Archiv für die Kategorie ‘Psychologie’

„Wie geht’s?“ – „Frag nicht!“

Mittwoch, 18. Mai 2011

Erstaunlich, was die lebendige Forschung dieser Tage alles ans Tageslicht befördert. Einer repräsentativen GfK-Umfrage zufolge finden fast zwei Drittel der Befragten das ausführliche Berichten über körperliche Leiden furchtbar. Das hat der Kölner Stadt-Anzeiger jüngst berichtet. Das ist vielleicht nicht ganz überraschend, hat aber doch einige Konsequenzen für den täglichen Small-Talk.

Kölner Stadt-Anzeiger, 17.05.2011, Titel: Krankheit ist als Gesprächsthema unbeliebt

Schon die allseits beliebte Frage „Wie geht’s?“ sollte daher vermieden werden, da sie für chronisch Kranke doch leichterdings als Aufforderung zum ausführlichen Bericht verstanden werden. Im englischsprachigen Raum, vor allem in den USA, ist die entsprechende Frage „How are you?“ längst entsprechend sinnentwertet. Niemand erwartet hier eine ausführliche Antwort, allenfalls eine höfliche Rückfrage wie „Fine, and you?“.

Demgegenüber gelten Europäer (um das Klischee zu bedienen) doch als tiefsinniger oder kultivierter. Bei der Frage nach dem werten Befinden ist daher eine Antwort wie „Ich kann nicht klagen“ im Sinne von „beschissen, aber das müssen wir hier nicht vertiefen“ empfehlenswert.  Offenbar tendieren aber doch mehr als genug Zeitgenossen dazu, den eigenen Gesundheits- oder Krankheitszustand über Gebühr darzustellen. Vielleicht liegt es daran, dass viele Leute sich einfach zu wichtig nehmen.

Was die Gesundheit (die eigene oder die von Fremden) betriftt, scheiden sich einfach die Geister. Die einen kriegen nicht genug davon, zu erfahren, wie der Körper funktioniert oder warum er es egarde nicht tut. Andere fühlen sich mehr oder weniger unangenehm berührt, wenn sie nur von einer Krankheit anderer hören (dazu muss man nicht ein Hypochonder wie Jerry Lewis im Film „Der Tölpel vom Dienst“ sein). Vielleicht daher die oft kurz gehaltene Antwort: „Frag nicht!“

Naaa, bist Du heute abergläubisch?

Freitag, 13. Mai 2011

Besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen, heißt es. So kommt es, dass viele Menschen auf einen – der Überlieferung zufolge – Unglück oder pech verheißenden Tag mit gewissen Schutzvorkehrungen begegnen: Sie stehen entweder gar nicht auf oder nur sehr zögerlich und vorsichtig, sie fahren besonders zurückhaltend Auto und geben sich betont Mühe, sämtliche Gefahrensituationen zu meiden. Dies führt oft genau zum Gegenteil. Durch die ganz bewusst reservierte Haltung rufen die Betroffenen oft noch mehr Unheil hervor als sich bei „normalem“ Verhalten ereignet hätte. 

Kölner Stadt-Anzeiger, 13.05.2011, Titel: Besser man ist nicht zu Hause

Dabei erweist sich ein Freitag, der 13., offenbar als weniger unfallträchtig denn angenommen. Darauf weist heute Jörg Wagner in einem Kommentar im Wirtschafsteil des Kölner Satdt-Anzeigers hin (da hatte der gestrige DJV-Warnstreik in Köln und Bonn wegen der Tarifverhandlungen offenbar doch weniger Effekt auf die Mitarbeit einiger Redaktweure als vermutet, oder sie hatten schon für die Freitagsausgabe vorgearbeitet). Der Statistik eines grpßen Versicherers zufolge haben sich beim letztjährigen Freitag, den 13. jedenfalls unterdruchschnittlich viele gemeldete Unfälle ereignet (nur 856 gegenüber 16.417 als Spitzenwert an einem Sonntag).

Die allermeisten Unfälle ereignen sich bekanntlich zu Hause, daher die freundliche Empfehlung des Autors, heute besser das Haus zu meiden. Der einzig begründete Aberglauben in Bezug auf Freitag, den 13., scheint zu sein, dasss es scih dabei um einen schlechten Tag handelt. Würde ich nun sagen: „Das Gegenteil ist der Fall“, dann hätt ich dadurch nur einen neuen Aberglauben geschaffen. In der Tat betrachten auch einige Menschen einen Freitag, den 13., als ausgesprochenen Glückstag! 

