Archiv für März 2010

Digitale Überbewertung

Freitag, 19. März 2010

Welt, 19.03.10, Titel: Digitale Außenseiter

Was ist das denn für eine erschreckende Erkenntnis, die die Welt heute auf Seite 1 präsentiert? Die Deutschen seien in der Mehrheit nicht in der Internet-Gesellschaft angekommen, schreibt Frank Schmiechen unter Berufung auf eine Studie der Initiative D21: Demnach besäße nur etwa ein Viertel der Deutschen die nötige „Kompetenz, Nutzungsvielfalt und Wissen über digitale Medien“. Dabei hatte noch zum Start der Computermesse Cebit der IT-Branchenverband Bitcom behauptet: Für die Mehrheit der Deutschen ist das Internet ein fester Bestandteil des Alltags (texthilfe.de berichtete).

Im Wirtschaftsteil der heutigen Welt dann die ganze Wahrheit: „Die Deutschen sind immer noch Internet-Muffel„. Nils Lange führt aus, was das Deutsche Digitale Institut erforscht hat: Sechs Nutzertypen lassen sich qualifizieren, wobei die „digitalen Außenseiter“ mit 35 Prozent die größte Gruppe bilden, knapp gefolgt von den „Gelegenheitsnutzern“ mit 30 Prozent. Die weiteren Nutzergruppen – übrigens sehr süß illustiert auf der D21-Unterseite „Digitale Gesellschaft“ – sind „Digitale Profis“ (12 Prozent), „Trendnutzer“ (11 Prozent), „Berufsnutzer“ (9 Prozent) und die „Digitale Avantgarde“ (3 Prozent).

Die digitalen Außenseiter sind laut der Umfrage von TNS Infratest aus dem Dezember 2009 zu zwei Dritteln weiblich und haben vielfach sogar Angst vor den Computer. Ihr Durchschnittsalter beträgt 62 Jahre, das der Gelegenheitsnutzer dagegen 41 Jahre. Schockiert zeigte sich über das Ergebnis Ulrich Herrmann, Mitbegründer und Mitglied des Gesamtvorstands des gemeinnützigen Vereins D21, er befürchtet „eine Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft auf dem globalisierten Markt“.

Ist es nun schlimmer, dass die Deutschen bislang offenbar nicht den international geforderten Stand der Internetnutzung erreicht haben  oder sollten wir uns nicht freuen, dass dem anhaltenden Internethype einmal ein Dämpfer verpasst wird? Tatsächlich wird jedoch nirgends ein internationaler Vergleich herangezogen. Und im Zusammenhang mit der Cebit wurden verschiedentlich die aktuell guten Chancen der deutschen Internetwirtschaft beschworen (vgl. texthilfe.de). Zudem muss nach meiner Einschätzung nicht unbedingt jeder im Internet und am Computer alles können. Die Grundfertigkeiten sind immerhin doch ganz schön weit verbreitet. Und da gibt es auch noch eine reale Welt da draußen. Vielleicht wird sie wieder stärker bemerkt, wenn der Frühling sich weiter durchsetzt.

Die Welt, 19.03.10, Titel: Datenschützer fordern Radiergummi für das Internet

Ganz lustig, aber auch bezeichnend finde ich in dem Zusammenhang einen weiteren Artikel aus der heutigen Welt unter obigem Titel. Vielleicht würden auch noch mehr Leute das Internet (noch) bedenkenloser nutzen, wenn es den digitalen Radiergummi gäbe , der das Auslöschen einmal eingetragener Datensätze beispielsweise in Sozialen Netzwerken einfacher ermöglicht. Denn die Ängste vor dem Internet und teilweise auch vor den großen, neuen Internetkonzernen mögen teilweise diffus sein, sie sind teilweise auch berechtigt (vgl. nochmals texthilfe.de).

Leipziger Zukunftspläne

Donnerstag, 18. März 2010

Die heute beginnende Leipziger Buchmesse beschäftigt sich schon seit längerem nicht mehr nur mit Druckerzeugnissen, sondern auch mit Hörbüchern bzw. E-Books, die in diesem Jahr erstmals auch in der Messebuchhandlung verkauft und dann per E-Mail zugestellt werden. Das veranlasste die Welt bereits gestern zu fragen:

Welt, 17.03.10, Titel: Brauchen wir in Zeiten des E-Books überhaupt noch Verleger?

