Archiv für die Kategorie ‘Psychologie’

Es schwindet, was bindet

Freitag, 01. April 2011

Deutsche Verbraucher sollten sich was schämen: Anstatt auf Althergebrachtes zu achten, richten sie sich womöglich nach dem Preis oder – noch schlimmer – nach der Qualität! Eine gemeinsame Untersuchung des Marktforschungsunternehmens GfK und der Werbeagentur Serviceplan hat jedenfalls ergeben, dass jährlich im Durchschnitt 40 Prozent der Stammkunden von Markenprodukten abwandern. Am schlimmsten ist es offenbar bei Kartoffelchips, Tütensuppen und Alufolie. Also ehrlich! Geht’s noch?

Kölner Stadt-Anzeiger, 26.03.11, Titel: Kunden bleiben Marken seltener treu

Die treuesten Verbraucher finden sich hingegen in den bereichen Gesichscreme, Zahncreme und Shampoo, aber auch Schokolade, Kaffee und Bier. Das leuchtet ein, die erstgenannten Produkte haben meist eine als wohltuend empfundene Wirkung, bei den zweitgenannten handelt es sich um Geschmacksfragen bei Luxusartikeln, bei denen ich auch nicht die erstbesten Produkte nehme.

Zum Vergleich: Vor drei Jahren belief sich die durchschnittliche Marken-Abwanderung noch auf 32 Prozent. Als Grund für die steigende Untreue der Markenkonsumenten wird der Zickzack-Kurs vieler Unternehmen bei der Präsentation ihrer Marken genannt. Fast die Hälfte der 100 wichtigsten Marken ändere alle zwei Jahre ihren Werbeslogan. Die machen es uns Kunden also leicht, ihnen den Rücken zu kehren und uns anderen Verheißungen zuzuwenden. Stammkunden machen oft etwa 60 bis 70 Prozent des Umsatzes eines Produktes aus.

Markenvertrauensbefragung von GfK und Serviceplan

Der Meldung zufolge ist Vertrauen der „wichtigste Treiber des Marktanteils“, die GfK ist mittlerweile sogar in der Lage einen Vertrauensindex respektive die Loyalität der Kunden gegenüber Marken zu messen, von der der Verkaufserfolg demnach unmittelbar abhängt. Nicht zu vergessen jedoch, wie Serviceplan in einer Zwischenüberschrift hervorhebt: „Subjektive Uniqueness und soziale Akzeptanz entscheiden über Markenvertrauen.“ Hatte ich’s doch die ganze Zeit schon vermutet!

Gottlose Gruppendynamik

Mittwoch, 30. März 2011

Um einen etwas frevelhaften Einstieg zu wagen, sei die These aufgestellt: Religionen sind nichts Gottgegebenes. Wenn nicht einfache Menschen Religionsstifter waren, dann waren es eben Propheten, die dem Menschlichen jedenfalls sehr nahe stehen (oder nach anderem Deutungsmuster erst das wahre Menschliche zum Ausdruck bringen). Einer relativ neuen mathematischen Studie zufolge ist aktuell die Religion in neun Ländern vom Aussterben bedroht, kurz gesagt, weil andere soziale Gruppen einen stärkeren Nutzen bieten.

Kölner Stadt-Anzeiger, 30.03.11, Titel: Facebook für Gläubige

Im Kölner Stadt-Anzeiger hat Christian Bos in einem Kommentar gemutmaßt, dass sich die „zukünftigen religiösen Minderheiten im Netz organisieren“ könnten. Vielmehr liegt es offenbar aber genau daran, dass andere soziale Gruppen als kirchliche den heutigen Menschen im Durchschnitt einen stärkeren Nutzen bringen, wie etwa die Sozialen Medien. Denn genau dies ist der Ausgangspunkt der ursprünglich auf BBC veröffentlichten Studie von Forschern der Amercian Physical Society.

