Archiv für die Kategorie ‘Psychologie’

Wir wären gut anstatt so roh…

Dienstag, 09. August 2011

Erst gestern hatte ich an dieser Stelle die modernen Berufsbilder in einer Online PR-Agentur bestaunt. Da lässt sich noch eine andere Betrachtung anschließen, ebenfalls aus der Süddeutschen Zeitung vom Wochenende: Wer weit nach oben kommen möchte, muss offenbar schlechte Charaktereigenschaften haben. Das ist der Tenor des oben verlinkten Artikels, der unter diesem Titel in der Printausgabe erschien:

Süddeutsche Zeitung, 06.08.11, Titel: Unter Männern

US-Psychologen der Norte Dame University in Indiana haben vier Studien miteinander verglichen und sind zu dem Schluss gekommen: „Wer nett ist, verdient weniger und wird seltener für Managementposten vorgeschlagen.“ Das Ergebnis haben sie im aktuell erscheinenden Journal of Personality und Social Psychology veröffentlicht.

Die weniger freundlichen Männer sind in Verhandlungen effektiver und erreichen mehr. Frauen dagegen können sich anstellen wie sie wollen, ihre Gehaltssteigerungen sind nicht signifikant und sie verdienen sogar als böse Biester noch deutlich weniger als die nettesten Männer. Gleichzeitig müssen Frauen, die sich knallhart geben, üble Nachrede fürchten. Dadurch würden sie, wie es weiter heißt, zu der „zwiespältigen Kommunikation“ gezwungen, klare Fordungen hart, aber freundlich zu verfolgen.

Die Freundlichkeit im Berufsleben hört vermutlich immer dann auf, wenn es ernsthaft um geschäftliche Belange geht. Sollte ich da charakterlich vielleicht sogar ein wenig stolz auf mich sein, mich als Loser zu fühlen? Dazu fällt mir Bert Brechts Ballade „Über die Unsicherheit menschlicher Verhältnisse“ ein, worin es gegen Ende so passend heißt:

„Wir wären gut – anstatt so roh,
doch die Verhältnisse, sie sind nicht so“

Time for a Time-Out

Mittwoch, 20. Juli 2011

Nicht nur bei einigen Team-Sportarten ist es ratsam, von Zeit zu Zeit eine Auszeit zu nehmen – wie z.B. beim Basketball, beim Handball oder beim Ultimate Frisbee – sondern auch beruflich. Darauf weist heute Dr. Hermann Paulus, Chefarzt der Oberbergklinik im Weserbergland, im Interview im Magazin des Kölner Stadt-Anzeigers hin (noch nicht online). Wer sich jederzeit erreichen lässt, läuft Gefahr, dauerhaft gestresst zu sein, Bluthochdruck zu bekommen oder gar einen Burnout zu erleiden. Und das wollen wir doch nicht…

 Kölner Stadt-Anzeiger, 20.07.11, Titel: Mailpause am Strand

In den zeiten, als es noch nicht die modernen Kommunikationsmittel gab, war der Urlaub noch tatsächlich zum Entspannen dar. Und es hat sogar funktioniert. Heute liegen dagegen häufig zwei Missverständnisse vor: Zum einen glaubt der Mitarbeiter, unverzichtbar zu sein. Zum anderen glaubt der Chef, ihm „gehörten“ die Mitarbeiter, sodass er auch außerhalb der Arbeitszeiten über sie verfügen könnte. Beides ist falsch. Die Trennung zwischen Privatem und Beruflichem ist rein gesundheitlich schon sehr wichtig, zu allererst natürlich aus psychischer Sicht.