Dazu befragte Verleger bejahen dies, was nicht weiter verwundert, da auch Journalisten bei der Frage nach ihrer Existenzberechtigung in Zeiten des Leserreporters diese im Zweifel bejahen würden. Weitaus interessanter fällt dagegen die Selbsteinschätzung einzelner Verleger aus. Georg Reuchlein von Random House sieht tendenziell nur eine Verschiebung der Kompetenzen unter anderem als „passionierte Vertriebsexperten“, „vernetzte Lizenzhändler“, „ausgefuchste Marketingstrategen“ und „akkurate Honorarbuchhalter“.

Vittorio E. Klostermann, Verleger des nach ihm benannten Wissenschaftsverlages, baut ebenfalls auf die sowohl für Autoren wie für das Publikum wegweisende Arbeit seiner Zunft: „Dadurch, dass Verlage auch Projekte anregen, gezielt gute Autoren akquirieren und thematische Buchreihen publizieren, schaffen sein Programm, haben ein nach außen wahrnehmbares Gesicht.“ Daniela Seel vom Lyrik- und Prosaverlag kookbooks sieht ihre Aufgabe entsprechend unter anderem darin, „Aufmerksamkeit zu organisieren, filtern und steuern“. Für Ulrich Störiko-Blume vom Jugendbuchverlage Boje führt „Leidenschaft und Kalkül“ ins Feld, mit denen der Verleger seine oft risikoreichen Entscheidungen trifft. „Das Kalkül verbietet uns, das Heil allein im E-Book zu suchen, statt sich auf die technisch ausgereiftere Produktform Buch zu stützen.“

Zudem ist aufgrund von lieb gewonnen Lesegewohnheiten davon auszugehen, dass trotz eines erwartbaren Booms von E-Books auch die herkömmlichen Bücher weiterhin eine entscheidende Rolle im Branchenmix spielen werden. Der stellvertretende verlegerische Leiter bei Suhrkamp Thomas Sparr verweist auf die Begriffsherkunft für „verlegen“, hebräisch für „ans Licht bringen“. Auch er ist überzeugt, das Buch lasse sich durch das Internet nicht ersetzen, daher würde sein Verlag zum Beispiel auch im Herbst Jaron Laniers Manifest „You are not gadget“ herausbringen.

Schließlich gibt Detlef Felten, Cheflektor von C.H. Beck, zu bedenken, dass Lektoren „den Tisch decken, an dem der Leser Platz nimmt“. Verlage kümmerten sich um die Produktion, den Vertrieb, die Pressearbeit und ausländische Lizenzen. Er schließt: „Seien wir froh, dass wir noch ein paar solcher Verleger haben (denen es um möglichst viele erstklassige Bücher geht), und flicken wir ihnen nicht dauernd mit Urheberrechtsnovelle, open access und Verüberflüssigundgedabbetn am Zeug.“

Telekom verpasst den Turn-Around

Donnerstag, 18. März 2010

Die Deutsche Telekom hat gegenüber Investoren ihre neue Strategie vorgestellt, wonach das mobile Internet künftig einer der wichtigsten Wachstumstreiber des Unternehmens sein soll. Daneben setzt Unternehmenschef René Obermann auf den Bereich „Connected Home“ sowie auf  IT-Dienstleistungen wie „Cloud Computing“  für Geschäftskunden. Das hat unter anderem Friedemann Siering heute im Kölner Stadt-Anzeiger berichtet:

Kölner Stadt-Anzeiger, 18.03.10, Titel: Mehr Umsatz mit mobilem Internet

Die konzerneigenen Internetangebote sollen ausgebaut werden, heißt es da weiter. In ihrem Kommentar „Die Kosmetik des Herrn Obermann“ im heutigen Handelsblatt schreibt Sandra Louven, dass diese Aussagen kein solides Kaufmannsgebahren erkennen ließen:  „Auf dem Investorentag vor zwei Jahren hat er noch angekündigt, dass er bis 2010 das deutsche Festnetzgeschäft stabilisieren werde. Nun aber fasst er den Mobilfunk, der noch leicht wächst, und das Festnetz zusammen und gibt als neue Zielmarke für eine Stabilisierung der beiden Bereiche das Jahr 2012 aus. Das sieht nach dem Versuch aus, zu kaschieren, dass er sein Ziel nicht erreicht hat. Ein solider Kaufmann würde auf solche Kosmetik verzichten.“