Mit einem sogenannten nicht-linearen Modell wurden die Wechselwirkung zwischen der Anzahl der Religionsanhänger in einem Land und den sozialen Motiven für den Anschluss an eine Kirche untersucht. Dieses Modell wurde bereits erfolgreich dafür angewandt, um das Aussterben bestimmter Sprachen zu prognostizieren. Auf dnews wird Untersuchungsleiter Richard Wiener zitiert: “Das Modell setzt voraus, dass es attraktiv ist, sich sozialen Gruppen mit vielen Mitgliedern anzuschließen. Es geht außerdem davon aus, dass soziale Gruppen einen bestimmten Status haben und Nutzen mit sich bringen.”

Dazu greift die Studie auf Zensusdaten zurück, die sich auf ein Jahrhundert erstrecken und stellt dieselbe Tendenz (in unterschiedlich starker Ausprägung) in allen neun berücksichtigten Ländern fest: Australien, Finnland, Irland, Kanada, Neuseeland, die Niederlande, Österreich, die Schweiz und die Tschechische Republik. Das Ergebnis zeige an, dass Religion in den untersuchten Ländern völlig aussterben werde.

Wenn dieses Endergebnis auch noch in ferner Zukunft liegt, so enthält es doch eine Chance zu einer anderen Gruppendynamik, die sich nicht über religiöse Riten, sondern über andere Wesensgemeinsamkeiten definiert. Soziale Medien könnten einen Ansatz zu einer Vernetzung bieten, die sich jedoch über die Grenzen des virtuellen Raums hinaus bewähren und bewahrheiten müsste. Wie heißt es so schön in der „Internationale“? „Es rettet uns kein höheres Wesen, / kein Gott, kein Kaiser noch Tribun. / Uns von dem Unheil zu erlösen / können wir nur selber tun.“

TV-Stars: Hannah für Mädchen, Bob für Jungs

Dienstag, 08. März 2011

Lakonische Sprüche, Dialoge, die die avisierte Alterszielgruppen deutlich übersteigen, und vorgelebte Haltungen, die alles andere als alltagstauglich sind: das sind die Rezepte der beliebtesten Kinder-Fernsehhelden, die eine Untersuchung des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) beim bayerischen Rundfunk ermittelt hat. Auf Platz eins bei den Mädchen liegt Hannah Montana (gespielt von Miley Cyrus), bei den Jungs der sprechende Schwammkopf Sponge-Bob.

Rheinische Post, 03.03.11, Titel:  Die TV-Helden der Kinder

Ulli Tückmantel hatte in der Rheinischen Post darüber berichtet und festgehalten, dass ARD und ZDF mit ihren Kinderserien für 6- bis 12-Jährige auf den vordersten Plätzen überhaupt keine Rolle mehr spielen. So ist die Maus, gerade 40 Jahre alt geworden, nur auf Platz 7 bei den Mädchen zu finden, gar nur auf Platz 9 bei den Jungs. Insgeamt sei auffällig, dass die Fernsehwelt von Mädchen und Jungen immer weiter auseinanderklafft. Wähend Mädchen Identitäsprobleme gespiegelt sehen, konzentrieren sich Jungs in der Mehrheit auf den Technikfreaks und den Typen des „lustigen Losers“.

Auf den weiteren Plätzen bei den Mädchen liegen „Barbie“ (in anderthalbstündigen Animationsfilmen mit immer gleichem Aussehen) und die Zeichentrickfigur Kim Possible. Institutsleiterin Maya Götz hält dem positiven Humor „ein problematisches Verhältnis zum eigenen Körper und ungesunde Bilder von Schönheit“ entgegen, ausgelöst durch weibliche Körpermaße jedes zweiten Zeichentrickmädchens, „die jene der Barbie noch einmal unterschreiten“.

Bei den Jungs folgen auf Sponge-Bob „Ben 10“ und Bart Simpson. Der beliebte Schwammkopf (bereits 2007 an der Spitze der IZI-Charts) beschäftgie sich ebenfalls humorvoll mit klassischen Kinderthemen wie Selbstüberschätzung, Verlustängsten und falschen Vorbildern (sic!) beschäftigen, hieß es. Dennoch hier lieber eine Episode der Hannah Montana-Staffel 2, mit typischen Geschwisterproblemen.

