Archiv für die Kategorie ‘Psychologie’

Erinnerungs-, keine Energiebündel

Freitag, 16. März 2012

Die Deutsche Presse-Agentur ist mit der Meldung zu einem psychologischen Versuch angekommen, die bereits vor vier Monaten so ähnlich in der Frankfurter Allgemeinen Sonnatgszeitung stand (ich berichtete hier). Während sich der frühere Bericht auf das Quarterly Journal of Experimental Psychology bezog, ist der Bezugspunkt nun ein entsprechender Bericht in „Psychologie heute„. Mir war doch gleich so, als hätte ich das schon einmal gehört – bevor ich durch die Tür gegangen war…

Kölner Stadt-Anzeiger, 16.03.12, Titel: Gedächtnis endet hinter der Tür

Gabriel Radvansky von der US University of Notre Dame berichtet von einem Versuch, bei dem Probanden damit beauftragt wurden, einen Gegenstand zu holen. Bei gleicher zurückzulegender Distanz vergaßen deutlich mehr Teilnehmer, was sie wollten, wenn sie dabei eine Türschwelle passieren mussten. Der Gang durch einen Türrahmen, so die Schlussfolgerung des Forschers, befördert eine gewisse Art der Vergesslichkeit, die allerdings nicht weiter bedenklich ist. – So verstand ich den Versuch und schrieb dies bereits im November 2011.

Nun aber heißt es, das Gehirn kopple Gedanken häufig an das Zimmer, in dem er entstand (oder gefasst wurde, wie ich lieber sage). Grund hierfür sei, dass das Gehirn Erinnerungspkete bündle, die nicht unbedingt inhaltliche Aspekte zusammenfassen, sondern auch gänzlich „uninteressante“ Rahmenbedingungen wie die räumlichen Gegebenheiten. Entgegen dem möglicherweise verbreiteten Glauben, dass  in so einem Fall die Rückkehr in den vorigen Raum helfe („in den Raum des Gedankens“ – ein sehr schöner Begriff), ist den Versuchsteilnehmern auch dann nicht wieder eingefallen, was sie vergessen hatten. „Einmal archiviert, seien die Gedanken nicht so leicht wieder abrufbar“, heißt es abschließend in der dpa-Meldung.

Es scheint also von Vorteil, besser für längere Zeit im (doppeldeutigen) „Gedankenraum“ zu bleiben oder aber sich flüchtige Gedanken aufzuschreiben, ehe sie dem Vergessen anheim geraten. Denn letztlich steckt hinter dem meisten Willen und der meisten Begeisterung doch ein entsprechender Gedanke, der nicht so schnell „weggeordnet“ werden sollte. „Behalte den Gedanken!“ lautet also die Botschaft, oder noch besser teile ihn, damit er sich weiter entfalten kann – wie der Amerikaner gerne sagt: „Spread the word!“

Optische Täuschung mit praktischem Nutzen

Samstag, 10. März 2012

Die berühmte Ebbinghaus-Illusion setzt zwei Kreise in Vergleich, die zum einen von vielen kleinen Kreisen, zum anderen von weniger größeren Kreisen umgeben sind. Derjenige innere Zirkel, der von den kleinen Kreisen umgeben ist, wirkt dabei deutlich größer. Diese optische Täuschung wirkt sich auf die Leistung von Golfern aus, wie die Süddeutsche Zeitung jetzt unter Berufung auf Psychological Science berichtete. Demnach trafen die Testteilnehmer tatsächlich besser, wenn das Loch von kleinen Kreisen umgeben war.

Süddeutsche Zeitung, 07.03.12, Titel: Illusion gibt Selbstvertrauen

Die Autorinnen Jessica Witt von der OPurdue University und Sally Linkenauger vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen behaupten in ihrem Artikel sogar verallgemeinernd, „Visual Illusions Improve Sports Performance“. Bei dem Versuch schlugen Golfer je zehnmal Bälle auf ein Loch in zehn Meter Entfernung, das durch eine Projektion mit verschieden großen Kreisen umgeben war. Demnach entsprach nicht nur die vorherige Einschätzung der Erwartung, sondern mit der (falschen) Wahrnehmung eines großen Loches stieg auch die Trefferquote. Der Erklärungansatz der Psychologen liegt im gesteigerten Selbstvertrauen aufgrund des vermeintlich besser zu treffenden Ziels.

Visualisierung der Ebbinghaus-Illusion

Ich halte das für ein sehr spannendes Ergebnis, das sich unbedingt in den verschiedensten Sportarten für eine bessere Zielquote einsetzen lassen sollte. Dabei denke ich nicht nur an Schützen verschiedenster Waffengattungen, sondern auch an Ballsportler oder Frisbeesportler, die ihre Würfe zielgerichtet anbringen müssen. Dabei scheint mir die Vorstellung kleiner Kreise nur eine Möglichkeit zu sein um sich auf das Ziel zu fokussieren. Mir persönlich geht es so, dass ich Ziele mit der Frisbeescheibe weit besser anvisiere und treffe, wenn sich dahinter ein Mensch aufhält, zu dem ich in gedanken werfe. Fallen Dir weitere Methoden ein?  