Entscheidend erscheint mir dabei die eigene Haltung, die sich oft genug als sich selbst erfüllende Prophezeihung (self fulfilling prophecy) erweist. Das beginnt schon mit Maskottchen, denen Sportler gute Tagesleistungen zuschreiben, Unterhosen, die Fans von Fußballclubs bei allen wichtigen Spielen anziehen, das Prinzip „Never change a winning shirt“ und viele weitere mehr.

Mir geläufige Aberglauben-Sprichwörter sind „Spinne am Morgen bringt Kummer und Sorgen.“, „Schwarze Katze läuft von links nach rechts über den Weg“, „Schäflein zur Linken, tut’s Glück dir winken – Schäflein zur Rechten, wendet sich’s zum Schlechten“, „Zerbrochener Spiegel bedeutet sieben Jahre Unglück“ oder wenn man sich beim Zuprosten nicht in die Augen sieht, bedeutet das sieben Jahre schlechten Sex oder ein Jahr gar keinen… Kennst Du noch weitere schöne Sprüche und Verhaltensweisen, die ganz klassisch dem Aberglauben zuzordnen sind?

Wenn ich fliege, träume ich

Samstag, 07. Mai 2011

Wie es der Zufall so viel: Hatte ich mich gestern noch über die Funktion der Träuime unterhalten und heute beim Frühstück über „Wahrträume“ geredet, lese ich dann über „Klarträume“ in der Zeitung. Dabei ahndelt es sich um den Zusatnd, dass sich der Träumende darüber bewusst ist zu träumen und teilweise sogar in seinen Traum eingreeifen kann. Jörg Zittlau hat im Magazin des Kölner Stadt-Anzeiger darüber geschrieben.

Kölner Stadt-Anzeiger, 07.05.2011, Titel: Im Schlaf aufs Sieger-Podest

Beim so genannten „luziden Träumen“ ist der Tröumende in der lage, beispielsweise bei einer Verfolgungsjagd, die in einer Sackgasse endet, von außen einen Ausweg aus der verfahrenen Situation zu finden – und anzuwenden. Nicht näher bestimmten Studien zufolge sind es acht Prozent der Menschen,  die Vergleichbares etwa einmal pro Woche erleben, 20 prozent, die das Phänomen kennen. Per Autouggetsion lässt sich vor dem Einschlafen das Erlebnis zum Teil herbeiführen, indem ich mir sage: „Heute Nacht werde ich einen Klartraum haben.“

Besonders interessant jedoch, dass z.B. Leistungssportler dadurch in der Lage sind, ihre Leistungen nachweislich zu verbessern. Der Sprinterm, der idealen Start aus den Blöcken, oder der Skispringer, der den idealen Sprung vom Schanzentisch erträumt, kann dies im realen Training anschließend tatsächlich besser nachvollziehen. Während dieser Traumphase ist sogar die Pulsfrequenz deutlich erhöht.

Was aber passiert dabei im Gehirn? Während des Schalfes entstehen Traumsignale im Stammhirn, die dann vom Großhirn zu einer Geschichte geformt werden. Beim Klartraum ist im Stirnhirn eine vermehrte Aktivität im hochfrequenten 40 Hertz-Bereich zu nachweisbar, die ansonsten nur bei der bewussten Konzentration auf eine Sache auftritt. Während Scheitel- und Schläfenlappen dabei genau die gleichen Aktivitäten wie beim bnnormalen Traumschlaf aufweisen, fungiert das Stirnhirn beim luziden Traum also als eine Art Aufpasser über die anderen Hirnbereiche. Das haben Forscher der Uni Bonn herausgefunden.

Aus Grobmotorikern wird also sicher kein Leistungssprotler werden, doch die Möglichkeiten der Steigerung verschiedener Leistungsbereiche (Musikalität, Kognition) ist dabei möglich. Hierzu stellt sich der Proband wie gesagt vor dem Schlaf am besten darauf ein, zum Beispiel mit einem gewissen Traumsignal wie: „Wenn ich fliege, weiß ich, dass ich träume.“ Weiter gehend kann ein geübter Klarträumer dann auch soweit gehen und sich in Hinblick auf den bevorstehenden Zustand sagen: „Wenn ich träume, kann ich fliegen. Allerdings wird ein Forscher zitiert, der das Klarträumen als „eines der letzten großen Rätsel der Traumforschung“ bezeichnet.