„Urlaub“ stammt als Begriff von dem Wort „Erlaubnis“ ab, das heißt, wir dürfen so frei sein und abschalten, ganz im Wortsinn, auch das Handy abschalten. Ein weiteres Missverständnis nämlich ist, dass uns das ewig angeschaltete Smartphone Omnipotenz und Freiheit verliehe – in Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall: Wir machen uns abhängig von einem Statussymbol und damit unfrei. Ach ja, in dem Zsuammenhang wollte ich schon mal ankündigen – für alle meine „Stammleser“ – Ende der Woche mache ich auch Urlaub und werde wenigstens eine Woche lang offline sein, wenn ich es denn schaffe… 😉

Hier ein eindringlicher Sensationsbericht von „Welt der Wunder“ auf RTL II aus dem Sommer 2009 zur „Krankheit der Sieger“, dem Burnout-Syndrom:

Mit Ausreden sind wir schnell dabei

Montag, 18. Juli 2011

Aus dem Sport kennen wir diese Argumentation: Im Falle eines Sieges hat alles gepasst, der Sportler war in Top-Form, das Training hat sich ausgezahlt, der Dank geht an alle möglichen Helfer – wohl wissend, dass doch er selbst die Leistung erzielt hat und nun gefeiert wird. Im Falle einer Niederlage gestehen sich aber die wenigsten Sportler oder Trainer leicht Fehler ein. Das Wetter war schuld, der psychologische Druck, gerne auch die Medien.

Nicht viel anders ist es in der Wirtschaft und im täglichen Leben, wie Rolf Dobelli, Gründer und Kurator des Forums “Zurich.Minds”, in seiner montäglichen Rubrik „Klarer denken“ in der FAZ erläutert.

FAZ, 18.07.11, Titel: Warum wir nur für Siege und nie für Niederlagen Verantwortung tragen

Mit schönen Beispielen deckt der Autor den Denkfehler der Selbstbestätigung („self serving bias“) auf. In Geschäftsberichten von Konzernen ist für Wachstum stets das Management zuständig, für Verluste aber sind es äußere Umstände (Wirtschaftskrise, Wechselkurseffekte, Verbraucherverhalten u.a.m.). So nannte sich der CEO von lkehmann Brothers Richard Full, angeblich gerne „Master of the Universe“, allerdings nur bis 2008.

Schon in der Schule neigen wir dazu: Die Eins hab ich mir verdient, die fünf lag an der schweren Prüfung, die so gar nicht angekündigt war… Derart lassen sich für jede Entwicklung schützende Argumente finden, warum es wohl so ist, wie es ist, und warum ich beim schlechten Ausgang nichts dafür kann. Weitergehend stellt Rolf Dobelli eine systematische Selbstüberschätzung fest, so z.B. bei den Uni-Eignungstests von US-Schülern, deren Ergebnis einer Untersuchung zufolge schon nach einem Jahr immer besser angegeben wird als er wirklich wahr. Das erinnert an den größten bisher gefangenen Fisch, der ebenfalls in der Erinnerung weiter wächst.

Auch in Ehen bewerten Frauen und Männer ihren Anteil am Gelingen der Partnerschaft regelmäßig mit über 50 Prozent. Diesem sehr menschlichen und bequemen Denkfehler zu begegnen bedarf schon einer starken Willenskraft. Glücklich, wer Freunde hat, die einem die ungeschminkte Wahrheit sagen, meint der Autor. Wenn nicht, sollte man sich seinen Feind zum Kaffeetrinken einladen. Was er über mich zu sagen hat, dürfte meist weit aufschlussreicher und wir sollten solchen Erkenntnissen gegenüber aufgeschlossen sein.

Selektive Wahrnehmung leidet im Alter

Freitag, 15. Juli 2011

Eine neue Studie des Neurologen Benedikt Grothe an der Uni München belegt, dass ältere Mitmenschen nicht nur deshalb Probleme haben, Nebengeräusche auszublenden, weil ihr Hörvermögen allgemein nachlässt. Vielmehr handelt es sich offenbar um ein Missverhältnis bestimmter Botenstoffe, die Informationen zwischen Nervenzellen übertragen. Daher fällt es bereits ab dem 40. Lebensjahr zunehmend schwerer, sich bei einer hohen Gesamtlautstärke auf genau einen Sprecher zu konzentrieren. Das hat jüngst die Welt berichtet (in der Print-Ausgabe etwas ausführlicher), unter Berufung auf einen Beitrag im „Journal of Neuroscience„.