Erweiterte Irreführung durch die Gummihand

Sonntag, 06. März 2011

Das klassische „Gummihand-Experiment“ besteht darin, dass ein Proband vor sich auf dem Tisch einen Gummiarm mit Gummihand liegen sieht, der seiner sein könnte, während die eigene Hand unter dem Tisch verborgen ist. Werden nun sowohl das Imitat als auch die echte Hand simultan mit einem Pinsel gestreichelt, stellt sich der Eindruck ein, die sichtbare künstliche Hand sei die eigene. Schwedische Forscher haben dieses Experiment nun dahingehend erweitert, dass der echte und der Kunstarm sichtbar nebeneinander lagen, während sie beide gestreichelt wurden. Anstatt dass das Gehirn aber in Konflikt gerät, welches der richtige Arm sei, werden alle beide (insgesamt also alle drei Arme) als körpereigene empfunden.

Kölner Stadt-Anzeiger, 05.03.2011, Titel: Die Illusion des dritten Armes

Dass der Kunstarm tatsächlich als eigener wahrgenommen wurde, überprüften die Forscher um Arvid Guterstam und Studienleiter Henrik Ehrsson vom Karolinska Institutet in Stockholm, indem sie mit einem Messer auf die echte und auf die Kunsthand zielten. In beiden Fällen zeigten die Teilnehmer die gleichen unbewussten Stressreaktionen wie etwa einen Schweißausbruch.

Die Illusion des dritten Armes könnte nach Ansicht der Forscher in Zukunft beim Prothesenbau nützlich werden. Visionäre denken bereits an den Einsatz von Zusatzextremitäten, die den Menschen ähnlich wie in der Buddha-Darstellung ermöglichen, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Doch die Wahrnehmung (oder die experimentelle Wahrnehmungsstörung) ist eine Sache, die tatsächliche Anbindung und willentliche Steuerung solcher Zusatzwarme wäre nochmal eine ganz andere Sache.

Die Gummihand-Illusion wird übrigens auch in philosophischen Überlegungen berücksichtigt, um klassische Konzepte des Selbstbilds zu hinterfragen. Zur Erläuterung hier ein visueller Eindruck des Versuchsaufbaus:

Wirksamer Glaube

Freitag, 04. März 2011

Der Placebo-Effekt (lat. placebo gleich „ich werde gefallen“) ist noch weit größer als bisher angenommen. Denn auch das Gegenteil des klassischen Placebo-Experiments ruft erstaunliche Ergebnisse hervor. Während üblicherweise verabreichte Scheinmedizin ohne Wirkungsstoffe dennoch hilft, ist es umgekehrt auch so, dass sogar die Kraft wirkungsstarker Medikamente völlig ausgehebelt werden kann, wenn der Patient nicht an den Erolg der Therapie glaubt.

Rheinische Post, 01.03.2011, Titel: Wer Pillen misstraut, wird mit schwacher Wirkung bestraft

Die eine Seite der Medaille ist, dass die Bundesärztekammer nun empfohlen hat, dass Ärzte mehr Placebos verschreiben sollen. Dies bringt manche Ärzte möglicherweise in einen Gewissenskonflikt – immerhin sollten die Patienten doch weitgehend mündig behandelt werden.  Doch die Argumentation er scheint schlüssig: Insofern als Placebos helfen, können sie auch als medizinische Hilfsmittel eingesetzt werden. Die andere Seite der Medaille aber ist – wie oben angedeutet – dass der Glaube der Patienten an den Therapieerfolg einen noch entscheidenderen Einfluss auf ihren Verlauf hat als bisher angenommen.