Lass es uns versuchen! Das menschliche Gehirn – davon bin ich überzeugt – wird noch weitere unvermutete Leistungen – sozusagen „easter eggs“ – verborgen halten. Verschiedene Institutionen bieten Kurse zum Erlernen der Technik an, wie zum Beispiel hier:

Familie als Hort der Vorurteile

Montag, 02. Mai 2011

Kategorisierungen von Mädchen und Jungs im Kindergartenalter treffen häufig nicht zu. Das will uns eine Studie von Erziehungswissenschaftlerinnen der Uni Bamberg glauben machen. Demnach sind die Unterschiede innerhalb der Geschlechtergruppen weitaus größer als diejenigen zwischen den Geschlechtern. „Die Einübung von Geschlechterrollen findet demnach mehr in den Familien und im Freundeskreis der Kinder statt als in den ersten Bildungseinrichtungen“, heißt es im Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 01.05.11, Titel: Unisex im Kindergarten

In der Besprechung des Artikels aus der Zeitschrift für Pädagogik gibt Autor Jürgen Jaube zu bedenken, dass dann die Frage nach der Herkunft von „Geschlechterdifferenzen in den Bildungskarrieren“ eine neue Brisanz erhält. Von den Kindergärten stammen sie der zitierten Studie zufolge nämlich nicht. Die beobachteten Unterschiede, Mädchen bevorzugten kleine Gruppen, Gespräche und Lesen, Jungs hingegen Brettspiele, hätten sich im Verlauf der Kindergartenzeit vielmehr weitgehend verloren.

Zeit über unsere eigenen Projektionen in die lieben Kleinen nachzudenken und darüber, wie wir oft unbewusst und ohne Not ein Rollenverhalten forcieren und damit einer ungleichen Behandlung der Geschlechter Vorschub leisten.

Shoppen verlängert das Leben

Sonntag, 01. Mai 2011

Passend zum Tag der Arbeit hat die Frankfurter Allgemeine Sonntags-Zeitung ihren Kurzmeldungen im Wissenschaftsteil Zeilen aus dem Mailied „Wie herrlich leuchtet mir die Natur“ voran gestellt. Besonders gut hat mir die Meldung gefallen, die sich mit einer Studie zur lebenverlängernden Wirkung des Einkaufens in Taiwan beschäftigt.

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 01.05.11, Titel: O Glück, o Lust!

Zehn Jahre ist es her, dass die Forscher vom National Health Research Institute in Zhunan Interviews mit 1800 Taiwanesen hinsichtlich ihrer Einkaufsgewohnheiten durchgeführt haben. Das anschließend bis heute geführte Sterberegister ermöglicht nun den Rückschluss: Wer regelmäßig shoppen geht, hat ein um 27 Prozent verringertes Sterbesrisiko.

Das ist so natürlich Quatsch, weil wir bekanntlich alles sterben müssen und das Risisko es zu einer ungewissen Stunde zu tun oder nicht zu tun, vermutlich kaum genau bestimmt werden kann. Sagen wir also: Vermutlich besteht ine um 27 Proeznt höhere Wahrscheinlichkeit länger zu leben als andere. Nun ließe sich gemäß der in der Sonntagszeitung gewählten Überschrift schlussfolgern: Na klar, es ist die Lust am Einkaufen, am Umsetzen des hart erarbeiteten Geldes (hier kommt der Rückbezug zum Tag der Arbeit ins Spiel)!

Das vielleicht erstaunlichste Ergebnis der Studie, die im Journal of Epidemiology and Community Health veröffentlicht wurde,  ist jedoch, dass dabei alleine die Geste zählt. Auch wer nichts kauft, etwa weil er kein Geld hat, lebt durch den regelmäßigen (dann quasi vorgetäuschten) Einkaufsbummel länger. Vermutlich nur eine Frage der Aktivität und des „sich ins Leben Schmeißen“. Nur dumm, dass wir die dadurch gewonnene Lebenszeit dann durch so sinnlose Gänge durch die Markthallen verplempern.

Tickst Du noch richtig?

