Archiv für Januar 2011

Ich weiß, Du schaffst es!

Montag, 17. Januar 2011

Im Kampf gegen mich selbst kann ich nur bestehen, wenn ich mir eine Chance gebe. Was ich damit sagen will, ist: Wenn es darum geht, eine Prüfung zu bestehen, vor der ich mich wohl möglich fürchte, muss ich immerhin dazu antreten. Ihr fernzubleiben, bringt mich in Sachen menschlicher Reife nicht weiter. Für das Angehen einer ungeliebten Prüfungssituation haben Wissenschaftler jetzt jedoch Hilfe in Aussicht gestellt.

Rheinische Post, 15.01.11, Titel: Strategie gegen Prüfungsangst

Zwei US-Wissenschaftler von der University of Chicago berichten laut Rheinischer Post im Fachmagazin „Science“ darüber, dass ein „sich-die-Prüfungsangst-von-der-Seele-Schreiben“ tatsächlich zu besseren Ergebnissen führt. Wie im gestrigen Eintrag legt das den Schluss nahe: Wer schreibt, der bleibt! Doch bei dem gewöhnlich mit Prüfungen verbundenen Lernstress musst du natürlich erst mal die Zeit finden oder dir nehmen, um dich derart selbst zu thearpieren.

Demnach hilft diese Methode vor allem bei Leuten, die große Prüfungsangst haben. Kleine Ängste finden dabei also offenbar weniger Linderung. Schön ist aber, dass die allermeisten Ängste – und bevorzugt Prüfungssituationen – gerne auch wieder in Träumen auftauchen. Träume scheinen überhaupt ein psychischer Ort zu sein, der für den Reifeprozess des Menschen eine fast ebenso große Rolle spielt wie Prüfungen.

Darum lieben wir ja auch Computerspiele so: Es handelt sich oft um eine Abfolge von Prüfungen, die wie im Traum vorüberziehen. Wir stellen uns diesen Prüfungen (vielleicht auch den damit verbundenen Ängsten) immer und immer wieder, bis wir es schaffen. Ob aber Computerspiellevel zu bestreiten, vor deren Bewältigung ich mich fürchte, etwas zur Minderung der Prüfungsangst beitragen kann, wurde nicht untersucht.

Suggestion oder Autosuggestion ist da meiner Erfahrung zufolge oft die beste Medizin. Ich sage mir immer wieder: „Ich weiß, Du schaffst es!“ – so, wie es früher meine Eltern mir sagten, wenn es um unliebsame Aufgaben ging. Vielleicht kommt das dem Herunterschreiben der eigenen Ängste schon sehr nahe.

Dichterisches Selbstverständnis

Sonntag, 16. Januar 2011

Jeden zweiten Donnerstag gibt die libanesische Lyrikerin und Journalistin Joumana Haddad in der Welt unter dem Rubrikentitel „Auf eine Zigarre“ einen Kommentar zu  aktuellen Themen ab. Die jüngste Veröffentlichung hat mir besonders gut gefallen.

Die Welt, 13.01.2011, Kommenta von Joumana Haddad: Ich dichte, also bin ich

Schon der Titel in Anlehnung an der berühmten Grundsatz des französischen Philosophen René Descartes, stellt vieles klar: Das Dichten als eine Komprimierung von Sinnzusammenhängen, als eine punktuelle ästhetische Formel im Zusammenhang mit bestimmten Themen, Erkenntnissen oder Stimmungen sorgt für eine stärkere Identität der dichtenden Person. Die Descartes’sche Formel besagt, ein Gedankengang setzt das Gehirn voraus, sodass ich an meiner Existenz nicht zu zweifeln brauche.

Das Dichten ist aber mehr als nur ein Vernunft- oder Verstandesakt, es ist eine kreative Bemächtigung, eine Wegmarke, an der andere zwar unachtsam vorbeigehen können, die aber an dieser Stelle des Weges gesetzt wurde und einen eigenen Schaffensakt darstellt. Das Sein wird somit nicht nur als ein „Dasein“ im Sinne eines passiven Dahinvegetierens aufgefasst, sondern als ein aktives, ein schöpferisches und interpretatorisches Ich, das inmitten von komplexen Sachverhalten eine Haltung entwickelt und einnimmt.