Drüggela, Kunnebät und dat Hänneschen

Mittwoch, 17. März 2010

Die Geschichte von Mowgli, Baghira und Balu, dem Bären, aus kölscher Perspektive – wohlwissend, „Hinger Kölle fängk dr Dschungel aan“ – das schafft nur dat „Overbecks Wilma“, Musiklehrerin an der Gemeinschaftsgrundschule Martinusstraße Köln-Esch. In ihrem mittlerweile 15. Musical an der Schule hat sie sich wieder einmal selbst übertroffen mit der ersten Wiederholung des inzwischen zehn Jahre alten Erfolgsstücks „Dschungelbuch op kölsch„. Die Premiere im Bürgerhaus Chorweiler fand im Rahmen der lit.kid.Cologne statt. Eine schöne Fotogalerie zum Musical hat Frank Kemper.

Die Wolfsmutter Soffi (Svea Hill) nimmt das Findelkind aus dem Dschungel "hinger Kölle" auf

Die Geschichte dürfte allen bekannt sein und ist schnell erzählt: Das Findelkind „Hänneschen“ (Henry Lüpschen) wird vom Panther „Drüggela“ (Jovina Fischer) zur Wolfsmutter „Soffi“ (Svea Hill) gebracht.

Der Panther Drüggela (Jovina Fischer) bringt das kleine Hänneschen zur Wolfsmutter (Man beachte die Kölsche Mütze), Foto: Kemper

Später lernt dat Hänneschen mit der markanten rot-weißen Mütze die Schlange „Trudi“ (Dana Bensiek), kennen…

Die von sich selbst stark eingenommen Schlange Trudi (Dana Bensiek) singt auf die Melodie von "Donna Don": "Nä, wat bin ich doch bescheiden!"

…den Affenkönig „Fädenant“ (Greta Sommer) sowie den Bären „Kunnebät“ (Jennifer Krah, Szenenapplaus für die witzigsten Sprüche).

Der gemütliche Bär Kunnebät (Jennifer Krah) freundet sich mit dem Hänneschen an

Bei aller Professionalität ist nicht zu vergessen, dass es sich „nur“ um ein Grundschulprojekt handelt. Allerdings um eines mit 110 Kindern aus den 3. und 4. Klassen. „Es ist unglaublich, was sie dazulernen“, sagt Wilma Overbeck, „sie merken, was sie alles können. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein!“ Rollenvergleiche sind nicht in ihrem Sinn: „Persönlichkeit fängt da an, wo der Vergleich aufhört.“

Neben den bekannten Dschungelbuch-Hits „Probeer et met Jemötlichkeit“ und dem „Aapesong (Oh Schubidu)“ trugen auch die anderen live gespielten Lieder (zumeist der Höhner) wesentlich zum großen Erfolg der Aufführungen bei, wie zum Beispiel „Üvverall op dr Welt jitt et Kölsche“, „Einfach levve und levve losse“, „Echte Fründe“ und „Hinger Kölle fängk dr Dschungel aan“. Das nachfolgende Lied stammt allerdings von den Bläck Fööss: „Kumm, loss de Hacke fläje!“

 

Die Zuschauer dürfen sich nach 15 Jahren bei den engagierten Eltern, Lehrern und sonstigen ehrenamtlichen Helfern bedanken und sich bereits auf das nächste Musical im kommenden Jahr freuen: „Der kleine Prinz“ nach Antoine de Saint-Exupéry.

Neue Technik und alte Inhalte

Dienstag, 16. März 2010

Bei dem schwachen Medienecho des 4. Kölner Mediensymposiums fällt die Orientierung vergleichsweise leicht: Lediglich der Kölner Stadt-Anzeiger und die Mitteldeutsche Zeitung bringen heute einen Nachbericht von der gestrigen Veranstaltung der Landesregierung und der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht. Beide Artikel hat über weite Strecken wortgleich Thomas Kröter geschrieben. Bekanntlich gehören beide Zeitungen zum Kölner Verlagshaus Neven DuMont Schauberg.