Forscher des Universitätsklinikums Hamburg haben in „Science Translational Medicine“ einen verscuh mit 22 gesunden Probanden zwischen 20 und 40 Jahren durchgeführt. Sie wurden mehrfach für einige Sekunden einem kontrollierten Hitzereiz ausgesetzt, der zu einem mittleren bis starken Schmerz führte. Parallel dazu erhileten sie ein stark wirksames, opioidhaltiges Schmerzmittel.  Wer nicht wusste, dass er ein Schmerzmitztel erhielt, empfand eine Linderung. Bei demjenigen, der es wusste, verdoppelte sich die schmerzlindernde Wirkung. Wer jedoch gesagt bekam, dass er keine Therapie mehr erhält und der Schmerz zunehmen könnte, bei dem wurde der schmerzlindernde Effekt gänzlich aufgehoben.

Eine zeitgleich vorgenommene funktionelle Magnetresonanztomografie bestätigte dieses Ergebnis: Die persönliche Erwartung beeinflusst dramatisch den Effekt des Medikaments. Dies zeigen die relevanten Schaltstellen des schmerzverarbeitenden Systems wie Thalamus, Insel und somatosensorischer Kortex. Die hauptverantwortliche Neurologin Ulrike Bingel hält die Erkenntnis für relevant vor allem in Bezug auf die Behandlung von Schmerzpatienten. Beid er Auswahl der Therapie könne es schon helfen, Patienten intensiver und gezielter über ihre Erkrankung und Behandlungen aufzuklären, um positive Erwartungen zu wecken und negative zu vermeiden.

Vor gut einem Jahr sprach Doktor Ellis Huber in Deutsche Welle TV über den Placebo Effekt, wonach die Wirkung der mentalen Kräfte unterschätzt würde.

Kommunikationswelten der Geschlechter

Donnerstag, 24. Februar 2011

Wenn es darum, miteinander zu sprechen, befinden sich Männer und Frauen offenbar in unterschiedlichen Universen. Einer neuen Studie zufolge steht fest: Frauen und Männer haben verschiedene Gesprächs-Interessen und legen dabei aktuell auch unterschiedliche Tendenzen an den Tag: während junge Frauen kommunikativ deutlich aufgeholt haben, haben junge Männer hingegen deutlich nachgelassen.

Kölner Stadt-Anzeiger, 24.02.2011, Titel: Männer reden gerne über Sport

Das Institut für Demoskopie in Allensbach hat die Studie  im Auftrag von Jacobs Krönung durchgeführt und in der Reihe „Gesprächskultur in Deutschland“ im Verlag Axel Springer in Berlin veröffentlicht. Präsentiert wurden die zentralen Ergebnisse von Amelie Fried und Renate Köcher.

Demnach konzentrieren sich besonders junge Männer zwischen 16 und 29 Jahren sehr stark auf wenige Lieblingsthemen – allen voran Sport, Filme, Musik, Neues aus dem Freundes- und Bekanntenkreis und Autos. Ein so enges Spektrum weisen sonst nur über 60-jährige Männer und Frauen auf. Vor zehn Jahren zeigten sich gerade die unter 30-jährigen Männer noch überproportional vielseitig interessiert. Heute jedoch ist laut Studie ein rückläufiges Interesse insbesondere an Politik, Wirtschafts- und Finanzfragen zu konstatieren.

Junge Frauen dagegen seien an einem überdurchschnittlich breiten Spektrum an Themen interessiert, zu denen auch typische Männerthemen gehörten. Als „sehr kommunikativ“ bezeichneten sich nur 21 Prozent der männlichen Befragten zwischen 16 und 29 Jahren, jedoch 47 Prozent der Frauen in diesem Alter. Die Schlussfolgerung der Studienmacher lautet:  „Unter 30-jährige Frauen haben also auf die Überholspur gewechselt, während junge Männer in Sachen Kommunikation offensichtlich Nachholbedarf entwickeln.“

Eine weitere interessante Erkenntnis ist, dass die Stereotypen der Wirklichkeit nicht standhalten: Während fast die Hälfte aller Befragten glaubt, die besseren Gespräche fänden mit Geschlechtsgenossinnen und -genossen statt, ist es nur ein Drittel der Befragen, das diese Ansicht gemäß persönlicher Erfahrung  teilt. Auch das verbreitete Vorurteil, dass sich Männer in Gesprächen besser durchsetzen könnten, wurde nicht bestätigt.