Dabei kann die Dichterin oder der Dichter nicht davion abhängen, von vielen gelesen oder whargenommen zu werden. Das ist, was Joumana Haddad an ihrem eigenen Kulturkreis bemängelt: als arabische Dichterin lebt sie nach eigenen Angaben „in einer Weltgegend, in der weniger als 0,1 Prozent der Gesamtbevölkerung von 270 Millionen Menschen überhaupt lesen“, davon lesen nur 40 Prozent Bücher. Von diesen verbliebenen Lesern interessieren sich maximal 9 Prozent für Gedichte. Sie hat es ausgerechnet, das wären gerade einmal 9.720 Menschen. Dabei rühme sich die arabische Welt, mehr als 20.000 Dichter zu ihren Einwohnern zu zählen.

Dies bezeichnet sie zurecht als Ironie. Insofern wäre es auch mehr als vermessen, Gedichte zu schreiben mit dem Hintergedanken, dadurch berühmt werden zu wollen. Was an ihrem dichterischen Selbstverständnis, Gedichte zu schreiben, um zu „sein“, jedoch nichts ändert. Wie heißt es doch oft auch so schön bei Kartenspielen: „Wer schreibt, der bleibt“.

Zwischen Prophetie und Prognose

Samstag, 15. Januar 2011

Dass Vorhersagen wirtschaftlicher Entwicklungen nicht viel genauer sind als das Geraune von Wahrsagern, legt ein Gastbeitrag von John Kay im Handelsblatt nahe. Dazu erklärt Rolf Dobelli in seiner brillanten Reihe „Klarer Denken“ bereits Ende des vergangenen Jahres, welcher klassische Denkfehler sich in Hinblick auf Prognosen häufig einstellt.

Handelsblatt, 10.01.2011, Titel: An der Zukunft scheitern Experten wie Schimpansen

Voraussagen sind vor allem am Jahresanfang sehr beliebt und eigenn sich am Ende des Jahres (bzw. zu Beginn des kommenden) wieder dazu zu erkennen, wo wir überall daneben gelegen haben. Freilich ließe sich einwenden: Jede Entscheidung bedeutet das Verwerfen anderer Möglichkeiten und insofern machen wir uns immer schuldig. Aber halt! Prognostiker zwingt niemand dazu etwas zu behaupten, wozu es eigentlich keine Veranlassung gibt. Aktuelle Trends, meint John Kay, würden gewöhnlich mit übertriebenem Tempo fortgeschrieben.

Das ist einfach zu belegen und insofern gut und billig. Die allermeisten Leser dieser Vorhersagen werden sich in dieser naheliegenden Auffasung bestätigt sehen, weil sie ähnlich Lautendes bereits gehört oder gelesen haben. Ein US-Politologe namens Philip Tetlock jedoch hat 20 Jahre lang Prognosen über geopolitische Ereignisse gesammelt und dabei 30.000 Vorhersagen von 3.00o Experten überprüft. Das Ergebnis lag insgesamt noch unter „Naiven Extrapolationen“, wi es heißt;  das Wissen, das sich dabei als nützlich erwies, war eher selten anzutreffen. Sogar Schimpansen, die per Zufallsprinzip Auswahlen trafen, kamen im Durchschnitt fast an das Ergebnis der Experten heran.

FAZ, 06.12.10, Titel: Warum Sie Ihr Tagebuch zu einem besseren Prognostiker machen kann

John Kay führt weiter an, dass Leute, die mit unbequemen oder schlecht vorstellbaren Vorhersagen richtig liegen, sowohl im Vorfeld anecken, als auch im Nachhinein, wenn sie recht behielten – einfach, weil diese Vorstellung nicht ins Weltbild der „Normalbürger“ passt. Hierzu führt er das sehr plausible Beispiel eines Terrorexperten des Weißen Hauses an, der vor dem 11. September eindringlich vor den Gefahren des Islamismus gewarnt hatte. Die Conclusion des Artikels lautet, dass „handelsübliche“ Vorhersagen die Wirkung der kurzfristigen Veränderungen überschätzten und das Ausmaß des langfristigen (kaum absehbaren) Wandels unterschätzten.