Kölner Stadt-Anzeiger, 16.03.10, Titel: Überfordert von der Informationsflut

Immerhin weichen die Überschriften voneinander ab, auch sind zwei unterschiedliche Fotos des „Stargastes“ Frank Schirrmacher (FAZ) zu sehen. Über den Autor des Buches „Payback“ (texthilfe.de berichtete) gibt es jedoch nicht viel zu sagen, außer dass er mit seinem „Kulturpesimismus“ die Vorlage für den Philosophen Frank Hartmann von der Bauhaus-Universität in Weimar lieferte: Neue Techniken zwängten den Menschen zur Veränderung. – Dabei fällt mir der Feuervergleich aus dem Vorbericht im Kölner Stadt-Anzeiger wieder ein.

Der Münsteraner Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger verdeutlichte hingegen, dass nach wie vor die klassischen Medien die Themen setzten, auf die sich auch Blogger bezögen(wie etwa der weitere Gast Markus Beckedahl von www.netzpolitik.org). Dennoch, so Thomas Kröter in beiden Artikeln abschließend mit der Medienpädagogin Helga Theunert, stehe neben dem Beherrschen der Technik (das Frank Schirrmacher offenbar schwerer fällt), notwendig das Nachdenken darüber, was das Netz mit den Menschen anstelle. Beim Feuer ist es klar: Es wärmt, kann aber auch alles niederbrennen. Beim Internet hieße die Analogie vielleicht: Es klärt auf, kann aber auch zu totaler Verwirrung führen.

Öffnung und Identität passen zusammen

Dienstag, 16. März 2010

Die Welt, 11.03.10, Titel: Deutsch hat Zukunft

Am vergangenen Wochenende ist ein neues Buch des Germanistik-Professors und Autors historischer Kriminalromane Karl-Heinz Göttert mit dem Titel „Deutsch. Biografie einer Sprache“ erschienen. Dazu hatte die Welt  bereits vorab einen Auszug unter obigem Titel gebracht. Tenor: „Solange unsere Sprache offen bleibt für Veränderungen, braucht sich keiner um ihren Fortbestand zu sorgen“.

Zum Auftakt des Essays wendet sich der Autor gegen die These des Sprachwissenschaftlers Jürgen Trabant, wonach Englisch (resp. „Globalesisch“) an die Stelle des Hochdeutschen trete und  – ähnlich wie in der Schweiz – der Dialekt vor allem im familiären Gebrauch an Bedeutung gewinne. Daraufhin lässt er Zahlen sprechen: Von den weltweit rund 121 Millionen Sprechern des Deutschen leben rund 110 Millionen in Europa. Damit behauptet Deutsch einen Platz unter den Top Ten der meistgesprochenen Sprachen weltweit, wenn auch freilich hinter dem Englischen (427 Millionen Sprecher weltweit, aber nur 61 Millionen in Europa). Zusammen mit den Fremdsprachlern überwiegen die des Englisch Mächtigen jedoch auch in Europa: 51 Prozent aller Europäer sprechen Englisch, Deutsch aber „nur“ 31 Prozent und Französisch sogar „nur“ 28 Prozent.

Darauf aufbauend rückt Karl-Heinz Göttert die Perspektive zurecht: Englisch, so seine These, ist das neue Latein als freie Sprache (lingua franca), wenn auch mit Abstrichen, denn Latein war im Gegensatz zum Englischen nie eine Muttersprache. Vor allem für Deutschland schlussfolgert er: „das Modell einer Übereinstimmung von Sprache und Nation im Sinne des 19. Jahrhunderts (…) wird immer wirklichkeitsfremder“. Deutschland müsse sich gerade in seiner Sprachpolitik auf Migranten und ihre deutschen Nachfahren einstellen („Deutsch lernen, ohne auf die Muttersprache zu verzichten“). Während das Deutsche von außen also Englisch bedrängt und es von innen im Wettbewerb mit zahlreichen anderen Sprachen steht, bestehe dennoch kein Anlass zur Sorge.