Dienstag, 26. April 2011

Der neuerliche Fall von U-Bahn-Schlägern in Berlin wirft die Frage auf: Wie ticken diese Leute, bei denen Draufhauen zur erstbesten Reaktion gehört und die Aggression offenbar ihr Verhalten bestimmt? Dazu habe ich im Magazin des Kölner Stadt-Anzeigers einen kleinen Beitrag zur Hirnforschung gefunden, der mich stutzig gemacht hat.

Kölner Stadt-Anzeiger, 23.04.2011, Titel: Bei aggressiven Kindern ist das Hirn verändert

Walter Willems schreibt darin von einer Studie an der Uni Cambridge, bei der die Gehirne verhaltensaufälliger und -unauffälliger Jungs untersucht wurden. Demnach sind bei en gewaltätigen Kindern und Jugendlichen zwei Gehirnregionen deutlich unterentwickelt. Dabei handelt es sich um Insula und Amygdala, die für das Erkennen und Verarbeiten von Emotionen wichtig sind. Daher fällt es diesen Probanden schwer, sich in andere hineinzuversetzen und die Gefühle anderer zu erkennen.

Bisher war die Lehrmeinung, dass solches Verhalten vor allem durch Nachahmen  erlernt würde. Dem widersprachen jedoch die Hirnforscher im American Journal of Psychiatry, Dennoch bleibt unklar, ob die Hirnstörung Folge oder Ursache der Verhaltensstörung ist. Jedenfalls stuften es die Forscher als durchaus möglich ein, dass unsoziales Verhalten durch Veränderungen im Gehirn entstehen könnte – wobei zugegeben auch unklar bleibt, was diese Gehirnveränderungen denn auslösen könnte.

Jedenfalls findet in Anbetracht von nicht nachvollziehbarer Aggressivität offenbar die landläufige Frage noch höhere Berechtigung als vermutet: „Tickst Du noch richtig?“

Pessimisten sind enttäuschte Realisten

Dienstag, 19. April 2011

Wenn negative Verhaltensweisen erwartet werden, kommt es oft zum typischen Wortwechsel: „Du bist ein Pessimist!“ – „Nein, ich bin nur Realist!“ Der Realist meint zu wissen, wie die Menschen „wirklich“ sind, wie es in einem Song der „Ersten Allgemeinen Verunsicherung“ heißt: „Das Böse ist immer und überall.“ Optimisten werden hingegen zu Naivlingen abgestempelt. Eine Untersuchung des Max-Planck-Institutes für Gemeinschaftsgüter in Bonn lässt sich nun wiederum in beide Richtungen hin interpretieren.

Kölner Stadt-Anzeiger, 19.04.2011: Lohnt es sich zu teilen?

Ismene Poulakos berichtet in der Rubrik „Auf der Couch“ im Magazin des Kölner Stadt-Anzeigers darüber (noch nicht online). Der Versuchsaufbau war die moralische Zwickmühle, wonach Geld entweder behalten oder in ein Gemeinschaftsprojekt gesteckt werden konnte. Dieses Projekt würde eine Rendite von 60 Prozent erbringen, wenn alle vier Teilnehmer gleichermaßen diese Investition für sich entscheiden. Sollte sich einer jedoch dagegen enstcheiden, dann würde er gewissermaßen als „Trittbrettfahrer“ sogar die doppelte Rendite erhalten. Im Bericht wird Michael Kurschilgen als einer der Autoren der Studie zitiert, „die meisten Menschen sind nicht aus Überzeugung Egoisten, sondern aus Angst davor, am Ende der Dumme zu sein.“

Es ist also die Erwartungshaltung, die bestimmt, wie die Menschen sich verhalten. Wer bei seinen Menschen von Egoismus ausgeht und selber so handelt, trifft im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeihung auch häufiger auf Egoismus. Demgegenüber ist nach Ansicht des Forschers die positive Erwartungshaltung von Menschen sehr zerbrechlich. In dem in Bonn durchgeführten Experiment hatten doch tatsächlich 82 Prozent der Teilnehmer das Gemeinschaftsprojekt unterstützt, damit alle denselben Nutzen davon tragen. Kaum wurde aber mitgeteilt, dass bei demselben Experiment in London nur 43 Prozent der Teilnehmer so kooperativ gewesen seien, sank auch die Quote in Bonn auf nur noch gut 50 Prozent.