Auf einen anderen Punkt zielt die Folge „Klarer Denken“ von Rolf Dobelli ab, Rückblickend ergibt sich für uns immer ein logisch nachvollziehbares Bild der Geschichte. Allerdings sehen die Prognosen vor einschneidenden Ereignissen meist ganz anders aus, sei es wenn der Autor die Tagebücher seines Großonkels von 1932 aus Frankreich oder die positiven Wirtschaftsprognosen von 2007 – ein Jahr vor der Finanzmarktkrise – liest. Dass sich aber in der späteren Betrachtung alles als äußerst wahrscheinlich erweist, das nennt er den „Rückschaufehler“.

Er bezeichnet ihn auch als das „Ich habs schon immer gewusst“-Phänomen, eine Einstellung, die den Lauf der Welt als möglichst einfach verständlich erscheinen lassen soll, was er aber in den seltensten Fällen ist. Als Beispiele hierfür führt er den CEO an, der durch glückliche Umstände zum Erfolg gekommen ist – er selbst betrachtet diese Entwicklung aber als ganz stringent. Weiter nennt er das Attentat von Sarajewo 1914, das zum Ausbruch des 1. Weltkriegs führte: Wer hätte sich damals eine solche Eskalation vorstellen können? Die Gefahr des omnipräsenten Rückschaufehlers liegt in der Überschätzung der eigenen Fähigkeit Entwicklungen vorherzusehen. Übrigens helfe laut Studien auch die Kenntnis dieses Fehlers nicht davor ihn zu begehen. Aus persönlicher Erfahrung könnte einzig helfen – so der Autor im Rückbezug auf die Tagebücher seines Großonkels – Tagebuch zu führen. Dies könne einem eindrucksvoll die  Unvorhersehbarkeit der Welt vor Augen führen.

Romantik, wissenschaftlich belegt

Donnerstag, 13. Januar 2011

Die Aktivitätsmuster im Gehirn ähneln sich bei Paaren, die schon lange glücklich verheiratet sind und solchen, die gerade frisch verliebt sind. Dieses Ergebnis von Verhaltensforschern der Brook University im US-Staat New York wurde jetzt im Fachblatt „Social Cognitive and Affective Neuroscience“ veröffentlicht. Wenn das mal keine guten Nachrichten sind!

Rheinische Post, 11.01.11, Titel: Langjährige Paare und Frischverliebte ticken ähnlich

Eigentlich sollten wir schon froh sein, wenn nach langen Ehejahren überhaupt noch Gehirnaktivität stattfindet, aber es kommt noch besser: Bei Langverheirateten sind sogar noch weitere Hirnareale aktiv, wie die Rheinische Post mitteilt, nämlich diejenigen für Zuneigung und Paarbindung.

Könnte das damit zusammen hängen, dass Frischverliebte erst mal gar nicht so sehr an die Paarbindung denken, sondern eher nur an den Sex? Doch das würde der Conclusio widersprechen, die da doch lauten soll: Romantische Liebe kann ewig bestehen!

Magenschläge für Murdoch

Donnerstag, 13. Januar 2011

Gleich zwei schlechte Nachrichten für Rupert Murdochs Medienimperium News Corp. in Deutschland: Zum einen hat das soziale Netzwerk „Myspace“ fast die Hälfte seiner mehr als 1.000 Mitarbeiter entlassen, darunter alle in Deutschland beschäftigten, zum anderen ringt der Bezahlsender „Sky“ nach wie vor um ein tragfähiges Geschäftsmodell in Deutschland.

FAZ, 13.01.11, Kommentar: Myspace gibt auf

Die FAZ hat heute interessanterweise beiden Sachverhalten einen Kommentar gewidmet. Zur Aufgabe von MySpace in Anbetracht des übermächtigen Konkurrenten Facebook schreibt Holger Schmidt: „Ein ernsthafter Konkurrent ist im Moment nicht in Sicht.“ Seine Erwartung ist, dass eine mobile Anwendung als die nächste Innovation sich auf ein Übernahmeangebot von Google freuen dürfte. Doch wie sieht der Markt der sozialen Netzwerke derzeit aus?