Am Beispiel des Einwanderungslandes Australiens verdeutlicht er mit dem neuseeländischen Germanisten Michael Clyne , dass eine „Wende zu Mehrsprachigkeit und Multikulturalität“ eine Nation in keiner Weise schwächen müsse: „Die Zukunft des Deutschen liegt darin, sich in einem vielsprachigen Europa und einer mehrsprachigen Deutschland zu behaupten.“ Einheit und Vielfalt müssten zusammengedacht werden, fordert er weiter, und: „Die Herausforderung ist nicht, die eigene Identität aufzugeben, sondern sie mit anderen zusammenzubringen.“ Heute ginge die Mehrsprachigkeit erstmals nicht von Gebildeten aus, sondern werde von der Globalisierung aufgezwungen. Abschließend urteilt er, wir müssten uns vor einer weiteren Öffnung Deutschlands nicht fürchten, insbesondere, wenn wir unsere Geschichte kennten. Richtig, zu beidem besteht keine Alternative: Die Geschichte zu kennen und sich weiter zu öffnen.

Wochenend-Presseschau 10-10

Montag, 15. März 2010

„Alle Menschen werden Brüder“, heißt es in Schillers „Ode an die Freude“, für die meisten unmittelbar als die geniale Komposition Ludwig van Beethovens im Kopf präsent. Nicht ganz so weit geht Wieland Freund, wenn er in der Welt am Sonntag schreibt: „Alle Bücher werden Zauberbücher“. Am Samstag bereits hatte der Kölner Medienrechts-Professor Rolf Schwartmann im Interview mit Tobias Kaufmann im Kölner Stadt-Anzeiger behauptet:

Kölner Stadt-Anzeiger, 13.03.10, Titel: "Das Internet ist wie Feuer"

Dabei teilt er seine Auffassung mit, dass das Internet für ihn sowohl den „Schwarm“ als breite Nutzermasse als auch eine „Fragmentierung der Öffentlichkeit“ erzeugt. Vor dem Hintergrund der Risiken ständiger Selbstdarstellung in Blogs und Sozialen Netzwerken wendet er die Analogie des Feuers an: „Man muss es beherrschen können“. In dem Lernprozess stehen wir vermutlich heute auf einer Stufe mit Urmenschen, wie sie im Film „Am Anfang war das Feuer“ dargestellt werden.

Eine weiterer wichtiger Aspekt, den der befragte Experte anspricht, ist der Wertewandel, den das Internet erzeugt, etwa wenn digitale Mediendateien oder auch nur journalistische Inhalte kostenfrei, dabei häufig illegal herunter geladen werden: „Dadurch (…) droht das Gefühl dafür verloren zu gehen, dass solche Angebote Zeit, Mühe und Geld kosten – und dass die Nutzer der Angebote an den Kosten beteiligt werden müssen.“ Er stellr fest, dass gerade auch Blogger von der Auseinandersetzung mit den klassischen Medien leben. Das kann ich bestätigen! – Hintergund des Geprächs war übrigensdas 4. Kölner Mediensymposium in der Landesvertretung NRW in Berlin zum Thema „Leben im Schwarm – Wie das Internt uns verändert“.

Welt am Sonntag, 14.03.10, Titel: Alle Bücher werden Zauberbücher

Das Thema des Wertewandels behandelt auch Wieland Freund in seinem WamS-Essay. Selbst, wenn das Buch weiter an Bedeutung verlieren sollte (was es nach jüngsten Studien offenbar gar nicht tut), betrachtet er das mit Gelassenheit, denn die Bücher haben heute bereits eine Art „Anti-Medien“-Status erreicht. Sie sind weder in Medienmärkten zu haben, noch werden sie von kindern in derselben Kategorie wahrgenommen wie andere „Medien“. Freund bezweifelt, dass es hilft, wenn Eltern versuchen, ihren Kindern Bücher gegenüber flimmernden Medien schmackhaft zu machen. Denn „Alle Bücher sind Zauberbücher“ und haben auf viele eine magische Anziehungskraft, nicht erst seit Joanne K. Rowlings Harry Potter, in dem selbst „fantastische Speichermedien“ zum Einsatz kommen. Die heutigen Auseinandersetzungen mit bezahlbaren Internetinhalten (Googles Book Settlement, Apples iBook-Store und andere Paid Content-Modelle) erinnern ihn an die Machtkämpfe, die mit Erfindung der Buchdruckerei begannen. Ein sehr interessanter Beitrag zu Lese- und Internetkultur!