Zurück bezogen auf meine Eingangsfrage, ob Optimisten naiv und Pessimisten realistisch oder ob Pessimisten enttäuscht und Optimisten realistisch sind, lässt sich schlussfolgern: Das hängt von den gesellschaftlichen Bedingungen ab. Ich denke, wenn ich vor die Wahl gestellt werde, entweder vier Menschen profitieren gleichermaßen davon oder du profitierst alleine mehr davon, dann werde ich erkennen, dass es sich im zweiten Fall um das Ausnutzen der anderen handelt, und es moralisch ablehnen.Vielleicht ist es also sehr treffend, dass ich mich selbst gerne als „unverbesserlichen Realisten“ bezeichne.

Wie schon Bert Brecht in der „Dreigroschenoper“ schrieb:
„Wir wären gut und nicht so roh,
doch die Verhältnisse, sie sind nicht so!“

Peinlichkeit wird ihrem Begriff gerecht

Samstag, 16. April 2011

Eine interessante Studie der Universität Marburg belegt, dass der Begriff „Peinlichkeit“ im wahrsten Wortsinn zutreffend ist. So erzeugt gemäß Versuchsaufbau das Fremdschämen Aktivitäten im selben Hirnareal wie der Anblick körperlicher Schmerzen bei einem Mitmenschen. Im Rahmen der neuronalen Grundlagen des Fremdschämens wurde kurz gesagt ermittelt: „Wenn man sich für andere schämt, sind vergleichbare Gehirnareale aktiv, wie wenn man den Schmerz anderer nachempfindet.“ Die verkürzte Überschrift des Kölner Stadt.-Anzeigers liegt damit nicht ganz richtig:

Kölner Stadt-Anzeiger, 15.04.2011, Titel: Fremdschämen ist wie körperliche Schmerzen

Im ersten Teil ihrer Untersuchung erhielten 600 Personen Beschreibungen peinlicher Situationen. Die Schlussfolgerung daraus: „Das Gefühl der Scham stellt sich relativ unabhängig davon ein, ob sich die beobachtete Person ihrerseits blamiert fühlt oder nicht“. Anschließend bekamen 32 Probanden Zeichnungen von Menschen in peinlichen Situationen gezeigt, dabei wurden die Hirnströme der Teilnehmer gemessen. Aktivitäten wurden verzeichnet im Hirnstamm und im Kleinhirn, exakt denselben Hirnregionen, die das Mitleid verarbeiten, das sich beim Beobachten körperlicher Verletzungen anderer einstellt.

Die kurze Pressemitteilung der Uni Marburg stellt einen Bezug zu Unterhaltungssendungen wie „DSDS“ und „Stromberg“ her, die das Fremdschämen „frei Haus“ lieferten, ohne dass der Betroffene davon etwas mitbekommt. Die Begründung sich zu schämen, weil es „in sozialen Interaktionen äußerst wichtig sei, das Gesicht nicht zu verlieren“, kommt bei mir jedoch nur bedingt an.

Meines Erachtens nach folgt die Scham einem gesellschaftlichen Konsens, der jedoch nicht von allen gleichermaßen geteilt wird. Das heißt aber, ich schäme mich für andere aufgrund meines moralischen Empfindens, gegen das das gesehene Verhalten anderer (z.B. im Fernsehen) verstößt. Das ist ein „schmerzlicher“ Verstoß gegen meine Wertekonfiguration.

Die Darsteller bei DSDS schämen sich zum Teil vielleicht deshalb nicht, weil sie kontinuierlich vorgeführt werden und sich dabei fälschlich für Stars halten. Bei „Stromberg“ oder „Pastewka“ hingegen ist das Konzept ganz auf Fremdschämen hin abgestellt. Wir würden in Anbetracht eines solchen Fehlverhaltens auch sprachlich mit einem Satz reagieren wie „Aua, das tut ja weh!“. Insofern ist es nicht überraschend, dass „Peinlichkeit“ (dem Wortsinn nach) „Pein“, also Schmerz bedeutet. Im Mittelalter war eine „peinliche Befragung“ übrigens ein Verhör unter Folter.

Jammern hilft bedingt

Dienstag, 12. April 2011

„I’m jamming! I’m jamming!
And I hope you like jamming, too!“

Bob Marley

Ein echter „Jammer“, d.h. ein Musiker oder Freestyle-Artist, der mit anderen frei zusammen spielt, wird keinen Grund zum Jammern haben. Daher bitte nicht verwechseln: „Jammer“ (englisch ausgesprochen) und „Jammerer“, auch Jammerlappen genant. Um letztere dreht sich ein neues Buch von Annika Lohstroh und Michael Thiel, das heute im Magazin des Kölner Stadt-Anzeigers besprochen wurde: „Deutschland, einig Jammerland“.