Im FAZ-Beitrag zum Thema wird der Markt beleuchtet: Geocities wurde 1994 von Yahoo übernommen und 2009 geschlossen. 2002 ging Friendster an den Start, ein Jahr darauf  MySpace, das Friendster schnell überholte und nun von Facebook überholt wurde. 2005 begann StudiVZ (zum Holtzbrinck-Verlag) damit, Facebook Konkurrenz zu machen. Nachdem die Übernahme durch Facebook abgewehrt wurde, stagniert die tägliche Reichweite „bestenfalls“, heißt es weiter, ebenso wie bei anderen deutschen Netzwerken wie Wer-kennt-wen (von RTL) oder die Lokalisten (zu Pro Sieben Sat1). Die spektakulärste Pleite aber war die des Netzwerks Bebo, das AOL für 850 Millionen Dollar gekauft und schließlich für 5 Millionen Dollar verkauft hat.

Übrigens wird MySpace auch weiterhin in deutscher Sprache verfügbar sein, allerdings würden keine neuen Kampagnen mehr eingebucht, wird der bisherige Deutschlandchef Joel Berger zitiert. Erst jüngst hatte MySpace für die Nutzer den Weg mit einem Klick zu ihrem Facbeook-Profil geebnet, was manche Branchenkenner als Kapitulation vor dem Branchenprimus werteten. Zum Vergleich: MySpace hat aktuell rund 100 Mio. Nutzer, Facebook dagegen knapp 600 Millionen. Die News Corp. erwägt US-Medienberichten zufolge MySpace zu verkaufen (Yahoo gilt als Kaufkandidat). Erst jüngst hat die Seite ein neues Erscheinungsbild erhalten und will sich gegen den Mitgliederschwund stärker als Unterhaltungsplattform positionieren.

FAZ, 13.01.11, Kommentar: Fußball statt Wrestling

Gleichzeitig kommt der Bezahlsender Sky nicht aus den Verlusten heraus. Wie Henning Peitsmeier in seinem Kommentar bemerkt, helfe dagegen die Sender-Ankündigung wenig, dass die wöchentliche „TNA Wrestling Show Impact!“ weiter ausgestrahlt werde. Aktuell gibt es offenbar 2,65 Millionen Abonnenten, die Gewinnschwelle könnte frühestens mit 3 Millionen oder mehr überschritten werden. Die nächste Hürde zum Durchbruch sind die anstehenden Verhandlungen über die Übertragungsrechte der Fußball-Bundesliga, in Konkurrenz zu den öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten.

Neues aus der Tierwelt 29

Mittwoch, 12. Januar 2011

Diese Ausgabe erstaunlicher Neuigkeiten aus dem Reich der Tiere handelt von flirtenden Fischen, von Hunden im Schnee und von Haustierkeimen, die sich auch bei Menschen ausbreiten. Dies führt uns schon zu Beginn zu der immer mal wieder hilfreichen Erkenntnis, dass auch der Mensch nur ein besonders gelehriges Tier ist.

Kölner Stadt-Anzeiger, 08.01.2011, Titel: Wie Fische flirten

Geradezu menschlich erscheint das Verhalten mancher Fischmännchen (so des Mexiko-Kärpflings), die die Attraktivität von Rivalen einschätzen und ihr Verhalten danach ausrichten können. Das hatd er Kölner Stadt-Anzeiger unter Berufung auf die Biologen David Bierbach und Martin Plath von der Goethe-Uni in Frankfurt am Main berichtet. Sobald sich ein als attraktiv eingeschätztes Männchen ind er Nähe befindet, zeigen diese listigen Karpfen kein Interesse an ihrem bevorzugten Weibche, sondern nähern sich gezielt einem anderen an. Ziel der Aktion sei, dass ihr bevorzugtes Weibchen dann nicht durch den sexuell aktiv Nebenbuhler weggeschnappt werde. Als solche gelten übrigens besonders große und dann meist auch buntere Karpfen. In der Menschenwelt wird die Größe und Buntheit oft durch entsprechende Automobile dargestellt (Stichwort: Roter Ferrari).