Die Welt, 14.07.11, Titel: Das alternde Gehirn beeinträchtigt Gehörsinn

Das steht ganz im Gegensatz zum häufiger bedienten Mythos bei Vampiren, denen die Fähigkeit zu eigen sein soll, sich gezielt auf Gespräche auch in weiter Entfernung zu konzentrieren (wie mit einem Richtmikrofon). Aus eigener Erfahrung (nicht als Vampir, sondern als Radioredakteur) kann ich belegen, dass ich früher wunderbar bei Musik arbeiten konnte. Noch weiter zurück gedacht war es als Schüler auch selbstverständlich, bei laufendem Radio sich durch den Berg Hausaufgaben zu quälen.

Heute herrscht dagegen bei der Arbeit Stille. Ich kann nicht verbergen, dass auch ich die 40 bereits überschritten habe. Wirklich spannend an der Veröffentlichung finde ich jedoch, dass dadurch die Therapie altersbedingter Hörverluste von Grund auf umgekrempelt werden könnte. Vielleicht ist es oft ja gar nicht so, dass Oma oder Opa nur das hören, was sie hören möchten. Möglicherweise können sie manches einfach nicht selektiv wahrnehmen, weil die jüngeren Generationen einfach zu laut sind (ist doch sowieso eines unserer Grundprobleme, dieser dauernde Geräuschpegel). Oder irre ich mich da etwa? Bin ja schon still.

Träume sind Räume

Montag, 11. Juli 2011

Mädchen messen Träumen eine größere Bedeutung zu als Jungen, hat eine neue Studie der Universität Basel ergeben. Demnach haben dei Fiorscher einen klaren Geschlechtsunterschied in Hinblick auf Träume festgestellt, dessen Zentraler Punkt in verschiedenen Zeitungen am Wochenende so herausgetsellt wurde:

Kölner Stadt-Anzeiger, 09.07.2011, Magazin: Mädchen erinnern sich besser an Träume

Rund 5.600 Jugendliche aus verschiedenen Schulformen wurden für die Studie ausführlich befragt. Als Ursache für die bessere Traumerinnerung wurde der allgemein schlechtere Shlaf von Mädchen angegeben. Weil sie öfter ihren „Wach- und Bewusstseinszustand“ wechseln, wie es hieß, hätten sie erhöhte Chancen, sich an Träume zu erinnern. Dies ist bei Erwachsenen den Angaben zufolge bereits länger bekannt.

Dabei eröffnen Träume doch regelrecht Räume,
sich selbst  zu fragen, was will mir der Traum sagen?
War jetzt gar nicht als Gedicht gedacht,
aber jetzt hab ich schon mal den Anfang gemacht.
Warum also nicht weiter reimen?
Weil’s hier ums Träumen geht, und nicht ums Reimen.

Ach ja, ich vergaß. Allerdings finde ich es einen sehr ähnlichn Prozess, wie beim freien Texten zu assoziieren, was fällt mir als Nächstes ein? Träume sind unbewusst gelenkte Verknüpfungsketten gedanklicher (Un-)Möglichkeiten. Gerade, wenn wir uns am nächsten morgen die Augen reiben: „Was war das denn?“, gerade dann erscheint mir der Traum besonders wertvoll. Von weiteren Potenzialen des Gehirns beim Träumen ganz abgesehen – bedeutende Musik ist schon im Traum entstanden, schwierigste Mathe-Aufgaben wurden im Traum gelöst, von Wahrträumen einmal ganz zu schweigen.

Das Träumen eröffnet solche Räume, die es wert sind, regelmäßig festgehalten zu werden. Daher kann ich nur jedem wilden Träumer analog zu einem Tagebuch ein Nachtbuch empfehlen. im ein paar der surrealen Gedanken festzuhalten, ehe sie von der „Normativität des Faktischen“ vom Tisch gefegt werden. Nur – zugegeben – es ist schwer, die Traumideen schriftlich festzuhalten, weil die Beschreibungen einzelner Handlunsgabläufe meist gar nicht die Stimmung und die seltsamen Randbedingungen wiedergeben (können), die im Laufe des bewussten Wachzustands nach und nach verblassen. Und dann noch als Junge, der ich doch so gut schlafe wie ein Stein…