Männer wollen zweierlei

Mittwoch, 16. Februar 2011

„Männer wollen nur das Eine“, heißt es als Vorurteil im Volksmund, nicht immer zu Unrecht. Doch jetzt hat eine Umfrage der Zeitschrift Eltern ergeben, dass sich 70 Prozent der kinderlosen Männer „auf jeden Fall“ oder „vielleicht“ Nachwuchs wünscht. Bei den Frauen sind es nur 61 Prozent. Ohne Ursache und Wirkung zu verwechseln, lässt sich also sagen, die Männer wollen zwar nur das Eine, trachten damit aber (immerhin zu 70 %) nach etwas Anderem. Daher die Überschrift.

Kölner Stadt-Anzeiger, 15.02.2011, Titel: Männer wollen Kinder

Die eigentliche Erkenntnis der Studie: Im Wesentlichen bestimmt weniger das Geschlecht, als vielmehr das Alter den Kinderwunsch. – Auf den überaschenden Aufmacher wollte dennoch keiner verzichten. – Im Alter zwischen 25 und 29 Jahren beträgt der Kinderwunsch geschlechterübergreifend 86 Prozent, bei den über 40-Jährigen dagegen nur noch 36 Prozent. Für die vom Meinungsforschungsinstitut Forsa umgesetzte Studie wurden mehr als 1000 Männer und Frauen in Deutschland befragt, die keine leiblichen Kinder haben.

Als Gründe für mangelnden Nachwuchs gaben die die jüngeren Befragten bis 29 Jahre mehrheitlich die finanzielle Lage (79 Prozent) und den Beruf (67 Prozent) an. Top-Angabe de Befragten ab 35 Jahre war der fehlende Partner (59 Prozent) bzw. es habe „einfach noch nicht geklappt“ (44 Prozent). Nicht einmal die Hälfte aller Männer und Frauen würden sich über eine ungewollte Schwangerschaft freuen. Klar scheint die vorherrschende Meinung, dem Wunsch nach einer perfekt Lebensplanung stehen Kinder im Wege! 

Weiterhin wurde auch ein Stimmungsbild in Bezug auf die gesellschaftlichen Bedingungen abgefragt, das einmal mehr bestätigt: Kinderkriegen ist heutzutage Luxus und keien Selbstverständlichkeit mehr. Natürlich ist es einfach, die Schuld für einen unerfüllten Wunsch außerhalb zu suchen, aber die Zahlen , welche Faktoren die Entscheidung für ein Kind erschweren, geben doch Anlass zu Sorge:  Unsichere finanzielle Lage oder Sorge um den Arbeitsplatz  (86 Prozent), berufliche Leistungen würden gesellschaftlich höher bewertet ( 81 Prozent),  Alltag ohne Kinder sei bereits anstrengend genug (79 Prozent),  fehlende Vereinbarkeit von Beruf und Familie (77 Prozent).

Die „Eltern“-Chefredakteurin Marie-Luise Lewicki forderte deshalb ein Umdenken bei der Arbeit weg von einer „Anwesenheitskultur“ zu einer flexibleren „Leistungskultur“. Dabei ist es doch gerade die Leistungskultur, die den Kinderwunsch beschneidet. Unstrittig jedoch, dass über das Thema Familie wieder mit Selbstverständlichkeit gesprochen werden müsse. 

Vielleicht gehört auch ein wenig mehr Augenzwinkern in die Familienplanung, indem wir uns darüber bewusst werden, was wir am Partner des anderen Geschlechts haben und was nicht – ganz davon zu schweigen, was wir an Kindern haben! Einen kleinen Hinweis zur passenden Einstellung gibt Loni Heuser im Lied „Du musst die Männer schlecht behandeln“.