DFV-Jahrbuch 2009 ist im Druck

Montag, 15. März 2010

„Der Deutsche Frisbeesport-Verband e.V. warnt: Frisbeesport kann süchtig machen! Frisbeesport hält Ihren Kopf jung. Frisbeesport fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Spaß zu. Ihrem Arzt oder Apotheker wird es nicht gelingen, dass Sie den Frisbeesport aufgeben. Alles Wichtige über den Frisbeesport in Deutschland im Jahr 2009.“

Diese Vorrede werden Sie demnächst auf dem Rücken des neuen DFV-Jahrbuchs 2009 entdecken, das soeben in Druck gegangen ist. Ein riesiges Lob gebührt dem sehr engagierten Grafiker Matthias Brucklacher, ohne dessen ausdauernde Arbeit das Buch nicht so schnell fertig und so schön geworden wäre!

DFV-Jahrbuch 2009, Doppelseite Deutsche Meister

Auf insgesamt 72 Seiten im Format wenig kleiner als A4 haben wir die Basis- und Hintergrund-Informationen zu den wichtigsten Ereignissen im Frisbeesport aus deutscher Sicht zusammengestellt. Turnierberichte nehmen ebensoviel Raum ein wie Betrachtungen zu den sportlichen und sportpolitischen Entwicklungen. Wer hätte das gedacht: Frisbeesportler machen Politik!? Immerhin üben sie sich in den fairsten Sportarten, die es gibt!

Das Inhaltsverzeichnis sieht daher wie folgt aus:
Editorial des Geschäftsführers 3
Verbandsentwicklungen 5
Disc Golf 11
Freestyle 16
Titelthema: Junioren Ultimate-EM 23
Übersicht Deutsche Meister 32
Ultimate: xEUCF (inkl. Club-EM) 34
World Games 43
Ultimate: Regionalligen 46
Bildung und Wissenschaft 51
Aus den Vereinen 56
DFV aktuell, 62
Adressen 69
Ausblick 2010 72

Cover des Jahrbuchs 2009

Zahlreiche Doppelseiten mit tollen Fotos, eine durchweg ansprechende Gestaltung und nicht zuletzt „Alles, was Sie schon immer über den Frisbeesport wissen wollten, aber sich noch nie zu fragen wagten“ machen das Buch zu einem Sammlerstück erster Güte. Von der ersten Ausgabe des DFV-Jahrbuchs 2008 sind nur noch wenige Restexemplare vorhanden. Vorbestellungen sind bereits jetzt per Mail möglich unter dem Stichwort „DFV-Jahrbuch 2009“ an  info@frisbeesportverband.de. Die Kosten belaufen sich auf die symbolische (nicht kostendeckende) Schutzgebühr von 5 Euro plus 1,45 Euro Porto.

Die Schicksalsfrage für Medienunternehmen

Donnerstag, 11. März 2010

Axel-Springer-Konzernchef Mathias Döpfner hat beid er Bilanzpressekonferenz gute Zahlen präsentiert. Der Leser schwankt zwischen Entrüstung und Bewunderung: „Axel Springer kommt gut durchs Krisenjahr 2009“ schreibt das hauseigene Blatt Die Welt (mit Video), „Springer-Chef Döpfner ist Profiteur der Krise“ schimpft dagegen die FAZ. Andere Zeitungen heben darauf ab, dass Der Konzern bereits gut 20 Prozent seiner Umsätze mit digitalen Angeboten macht. „Springer holt Zuwachs aus dem Netz“, so die FTD und die Börsen-Zeitung titelt: „Springer wird zum Online-Unternehmen“.