Der Stadtneurotiker als Spezies

Mittwoch, 06. Juli 2011

Eine neue Studie, die jüngst in Nature vorgestellt wurde, belegt, dass die Angstverarbeiotung bei Stäödtern wesentlich schlechter ist als bei Menschen auf dem Lande. Das berichtet Dr. Magnus Heier in der Magazin-Kolumne „Aus der Praxis“ des Kölner Stadt-Anzeigers. Demnach hat der Städter in der Amygdala, dem so genanten Mandelkern, einem Angstzentrum in beiden Gehirnhälften,  eine signifikant höhere Aktivität.

Kölner Stadt-Anzeiger, 06.07.2011, Untertitel: Stadtleben verändert messbar das Gehirn

Umgekehrt verhält es sich jedoch in der übergeordneten Region des cingulären Cortex. Je ländlicher ein Mensch ausfgewachsen ist, desto aktiver reagiert dieser Bereich im Experiment. Entscheidend für die Angstverarbeitung ist der Auswertung des behandelten Experiments zufolge die Jugend des Probanden. Hat er sie auf dem Dorf verbracht, neigt er weniger zu psychischen Störungen. Da sist doch einmal eine Aussage! 

Am Ende seiner Ausführungen räumt der Neurologe und Wissenschaftsautor jedoch ein, dass möglicherweise hier Ursache und Wirkung verwechselt würden: Es ist nicht gesagt, dass uns die Stadt ängstlicher macht. Es könnte auch sein, dass genau die ängstlicheren Tyüpen ausgerechnet die Stadt als Lebensform bevorzugen. Sein Resüme: „Wir wissen nichts. Und das ist in der Medzin nicht selten.“

Nur gut, dass es so vielschichtig denkende und umfassend bewanderte Ärzte wie Dr. House (wenigstens im Fernsehen) gibt. Der findet doch alles raus, meistens jedenfalls, egal ob er weiß oder nicht. In der Tat ist gerade das Arbeiten mit Hypothesen aus wissenschaftlicher Sicht hoch interessant, wenn auch am lebenden Objekt nicht immer – sagen wir – beruhigend. Doch nirgends zeigt sich die hohe Verantwortung, der sich ein Wissenschaftler bewusst sein muss, besser als beim Beruf des Arztes. Da tut so eine erfrischend selbstkritische Erkenntnis doch mal richtig gut!

Alte Medien- und Neue Medien-Fallen

Mittwoch, 29. Juni 2011

Es scheint, als fielen diejenigen Botschafter der guten und schlechten Neuigkeiten – ganz gleich, welchem Medium sie sich anvertrauen – immer wieder denselben Verhaltensweisen anheim. Anders gesagt: Die eigene Position der Macht verleitet häufig zum Tunnelblick, wenn es darum geht, andere Machtzentren wahr- und ernst zu nehmen. Anlass für diese reichlich allgemeine Einleitung ist das Resümee des Medienforums NRW von Werner Schwaderlapp, Professor für Medienmanagement an der Hochschule Fresenius Köln, im heutigen Kölner Stadt-Anzeiger (Texthilfe berichtete).

Kölner Stadt-Anzeiger, 29.06.2011, Titel: Zwei Welten prallen aufeinander

Der Autor berichtet von einem Blogger, der die konventionellen Medien mit arabischen Palästen verglich, in denen die Realität nicht wahrgenommen würde, während Margot Käßmann behauptet habe, Zeitungen würden Menschen sehr wohl verbinden, soziale Netzwerke dagegen nicht. Beide Haltungen gehen an den Tatsachen noch deutlich weiter vorbei als der Meteorit, der jüngst nur 12.000 km an der Erde vorbeiflog…

Werner Schwaderlapp kritisiert die Haltung derjenigen Blogger, die glauben, „eine wirkliche wichtige Nachricht erreicht mich auch“. Er kritisiert auch das fehlende (aktive) Wahrnehmen neuer Kommunikationswege durch etablierte Medien. Dabei stellt er abschließend die Frage auf, ob jemanden im „Kommunikationsdorf“ (gemeint ist die „Blogosphäre“) seine Kolumne erreicht. Alleine mit meiner Wenigkeit tue ich ihm gerne den Gefallen, einer der Leser zu sein, die einen Blog betreiben, in den ich diesen Artikel übernehme.