Reisen erweitert das Schablonen-Wissen

Samstag, 12. Februar 2011

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen – hieß es früher. Heute heißt es, dann wird sich seine Gehirnleistung verbessern! Was auf den ersten Blick erst mal gedanklich sozusagen vor den Kof stößt, erweist sich bei näherem (oder weiteren) Nachdenken als einleuchtend. Bei einer häufigeren Änderung der Lebensumstände muss sich der Verstand darauf einstellen und flexibel reagieren. Zudem kann die Begegnung mit anderen Kulturen zu einer größeren Aufnahmebereitschaft neuer Einflüssse führen – so meine laienhafte Erklärung. Tatsächlich aber hat der Hirnforscher und Lernpsychologe Kristian Folta von der Stiftung Universität Heidelberg herausgefunden, dass Kinder, die oft auf Reisen sind, leichter lernen.

Kölner Stadt-Anzeiger, 11.02.11, Titel: Reisen verbessert Strukturfähigkeit des Gehirns

Die Meldung stammt aus dem Sonderheft „Reisen mit Kindern 2011“ von GEO SAISON extra und BRIGITTE, darin wird der Forscher unter anderem zitiert: „Tendenziell gilt: Je größer der Unterschied, desto intensiver die Lernerfahrung. Andere Sprachen, Tiere, Farbe, Düfte, Geräusche – Vielfalt entscheidet. Und die können Kinder auch in Deutschland und Europa reichlich erleben.“ Demnach spielt sich aber die eigentliche Reifeleistung des Gehirns mehr oder weniger unbewusst ab: Fremde Reize „brennen sich ein“, heißt es, „und verbessern die Fähigkeiten des Gehirns, sich zu strukturieren“. Dieser Prozess sei auch beim Wissenserwerb von Schulkindern ganz ähnlich, das Einordnen und Dioffernezieren von Sinneseindrücken erfolgt mithilfe so genannter Schablonen, deren Anzahl sich mit jeder neuen Erfahrung erweitert.

Das ist natürlich eine ernüchternde Neuigkeit, dass sich unser Wissen – im Erklärungsmodell – lediglich mit Schablonen bildet. Immerhin erfreulich, dass wir selber etwas tun können (für unsere Kinder, aber auch für uns selbst), diesen satz an Schablonen durch „Öfter mal was Neues!“ deutlich zu erweitern!

Aus Leseratten werden Brillenschlangen

Freitag, 11. Februar 2011

Lesebrillen gelten für viele Mencvhen als ein untrügliches Zeichen des Alterns. Das hat jetzt eine Umfrage der Apotheken-Umschau ergeben. Fast noch interessanter als die Meldung selbst, ist der Weg, auf dem sie ihren Weg hierher gefunden hat: Von der Internetseite der altehrwürdigen „Rentner-Bravo“ über die Tageszeitung wieder zurück ins Internet, mit jetzt schon zwei Tagen Zeitverzögerung. Aber natürlich auch: Durchs Lesen!

Kölner Stadt-Anzeiger, 11.02.11, Titel: Lesebrille gilt für viele als Altersanzeichen

Da Lesen ja allgemeinhin als bildend gilt und es auch einen sehr amüsanten Zeitvertreib darstellt (ist es nicht lustig, wenn Leute mit hochrotem Kopf oder plötzlich laut lachend in eine Lektüre vertieft sind?), wäre es doch jammerschade, wenn diese Tätigkeit mit zunehmenden Jahren nachlassen würde. Dafür gibt es bekanntlich Lesebrillen. Da kann man noch und nöcher Prozent Sehschärfe haben, abends lässt mit zunehmendem Alter einfach schon mal die „Spannkraft“ der Augen nach. Da helfen schon Billigbrillen im Drogeriemarkt „Over the Counter“ wie man so schön sagt, besser ist sicher mal eine Untersuchung beim Augenarzt.