Kölner Stadt-Anzeiger, 12.04.11, Titel: Warum Jammern uns nach vorne bringt

Annika Lohstroh führt im Interview mit Ramona Weise aus, dass Jammern einen vor Arbeitsüberlastung schützen und sogar „innerlich reinigen“ kann, grundsätzlich aber Ausdruck „tief sitzender Unzufriedenheit und latenter Unsicherheit“ ist. Glciheztigi handelt es sichd abei aber auch um ein vor allem in Deutschland (und zum Teil in Italien) verbreitetes Phänomen, das nach Ansicht der Buchautorin sogar „gesellschaftlich anerkannt“ ist – ganz im Gegensatz etwa zu Japan.

In Deutschland liefert Jammern sogar Gesprächstoff, in Form von verbindender Ablehnung des schlechten Wetters oder in Form vom Lästern über missliebige Mitmenschen. Allerdfings sollte das Meckern nicht zum Dauernörgeln werden, sondern idealerweise doch in konstruktive Kritik münden. Anders kann ich mir die Unterüberschrift des Interviews „Nörgler haben mehr Erfolg“ nicht erklären. Das stimmt dann doch wohl nur sehr begrenzt!

Interessanterweise werden auch die geschlechtlichen Unterschiede beim Jammern behandelt- ein klassisches Gebiet der Genderforschung („Jammer Sciences“). So würden Männer eher über Äußerlichkeiten wie die Politik herziehen, währen Frauen mehr über eigene Fehler jammern. Allerdings würden Männer doch stärker jammern als Frauen. Kann gar nicht sein – jedenfalls nicht (wie gesagt) über das eigene Befinden, wie nachfolgender Werbespot eindrucksvoll belegt.

Glücksforschung aktuell

Montag, 11. April 2011

Im Info-Radio des Westdeutschen Rundfunks, WDR5, bin ich heute auf eine Sendung aufmerksam gemacht worden, die sich morgen mit dem Thema der Glücksforschung befasst. Die Sebndung Scala (um 12:05 und um 21:05 Uhr) sucht Antworten auf Fragen wie: Was ist Glück? oder – Sind wir unseres Glückes Schmied? Anlass ist der Neustart des Dokumentarfilms „Glücksformeln“ von Larissa Trübys, der persönliche Antworten liefert. Später  bin ich dann über eine Meldung aus der Welt vom vergangenen Samstag gestolpert:

Die Welt, 09.04.11, Titel: Frauen sind auch ohne Ehe glücklich

Forscher der Universität Köln haben ermittelt, dass eine Heirat nur dann das Glücksempfinden von Frauen steigert, wenn die Bräute in konservativen Gesellschaften mit traditionellen Rollenverständnissen leben. Insgersamt würde das in Deutschland keine großen Unterschied mehr machen. Von Männern war hingegen gar nicht die Rede. Die fügen sich wahrscheinlich – im Durchschnitt – aus Bequemlichkeit in die Ehe. „Glücklich ist, wer vergisst, dass er je geboren ist…“

Das wahre Glück aber als persönliches Glücksempfinden, wie die Wissenschaftsendung „Leonardo“ auf WDR5 schon im November 2008 berichtet hat, wird von Glücksforschern aus dem Bereich der „Positiven Psychologie“ aus den drei Komponenten Lebensumstände, Verhalten und Erbanlagen erklärt. Demnach hätten die Gene rund 50 Prozent Anteil an der Glückserfahrung. Offenbar können Menschen diesbezüglich also schon von Natur aus ganz unterschiedlich veranlagt sein.

Eine gute Übung – wie es in dem Beitrag weiter heißt – ist die gegenseitige Wertschätzung verbal zu üben. Also vielen Dank, liebe Leserin, leiber Leser, dss Du Dir die Mühe gemacht hast, das alles nachzuvollziehen. Das war sehr zuvorkommend von Dir. Du siehst jetzt auch noch ein bisschen blendender aus als schon zuvor, geradezu… irgendwie… glücklich! Danke fürs Lesen und bis bald!