Welt am Sonntag, 09.01.2011, Titel: Kein Schmelzwaser für Hunde

So schön und schneereich der Winter auch war: Eine Gefährdung ergab sich daraus für unsere treuesten Wegbegleiter. Hunde nämlich, berichtet die Welt am Sonntag, sollten kein Schmelzwasser trinken, da es Bakterien oder Viren sowie Schadstoffe und Reste von Streusalz enthalten könnte. Zwar würde nach Angaben des Tierschutzbundes die Magensäure einen Teil der Erreger abtöten, doch stellten Risse in der Mundschleimhaut eine erhebliche Infektionsgefahr dar. Etwas anderes ist es natürlich, wie in Abenteuerfilmen zu sehen, wenn sich der Held mit seinem Hund das Wasser direkt aus dem frischen Schnee holt, damit er und sein Tier was zu schlabbern haben (dann auch Schmelzwasser resp. Kaffee, direkt von der Feuerstelle).

Welt am Sonntag, 09.01.2011, Titel: Haustierkeime unter Menschen

Eine andere Gefahr, die von Haustieren ausgeht, haben Schweizer Forscher beschrieben (ebenfalls unter der Rubrik „Hund, Katz & Maus“ der Welt am Sonntag). Demnach breitet sich das gegen fast alle Antibiotika resistente Bakterium Staphylococcus Pseudintermedicus seit etwa 2005 unter Hunden und Katzen aus und ist jetzt erstmals bei einem Patienten in Bern entdeckt worden. Demnach werden in Zukunft Menschen nicht mehr nur gelegentlich genauso aussehen wie ihr Hund, sondern auch noch dieselben Krankheiten teilen. Wenn das kein Treuebündnis darstellt!

Exzentrischer Soul reloaded

Samstag, 08. Januar 2011

Die Plattenfriama Numero aus Chicago legt seit einigen Jahren die Reihe „Eccentric Soul“ auf, in der sie dem meist nur Spezialisten bekannten Syl Johnson jetzt eine umfangreiche Anthologie gewidmet hat. Darauf hat die FAZ hingewiesen. Die Sammlung von 4 CDs und 6 LPs umfasst 81 Tracks, ist zum Preis von nur 75 US-Dollar zu erwerben (zzgl. Versand- und Zollkosten), birgt manches Schätzchen und bewahrt Leben und Werk des von sich selbst überzeugten Künstlers vor dem Vergessen.

FAZ, 06.01.11., Titel: Ist es, weil ich schwarz bin?

Wie Sven Beckstette in der FAZ berichtet, war alleine das Titel gebende Album im Internet bisher nur mit Glück zu haben und wenn, dann kaum unter 400 Dollar. Daneben sind in dem Paket aber auch ein Booklet über das Leben des Künstlers, seltenes Promomaterial, eine detaillierte Diskographie und Detailangaben zu jedem Stück enthalten. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Was macht diesen 1936 in Mississippi als Sylvester Thompson geborenen Künstler zu etwas ganz besonderem?

Mit 14 ging er nach Chicago und veröffentlichte mit 23 die erste Single als Sänger bei demselben Label Federal, bei dem auch James Brown unter Vertrag stand. Der soll ihm auch zu seinem Künstlernamen verholfen haben. Der Vergleich hält stimmlich stand, wie der Song „Different Strokes“ beweist, den der Sänger selbst zur inoffziellen US-Nationalhymne erklärte:

Als zweites Beispiel seiner außergewöhnlichen Stimme und seines hochrangigen Werks „Let yourself Go“:

 

Zuletzt noch der Titeltrack des ersten politischen Konzeptalbums „Is it because I’m black?“, den auch der Wu Tang Clan für seinen Song „Hollow Bones“ gesampelt hat:

Fernsehen führt nur selten zur Berufung

Freitag, 07. Januar 2011

Die Glotze flimmert, die Kiste läuft, der Apparat sendet. Was aber im Fernsehen den ganzen Tag über läuft, hat nur selten viel mit der Realität zu tun. Das gilt teils für Dokumentationen (die sich vor allem auf Extreme stürzen), das gilt aber vor allem für Fiktionales. So belegt eine neue Studie der Uni Münster, dass TV ein falsches Bild von der Berfuswelt vermittelt. Das ist natürlich besonders bitter für all diejenigen unentschlossenen Jugendlichen, die sich von einem erhöhten Fernsehkonsum tagein tagaus die Erleuchtung erhoffen, was sie denn mit ihrem Leben anfangen sollen.