Wer in meinem Blog stöbert, wird feststellen, für mich ist das eine zentrale Art und Weise, in der Zeitung Gelesenes aufzuarbeiten und zur Diskussion zu stellen. Womit ich mich als Zeitungsleser geoutet habe… In der Tat ist einer der Vorzüge des Zeitung Lesens, in den verschiedenen „Büchern“  immer wieder auf Beiträge zu stoßen, die mich interessieren, ohne dass ich es vorher geahnt hätte. Vermutlich ist das auch der tiefere „Sinn des Surfens“: Auf Abwege zu gelangen, Fundstücke zu sichten, die mit der ursprünglichen Intention des Suchvorgangs vielleicht wenig zu tun haben und doch richtig faszinierend sind. „The best of both worlds“, sozusagen.

Die Verknüpfungs-Täuschung

Dienstag, 21. Juni 2011

Wer montags die FAZ in die Hände bekommt, dem kann ich nur (zum wiederholten Male) im Feuilleton die herrlich anschaulichen und meist überraschenden Hinweise von Rolf Dobelli empfehlen, der uns dort regelmäßig auf Tücken des menschlichen Denkens aufmerksam macht. In der jüngsten Ausgabe seiner Rubrik „Klarer denken“ behandelt der Autor, Gründer und Kurator des Forums “Zurich.Minds” den klassichen Denkfehler der „Conjunction Fallacy“ (auf deutsch etwa „Verknüpfungs-Täuschung“).

FAZ, 20.06.11, Titel: Warum die Intuition verführerischer ist als rationales Denken

Dazu der folgende Selbsttest: Welche Aussage erscheint Dir plausibler: a) „Der Flughafen Köln/Bonn ist geschlossen.“ oder b) „Der Flughafen Köln/Bonn wurde aufgrund des schlechten Wetters geschlossen.“ Die meisten Probanden entscheiden sich kurz entschlossen für b). Denn die Begründung vermittelt eine nachvollziehbare Ursache. Allerdings ist die erste Aussage bei weitem wahrscheinlicher (vermutlich nicht wahrscheinlicher in der Zeitung zu lesen, aber wahrscheinlicher, was ihren eigenen Wahrheitsgehalt betrifft). Denn in der Aussage b) ist mit der Schließung des Flughafens die Einschränkung verknüpft, dass dies wegen schlechten Wetters der Fall ist. Tatsächlich kann der Flughafen auch aufgrund zahlreicher anderer Ursachen geschlossen sein, z.B. wegen eines Brandes, eines Bombenalarms, eines Unfalls oder eines Streiks.

Dieses Denkmuster begegnet uns immer wieder. Ein weiteres Beispiel ist der Vergleich der Aussagen „Der Ölverbrauch sinkt um 30 Prozent“ oder „Der dramatische Anstieg des Ölpreises führt zu einer Reduktion des Ölverbrauchs um 30 Prozent.“ Jetzt fallen wir darauf nicht mehr herein. Allerdings taten dies Wissenschaftler beim Versuch von Daniel Kahneman auf einem Kongress für Zukunftsforschung 1982. Der Prognose b) wurde weit stärker geglaubt als der Prognose a). Rolf Dobelli bezieht sich bei seiner Begründung für dieses Denkmuster auf Kahneman, der zwei Arten des Denkens beschreibt: das  intuitive, das vorschnelle Schlüsse zieht, und das langsame rationale. Er empfiehlt, „das Modethema „linke und rechte Gehirnhälfte““ zu vergessen und darauf zu achten, dass das intuitive Denken nicht auf plausibel erscheinende Geschichten hereinfällt, ehe wir einmal näher darüber nachgedacht haben, welche falschen Vorausetzungen darin versteckt sein könnten.