Die Welt, 11.03.10, Titel: Axel Springer kommt gut durch das Krisenjahr 2009

In der Welt lautet das erste Zitat des Konzernchefs selbstbewusst: „Es gebe kein vergleichbares Medienunternehmen, das so erfolgreich durch die Krise gesteuert sei wie Axel Springer.“ Danach folgen die aktuell sehr ungewöhnlichen Ergebnisse: „Jeder achte Euro vom Umsatz ist Gewinn gewesen“, so Mathias Döpfner in der Welt, und weiter: „wir schlagen eine Rekorddividende vor, die Eigenkapitalquote wurde auf über 40 Prozent erhöht und die Verschuldung de facto auf Null abgebaut.“ Sogar die Mitarbeiterzahl konnt leicht erhöht werden.

Der Heilsbringer waren in der Tat die im Umsatz um 24,4 Prozent gestiegenen Internetaktivitäten, wobei sogar 30 Prozent aller Werbeerlöse auf digitalen Plattformen erzielt wurde. Dieser Weg soll fortgesetzt werden. die Hoffnung ruht auf „journalistischen Angeboten für das Internet und mobile Endgeräte.“ Bis Ende 2009 wurden von den kostenpflichtigen Apps für „Bild“ und „Welt“ 100.000 verkauft. Entsprechende Angebote für das iPad soll es ab dem Frühjahr geben. An der Fähigkeit, Geschäftsmodelle für den Qualitätsjournalismus zu entwickeln, enstcheide sich „die Schicksalsfrage für Medienunternehmen“. Auf die gute Internet-Entwicklung geht die FAZ bei insgesamt sinkenden Vertriebserlösen der inländischen Springer-Zeitungen jedoch nicht ein

Auch die guten Konzernzahlen sieht die FAZ dagegen kritisch: Der bereinigte Konzernüberschuss ssei um 40 Prozent auf 152,6 Millionen Euro gesunken, doch die Gesamtvergütung des vierköpfigen Vorstands um 35 Prozent auf 17,7 Millionen Euro gestiegen. Nicht zuletzt käme die Rekorddividende von 4,40 Euro je Aktie auch Mathias Döpfner als Großaktionär zugute. Das Wort des „Profiteurs der Krise“ hatte der Konzernchef offenbar übrigens selbst auf die „Bild“ angewandt, bei nur 3,7 Prozent Auflagenrückgang. Sondererlöse stammten aus dem Verkauf von Beteiligungen, so der „Leipziger Volkszeitung“, den „Lübecker Nachrichten“ und den „Kieler Nachrichten“ an die Verlagsgruppe Madsack. Die Müncher-Wirtschaftsmedien „Euro“ und „Euro am Sonntag“ stünden vor dem Verkauf oder dem Aus.

Börsen-Zeitung, 11.03.10, Titel: Springer wird zum Online-Unternehmen

Auf die Fantasie der küpnftigen Online-Entwicklung sopringen jedoch sowohlö die Börsen-Zeitung als auch die Financial Times Deutschland an. Beide machen ihren Bericht damit auf, dass der Verlag Axel Springer bis in spätestens sieben Jahren, mögcherweise aber auch schon in zweien, die Hälfte von Umsatz und Gewinn im Internet erwirtschaften möchte. Das Online-Geschäft dürfte auch in Zukunft die weiter rückläufigen Print-Aktivitäten mehr als kompensieren, vermutet die Börsen-Zeitung. Die aktuelle Schuldenfreiheit bezog Döpfner dem Artikel zufolge auf das Einrechnen der selbst gehaltenen Springer-Aktien. Jedenfalls ermöglichten der Free Cash Flow als auch eine Kreditlinie über 1,5 Mrd. Euro „das Unternehmen transformierende“ Akquisitionen.

Was für Akquisitionen das sein könnten, ließ Mathias Döpfner offen. Dem bisher Gelesenen zufolge dürften sie sich in Richtung Online-Business bewegen. In diesem Zusammenhang stellt Lutz Kappmann in der FTD fest, dass trotz der „Schicksalsfrage“ und Döpfners Behauptung, dass am Ende der Inhalt zähle und nicht der Vertriebsweg, bisher der Großteil der Axel Springer-Online-Erlöse nicht aus journalistischen, sondern aus Service-Proukten stamme (Stepstone, Immonet, Werbevermarkter Zanox).