Kölner Stadt-Anzeiger, 06.01.2011, Titel: Das Gesetz der Serie

Der witzige Titel des entsprechenden Beitrags im Kölner Stadt-Anzeiger von Christian Bos ließ sich auch darauf beziehen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch morgen wieder die Daily Soap der Wahl angeschaltet wird, auch kommende Woche wieder die Lieblingsserie. Die Serien selbst liefern aber jenes Gesetz, wonach Ärzte, Rechtsanwälte und Designer deutlich überrepräsentiert sind in der schönen Welt des hochfrequenten Scheins (von Kriminalkomissaren mal ganz zu schweigen). Unter jungen Leuten dominieren in TV-Serien Angestellte in der Gastronomie, in der Medien- und Modebranche.

In der Pressemitteilung heißt es: „Dieses verzerrte Bild der Berufswelt wirkt sich nachhaltig auf die Berufsvorstellungen Jugendlicher aus: So steigt beispielsweise der Wunsch, im Gesundheitswesen zu arbeiten signifikant mit dem Konsum von gesundheitsbezogenen Serien an.“ Wir sollten uns ein Beispiel an anderen Ländern nehmen, meint Christan Bos. In England spielt die Serie „The IT-Crowd“ etwa im entsprechenden Milieu, während in den USA „The Big Bang Theory“ das Leben von Physikern und Luftfahrtingenieuren schildert. Sowohl Kölner Stadt-Anzeiger als auch die FAZ machen witzige Vorschläge wie neue Serien heißen sollten: „Verzweifelte Mechatroniker“, „CSI Änderungsschneiderei“ (KStA), „Gute Schnitte, schlechte Schnitte“ oder „Car’s Anatomy“ (FAZ). Die kurze Erwähnung in der Rubrik „In medias res“ bei der FAZ beginnt übrigens sehr überraschend:

FAZ, 06.01.2011, Titel: In medias res - Fernsehen bildet

während die Fortsetzung lautet: „sagen fernsehkritische Menschen gern, wenn sie das Gegenteil meinen.“ Zu einem Großteil verhält es sich doch aber so, dass sich Intelligenz meist vermehrt und Dummheit sich konserviert, egal welche Serien bevorzugt werden. Nur, um einen Job zu finden, sollte sich jedweder Kandidat doch einmal vorübergehend von der Glotze wegbewegen. Die Studie ist übrigens nur ein erstes Ergebnis aus einem neu gegründeten interdisziplinären Forschungszentrum für Berufsorientierungs- und Berufsverlaufsforschung.

Von Vorfahrt-Flaggen und Netzneutralität

Mittwoch, 05. Januar 2011

Vor Gott sind alle Menschen gleich. Im Internet sind aber nicht alle Kommunikatoren gleich. Dabei soll hier gar nicht von Kenntnissen der Kommunikationstechnik und von Hackern die Rede sein, die unerlaubt in gewise Dialogprozesse eingreifen. Das Stichwort der gleichberechtigten Datenübertragung lautet Netzneutralität, über die die „Federal Communications Commission“ in den USA wacht. Aktuelle Beiträge im Kölner Stadt-Anzeiger vermitteln, dass es mit der Gleichberechtigung in Zukunft, aber auch schon jetzt nicht mehr weit her ist (online noch nicht verfügbar).

Kölner Stadt-Anzeiger, 05.01.11, Titel: Wie surfen wir in Zukunft

Steffen Haubner fragt in der Magazin-Beilage, wie das Szenario der Zukunft aussehen könnte. Kürzlich hat die FCC bereits entschieden, dass Internetprovider Daten nach Menge und Herkunft unterscheiden dürfen. Hintergrund ist etwa der Vorrang von Datenströmen eines Videoportals, die bevorzugt transportiert werden können, um Übertragungsfehlern in Filmen vorzubeugen.  In der Konsequenz bedeutet das, dass Betreiber schon jetzt für datenintensive Dienste zusätzliche Gebühren erheben könnten.Vor dem Hintergrund des harten Kampfes mit Flatrates zu Dumpingpreisen droht damit das Ende der Netzneutralität. Eien Zweiklassengesellschaft wäre die Folge.