Teenager-Gehirne erkennen Hitpotenzial

Dienstag, 14. Juni 2011

Eine Meldung ganz nach meinem Geschmack: Bereits 2006 hatte Gregory Berns an der Emory University im US-Bundesstaat Georgia eine Stuie zur Gehirnaktivität von Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren durchgeführt. Erst jetzt, als er eines der dabei vorgespielten Lieder in der Casting-Show „American Idol“ wieder entdeckte, dachte er daran, die Ergebnisse nachträglich neu auszuwerten. Das Ergebnis hats in sich:

Kölner Stadt-Anzeiger, 14.06.2011, Titel: Hirn kann Hits voraussagen

Die 2006 bei der Studie vorgespielten Popsongs waren damals insgesamt noch unbekannt. Berns betrachtete sich nun die späteren Verkaufszahlen dieser Lieder aus den Jahren 2007 bis 2010. Sein Ergebnis in Bezug auf die Studie: Je stärker die Gehirnaktivität bei den Jugendlichen in der Großhirnregion des „ventralen Striatums“ war, desto mehr Potenzial hatte das Lied tatsächlich auf dem Musikmarkt. Immerhin ein Drittel der erfolgreichen Songs ließ sich mithilfe dieser Methode nachträglich bestimmen.

Willst Du also wissen, ob ein Lied Hitpotenzial hat, spiele es (am besten US-)Teenagern vor. Vermutlich ist das Gehirn von Jugendlichen einfach unverbrauchter und daher empfänglich für neue Reize. Vielleicht liegt es aber auch nur an einer bewährten Sequenz von Akkorden, verbunden mit einer nachvollziehbaren („catchy“) Melodielinie. Nichtsdestoweniger sollte die Fähigkeit von Teeangern-Gehirnen grundsätzlich nicht unterschätzt werden! Viele Einschätzungen und Beurteilungen sind einfach direkter, unverblümter, möglicherweise ehrlicher. Vielleicht ist ja auch nur das der Schlüssel für die propethische Gabe der Jugendlichen. Etwas Gehirnaktivität kann jedenfalls auch im fortgeschrittenen Alter nicht schaden.

Wer’s glaubt, wird selig!

Donnerstag, 19. Mai 2011

Dass der Glaube Berge versetzen kann, ist so eine Redensart, die die Macht des Glaubens verdeutlicht. Skeptiker halten dagegen, dass glauben eben nicht wissen heißt. Und doch hat der wahre, feste, unerschütterliche Glaube so etwas von bedingungslosem Sich-Hingeben. Von der Wortentstehung her soll Glauben als Partizip des Verbs lieben entstanden sein, hab ich mal gehört. Das hieße: Wer geliebt hat, ist zum Glauben fähig. Dann steht es um die Deutschen vielleicht gar nicht mal so schlecht, wollen wir der folgenden Meldung Glauben schenken:

Kölner Stadt-Anzeiger, 19.05.2011, Titel: Mehrheit der Deutschen ist gläubig

Einer Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des mdr zufolge bezeichnen sich 58 Prozent der Befragten Personen über 17 Jahren als gottesgläubig. 38 Prozent verneinten die Frage, ob sie an einen Gott glauben, vier Prozent blieben unentschlossen. Wie nciht anders zu erwarten ist die West-Ost-Verteilung erheblich: Im Westen glauben zwei Drittel der Deutschen  an Got, im Osten dagegen nur ein Viertel.

Unabhängig vom Glauben gab es jedoch eine noch weitaus breitere Zustimmung zur Bedeutung christlicher Grundgebote wie Barmherzigkeit und Nächstenliebe. Im Westen drückten 91 Prozent ihre Wertschätzung dafür aus, im Osten immerhin auch 86 Prozent. DAS nenne ich eine frohe Botschaft! Unabhängig von der Ausprägung des christlichen Glaubens scheinen gewisse humanitäre Werte (zumindest per Lippenbekenntis) inzwischen doch in einer breiten Schicht der Bevölkerung angekommen zu sein. Mit solchen Werten würde ich mich auch gerne schmücken. Vermutlich gilt im Ersntfall jedoch wieder: Wer’s glaubt, wird selig!