FTD, 11.03.10, Titel: Springer holt Zuwachs aus dem Netz

Beim „Hamburger Abendblatt“ werden aktuell kostenpflichtige Inhalte angeboten, über deren Akzeptanz nichts bekannt wurde. Die iPhone-Apps von „Bild“ und „Welt“ werden bzw. wurden bereits auf monatliche Abo-Modelle umgestellt. Bei den kommenden iPad-Anwendungen sollen bestimmte digitale Angebote künftig über die Telefonrechnung der Telekom laufen können. Den Wettbewerb mit weiteren Online-Kiosken begrüßte Mathias Döpfner offenbar, sei es der geplante Onlione-Kiosk der Telekom oder sei es der von Bertelsmann, solange nur Technologiekonzerne wie Apple nicht in die Inhalte der Verlage eingriffen. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Umfragen ohne Erkenntnisgewinn

Dienstag, 09. März 2010

Zwei Meldungen haben mich jetzt erreicht, deren Nutz- und Neuigkeitswert ich allerdings anzweifle. Zum einen blickt „Yahoo!“ aus Anlass seines 15-jährigen Bestehens nach eigener Aussage in die „digitale Kristallkugel„, zum anderen erklärt PR-Professional, dass Google der „meist gefürchtete Internet-Konzern der Deutschen“ ist.

„Das Web heute alltäglicher als eine Tasse Kaffee“ lautet die erste interessante Mitteilung der Yahoo!-Mitteilung. Statistiken der Umfrage zu täglichen Angewohnheiten unter Deutschen: 89 Prozent mailen, 78 Prozent suchen online, mehr als drei Viertel lesen online Nachrichten, dagegen trinken nur 73 Prozent Kaffee und nur noch 68 Prozent sehen fern. Mehr als 75 Prozent der Befragten könnten sich hierzulande ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen, heißt es weiter. Bei der Bitcom-Studie vor einer Woche waren es dagegen nur 58 Prozent, die sich ein leben ohne Web nicht mehr vorstellen können (texthilfe berichtete). Für diese Aussage („absolut unverzichtbar“) findet sich bei Yahoo! dann noch eine überwältigendere Mehrheit von 90 Prozent (also was denn nun?)! Und wem soll ich nun mehr Glauben schenken? Ich tendiere mal zum Verband…

Die andere Meldung, die bisher einzig pr-professional.de zitiert, bezieht sich auf eine Kurzumfrage von Faktenkontor und Toluna. Demnach fürchteten sich die Deutschen laut einer repräsentativen Umfrage am meisten vor Google (38 Prozent), gefolgt von Facebook (23 Prozent) und Microsoft (15 Prozent). Befürchtet würden vor allem Viren, Datenmissbrauch und versteckte Zusatzkosten. Der glaubwürdige Informationsdienst leitet daraus ab, dass die PR-Verantwortlichen auf diese Ängste reagieren sowie bei der Zusammenarbeit mit bestehenden Internetplattformen auf die Seriosität achten sollten.  Zuletzt wird Bundesverbraucher-schutzministerin Ilse Aigner zitiert, teils in indirekter Rede: „Branchenriesen wie Facebook, Apple, Google oder Microsoft können im Internet ganze Persönlichkeitsprofile erstellen und niemand wisse, was genau gespeichert werde“.

Der Verweis auf die Quelle „Toluna Quick Surveys“ lässt mich allerdings ein wenig an der Seriosität zweifeln: die Community-Website für Meinungsäußerungen bietet offensichtlich für Konzerne kostenpflichtige „gesponsorte Umfragen“ unter den angeblich 400.000 Mitgliedern (deutschland- oder weltweit?) an. Allerdings gibt es keinen Pressebereich. Bei der PR-Agentur Faktenkontor, die einen durchaus seriösen Eindruck macht, ist das Ergebnis der Umfrage auch nicht im Pressebereich zu finden, allerdings die Ergebnisse einiger anderen, die ebenfalls zusammen mit Toluna erstellt wurden. Die vermutlich vorwiegend jüngeren Mitglieder können sich Punkte verdienen durch das Einstellen und Beantworten von „Quick Votes, Thematischen Umfragen oder regulären Umfragen“. Dafür erhalten sie Belohnungen, können an „Produkt-Tests“ teilnehmen und ihren „Level“ verbessern.