau 08-10

Montag, 01. März 2010

Zwei mal die Welt vom Samstag und einmal die Welt am Sonntag sind mir hängen geblieben, was keine Bevorzugung gegenüber anderen Tageszeitungen darstellen soll, sondern lediglich ein Abbild dessen ist, was meine Interessenlage spiegelt. Eine Kolumne von Maxeiner und Miersch zur Abwanderung aus Deutschland, ein Sonntags-Beitrag von Roger Schawinski über die zunehmenden Animositäten zwischen Deutschland und der Schweiz sowie ein Kommentar von Thomas Heuzeroth zu Apples Entscheidung, keine Dividende auszuzahlen.

Welt, 27.02.10, Kolumnen-Titel "Deutsche Fluchten"

Besonders illustrativ in der Kolumne „Deutsche Fluchten“ ist der Vorschlag von Maxeiner und Miersch, eine „Kapitalfluchtuhr“ zu installieren, entsprechend der bekannten Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler. Alle vier Minuten verlasse ein Deutscher das Land, meist gut ausgebildet auf Kosten des Staates – über die jeweilige Mixtur der tatsächlichen Gründe darf spekuliert werden. Die Steuerflucht spiele bei all denen, die sich bisher nicht selbst angzeigt hätten, neuerdings ebenfalls eine zunehmende Rolle. Bei allem Interesse für die langfristigen Auswirkungen und für Möglichkeiten, den negativen Folgen dieses Trends entgegenzuwirken, beschäftigt mich aber vor allem, wie es den Deutschen im Ausland in der Mehrheit wohl geht. Fühlen sie sich bald nicht mehr als Deutsche? Plagt sie irgendwann das Heimweh? Oder schließen sie mit der deutschen Identität gänzlich und freudig ab?

WamS, 28.02.10, Ausschnitt aus Beitrag von Roger Schawinski

Aus dem Hauptauswanderungsland der Deutschen, der Schweiz, stammt der Beitrag von Roger Schawinski, dem ehemaligen Sat.1-Chef in der Welt am Sonntag: „Deutsche sind vom Mars, Schweizer von der Venus“. Demnach hätten es nicht nur Schweizer in Deutschland, sondern auch Deutsche in der Schweiz extrem schwer – ein Eindruck, den ich bestätigen kann. Weder wird in der Schweiz hochdeutsch gesprochen (sondern Schwyzerdüütsch, dialektal: Höchstoberdeutsch – gegenüber Österreichisch: Niederober-deutsch), noch gleicht sich die Mentalität all zu sehr.

Schawinski spricht konkret von den Erlebnissen, dass er als Manager in Deutschland eine viel stärker hierarchisch aufgebaute Unternehmensorganisation vorgefunden habe, in der einerseits Ansagen erwartet, und andererseits unangemeldete Besuche bei und Gespräche mit Mitarbeitern als peinlich empfunden würden. Gleichzeitig nähme viele Deutsche in der Schweiz weder die kulturellen Unterschiede noch überhaupt schweizerische kulturelle Errungenschaften wahr. In diesem Zusammenhang steht der obige Ausriss. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Schweizer nicht nur die häufig demonstrierte Überheblichkeit der Deutschen stört, sondern ganz besonders ihre Hektik.

Welt, 26.02.10, Kommentar-Titel "Nur Jobs kann sich das leisten"

Ganz ruhig dagegen scheint Steve Jobs seinen Weg der Marktwertsteigerung seines Unternehmens Apple zu verfolgen. Der Aufmacher im Wirtschaftsteil der Welt vom vergangenen Samstag wurde mit einem großen Kleinbuchstaben „i“ und drei ebenso großen Fragezeichen dahinter bebildert. „Apple hortet Bares für das nächste große Ding“  ist ein toller Titel für das Unternehmen, das gerade erst das flache Brett „iPad“ herausgebracht hat. Im Kommentar meint Thomas Heuzeroth, dass der resolute Unternehmenschef keine Dividende auszuzahlen brauche, weil die Aktie innerhalb eines Jahres von 80 auf 200 Dollar gestiegen sei. Wer braucht da noch Dividende?

Mit milliardenschwerer Kasse sei es leichter wehrhaft zu bleiben, besonders weil Google derzeit fast alles kaufe, was sich bewege. Dividende hingegen bräuchten unter anderem Unternehmen, denen „die Welt verändernden Einfälle ausbleiben, wie beispielsweise bei der Deutschen Telekom, die weiterhin hohe Gewinne ausschüttet.“ Apples Investoren gewinnen demgegenüber an der Aktie, die bekanntlich von der Fantasie lebt. Und man mag nun Fan der gestylten Produkte sein oder nicht, aber eine Perspektive wie 25 Apple-Stores innerhalb zweier Jahre in Fernost, die regt die Fantasie nun mal definitiv an. Außerdem will Jobs vielleicht eher selber ein Unternehmen kaufen, als befürchten zu müssen gekauft zu werden.