Aber zurück zur Studie: Etwas mehr als die Hälfte der Deutschen (56 Prozent) hält eine Lesebrille für ein untrügliches Zeichen des Alterns. Von den Nutzern dieser Sehhilfen empfindet sie sogar fast jeder dritte (31,5 Prozent) als lästig. Allerdings gaben 42,3 Prozent an, ihre Lesebrillen sogar an mehreren Orten immer griffbereit zu halten. Ist dann aber – wie es der Pressetext nahelegt – die Jugend tatsächlich vorbei? Nein! Denn gerade das Lesen hält uns jung, führt uns zurück in die Phantasiereisen unserer Kindheit, lässt uns die Abenteuer auf dem Weg des Erwachsenwerdens im neuen Licht erscheinen und schafft uns geradezu Erlebnisse, selbst wenn sie nur im Kopf stattfinden.

Wenn also aus Leseratten Brillenschlangen werden, unverrückbar in der Liebe zum Wort, dann ist das eine Metamorphose, die von Reife zeugt, und die  neue Perspektiven und noch schönere Leseerlebnisse verspricht! Zu sagen, die Reviolution fresse ihre Kinder (weil gewisse Schlangen bekanntlich Ratten verzehren), hielt ich in diesem zsuammenhang für übertrieben. Aber das Akltern (wie ich momentan noch nahe bei der Mitte des Lebens denke) eröffnet Chancen der Neubetrachtung und Neubewertung der früheren Erfahrungen – und auch dabei hilft das Lesen sehr!

Die Macht des geführten Griffels

Mittwoch, 02. Februar 2011

Hatte ich noch vor kurzem an dieser Stelle leichtfertig den aus dem Kartenspiel bekannten Spruch „Wer schreibt, der bleibt“ angeführt, so behandelt dieser Eintrag nun dei Macht des handschriftlich geschriebenen Wortes gegenüber dem Tippen auf der Tastatur oder andern modernen Lernmethoden. Jüngst habe ich dazu im Kölner Stadt-Anzeiger eine Kolumne der Rubrik „Universum“ von Sabine Etzold entdeckt, die eben um dieses Thema ging.

Kölner Stadt-Anzeiger, 31.01.2011, Titel: Wer schreibt, der merkt sich was

Die Autorin bezieht sich auf aktuelle Studien norwegischer und französischer Forscher (handschriftliche Bearbeitung schlägt beim Lernerfolg das Erfassen über die Tastatur) und von US-Forschern (Abfragen von Stoffen hält mehr in Erinnerung als etwa eine Mind-Map anzulegen). Bei beiden Durchführungen der Studien behielt die klasssiche Lernmethode die Oberhand über der modernen, technikbezogenen Methode.

Die Erklärungen sind noch nicht befriedigend, heißt es weiter, die europäischen Forscher führten den Zusammenhang zwischen Motorik und Kognition ins Feld (mit der Bweegung des Schreibgeräts), die US-Forscher vermuten eine besondere Qualität in der (häufigen) Wiederholung  eines Stoffes, die über das Reproduzieren hinaus gehe und den Lerneffekt vergrößere.

Vielleicht liegt da ein ähnliches Phänomen wie in der Homopathie zugrunde, wo sich durch wiederholte Potenzierung (Verdünnung) von Wirkstoffen ihr Wirkungsgrad erhöht. Vielleicht lösen wir uns in einem esoterischen Sinn durch andauerndes – gebetsmühlenhaftes – Repetieren von Worten (fast wie bei einem Mantra) vom eigentlichen Wortsinn des Gesagten ab und sie gewinnen dadurch eine neue, tiefergehende Bedeutung?  Vielleicht ist es aber auch nur der Stumpfsinn, der regiert, wenn wir immer und immer wieder das gleiche sagen und schreiben.

Sabine Etzold schlussfolgert, für den Schüler lautet die beruhigende Botschaft: Althergebrachte Lernmethoden scheinen wunderbar zu funktionieren, Experimentieren überflüssig. Allerdings: Lernmethoden sind auch immer nur so gut wie der Wille, sie gezielt und konsequent anzuwenden. Insofern Experimentieren auch erwünscht und nicht nur Altes weiterreden und weiterschreiben, donern auch mal etwas Neues wagen, und sei es im Sprachlichen selbst (für meinen Teil arbeite ich auch noch daran).