In Deutschland wünscht sich Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, dass die Bundesnetzagentur Mindeststandards an die Qualität von Datendiensten festlegt. Autor Haubner zitiert den Präsidenten der Netzagentur Matthias Kurth, wonach trotz des „nicht unerheblichen Diskriminierungspotenzials“ die Differenzierung von Datenströmen „ökonomisch sinnvoll und Spielräume für Innovationen und die Voraussetzung für neue Geschäftsmodelle schaffen“ könne. Beispiele bereits bestehender „Abweichungen von der Netzneutralität“ wären das Verbot von Handyherstellern Internettelefonie via Skype zu benutzen und höhere Kosten für das Streamen ein- und desselben Films im High Definiton-Format.

Kölner Stadt-Anzeiger, 05.01.11, Titel: Vom Kosmos zur Schildergasse

Zuletzt wird in dem Artikel der Aspekt angesprochen, dass „Netzneutralität nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein demokratisches Thema“ sei. Nach Ansicht des Chaos Computer Clubs werde dagegen bereits in dem Moment verstoßen, wenn der Inhalt eines Paket auch nur betrachtet, geschweige denn das Paket danach unterschiedlich bewertet werde. In einem Kommentar auf den Medienseiten des Kölner Stadt-Anzeigers meldet sich der Rechtsprofessor Rolf Schwartmann zu dieser Sache zu Wort. In Anspielung auf Deutschlands meistbesuchte Einkaufsstraße, vergleicht er das steigende Datenaufkommen mit dem dichten Drängen auf der Kölner Schildergasse.

Alleine in den Mobilfunknetzen verdoppelt sich das Datenvolumen derzeit alle acht Monate, hält er fest, um darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber das „freie und kreative Spiel der Kräfte“ beobachten und dann eingreifen muss, „wenn die Freiheit zum Spielball kommerzieller Interessen zu werden droht“. Die andere Frage ist, ob der Gesetzgeber das kann, auch wenn die EU-Universaldienstrichtlinie dies vorsieht. Die Internetdienste-Anbeiter sind jedenfalls nicht nur technisch dazu in der Lage, Daten mit Vorfahrt-Flaggen zu markieren, sondern sie tun es bereits.

Kampf zweier ungleicher Systeme

Dienstag, 04. Januar 2011

Zum Jahreswechsel hat Axel Postinett im Handelsblatt die Lage der Internetherrschaft unter dieser treffenden Überschrift beschrieben:

Handelsblatt, 30.12.2010, Titel: Mathematik oder Mensch - wem gehört die Internet-Zukunft

Während es noch 2009 so schien, als könne nichts und niemand die Vorherrschaft von Google im internet stoppen (Dominanz im Suchgeschäft, riesige Werbeaufkommen, Einführung des Android-Betriebssystems für Smartphones), haben sich die Verhältnisse im vergangenen jahr verschoben: Facebook ist mit mehr als 560 Millionen Nutzern zur echten Konkurrenz geworden. Zwischen beiden, so Autor Postinett werde sich im neuen Jahr der Entscheidungskampf um die Vorherrschaft im Web abspielen.

Bereits seit August 2010 verbringen die Nutzer mehr Zeit bei Facebook als bei Google, Youtube und Googlemail inbegriffen. Im November wurde festgestellt, dass Facebook 648 Millionen einzelne Nutzer pro Monat hat und damit nicht mehr weit von Google (970 Millionen) und Microsoft (869 Millionen) entfernt ist; Yahoo mit 630 Millionen Nutzern pro Monat wurde bereits überflügelt. Facebook hatte in den ersten drei Quartalen zwar „nur“ 1,3 Milliarden Dollar Umsatz (gegenüber 20,8 Milliarden Dollar im selben Zeitraum bei Google), doch der Trend, so Axel Postinett – spricht hier ganz klar das soziale Netzwerk, eine Kompetenz oder Dienstleistung, die Google abgeht.

Als Grund wird der Umkehr der Werbebranche genannt, wonach Werbung auch im privaten Umfeld akzeptiert und platziert wird. Laut dem Düsseldorfer Unternehmensberater Veit Siegenheim handelt es sich hierbei um einen Kampf der Systeme – während Google versucht alles mit mathematischen Algorithemen zu lösen, setzt Facebook auf die Macht der sozialen Vernetzung. Laut Conscore hat Facebook in den USA bereits die Marktführerschaft bei der Displaywerbung im Netz übernommen (297 Milliarden Bild-Anzeigen gegenüber „nur“ 35 Milliarden bei Google, damit auf Rang 5).