Hier noch einmal die Ebbinghaus-Illusion samt Auflösung in einer kurzen Bildschirm-Präsentation:

Erst kommt das Fressen…

Dienstag, 06. März 2012

Bestimmt hast Du schon den guten Rat gehört: „Nicht einkaufen gehen, bevor Du gegesen hast!“ Angeblich tendiert der Mensch dazu, mehr als nötig zu kaufen. Ähnlich bekannt ist der elterliche Spruch beim Essen: „Da waren die Augen größer als der Magen!“ Diese und weitere Alltagsphänomene könnten nun eine wissenschaftliche Begründung gefunden haben, wenn ich eine entsprechende Meldung aus der Welt einmal etwas weiter interpretiere.

Die Welt, 05.03.12, Titel: Hunger verändert die Wahrnehmung

Der Sozialpsychologe Sascha Topolinski von der Uni Würzburg hat untersucht und festgestellt, dass unter dem Hungergefühl die Mundschleimhaut sensibler reagiert, sodass sich das Essen im Mund größer anfühlt. Hungrige würden aber auch die Buchstaben in einer Buchstabensuppe besser erkennen. Zudem würden Hungrige Portionen auf dem Teller kleiner wahrnehmen als Satte.

Das passt meiner Meinung nach alles ins Bild. Wenn ich Hunger habe, kann die Portion auf dem Teller auf den ersten Blick meist auch nicht groß genug sein. Wenn ich aber schon satt bin udn bekomm eine genauso große Portion hingestellt, dann empfinde ich das eher als Last. Gut, die eigene Mundschleimhaut habe ich darauf noch nciht untersucht, aber hier gilt das Gleiche: Habe ich bereits gegessen, sind die Sinne gewissermaßen abgestumpft – dann beginne ich hja schon zu verdauen. Habe ich aber Hunger, dann „läuft mir das Wasser im Mund zusammen“: Der erste Biss ist oft der beste. Mmmmhhh, schemckt das lecker! ASb der zweiten Gabel habe ich schon fast daran gewöhnt.

Dass aber Hunger die Wahrnehmung verändert, hat aus sozialkritischer Perspektive Ber5tolt Brecht schon vor langer Zeit erkannt, in dem immer wieder gerne ziterieten Klassiker aus der Dreigroschenoper, aus der Ballade über die Frage „Wovon lebt der Mensch?“.

Der Ruf der Ohnmacht

Sonntag, 12. Februar 2012

Zwei Meldungen zum Themenkreis Hirnforschung entbehren nicht einer gewissen Komik: Zum einen haben britische Hirnforscher vor den möglichen Auswirkungen ihrer Forschung gewarnt. Bei der Royal Society in London hieß es, ihre Ergebnisse könnten dazu missbraucht werden, Gedanken zu mainpulieren oder sogar Militärtechnik daraus zu entwickeln. Zum anderen haben Neurologen am Institut für Theoretische Physik an der Uni Frankfurt am Main erklärt, die begrenzte Fähigkeit des menschlichen Gehirns zur Informationsverarbeitung sei der eigentliche Flaschenhals eines weiteren Online-Wachstums.

Kölner Stadt-Anzeiger, 11.02.12, Wissenschaftler warnen vor der Wissenschaft

Die Warnung der brtiischen Hinrforscher hat konkrete Hintergründe: So würden chemische Waffen ausgetüftelt, die Menschen nicht töten, sondern nur kurzzeitig das Gehirn lahmlegen. Das fände bei Massenunruhen oder bei der Jagd nach Kriminellen vielfachen Einsatz. Darüber hiansu wären auch Waffensysteme denkbar, die sich ohne Pilot mittels Gedanken steuern ließen. Sicherlich sind die Hinweise berechtigt. Fraglich ist jedoch, ob sie nicht noch mehr Missbrauch auf den Plan rufen, als er bereits beabsichtigt wird. Die Debatte erinnert ein wenig an die Diskussionen zum Bau der Atombombe, wie sie etwa in Friedrich Dürrenmatts „Die Physiker“ oder in Heinar Kipphardts „In der Sache J. Robert Oppenheimer“ sehr gut zum Ausdruck kommt. Giethes „Zauberlehrling“ beschreibt das Problem ebenfalls sehr treffend: „Die Geister, die ich rief, werd ich nun nicht mehr los!“

Die Welt, 09.02.12: Menschliches Gehirn begrenzt Online-Wachstum

Geradezu tröstlich wirkt dagegen diese Kurzmeldung, wonach die begrenzte Fähigkeit des menschlichen Gehirns, Informationen zu verarbeiten und abzuspeichern, offenbar auch ihr Gutes hat (je nach Sichtweite). Die Physiker vermuten, dass diese Schwöche der eigentlcihe Hinderungsgrund „für das Wachstum global gespeicherter Informationen und Onlinedienste darstellt“, so die Kurzmeldung in der Welt.

Moment mal: Werden nicht täglich Millionen von Files über Facebook verlinkt, über Youtube hochgeladen und immense, ganz unvorstellbare Datenmengen über Cloud Computing abgespeichert? Wenn ich das Abstrakt zum Fachartikel im „European Physical Journal B“ jedoch annähernd richtig verstehe, dann dreht es sich eher um die menschliche Fähigkeit der Aufnahme, Verarbeitung und Nutzung dieser Datenmengen. Wirtschaftliche Marktbedingungen spielten demgegenüber eine deutlich untergeordente Rolle für das Wachstum von Online-Diensten. Ich finde, das hat etwas sehr Beruhigendes.

Für mich verdeutlicht das jedoch die Notwendigkeit, jeweils zu unterscheiden, ist dieses oder jenes tatsächlich interessant für mich? Beschäftige ich mich eingehender damit oder überlasse ich es nicht doch besser gleich dem „Orkus des Datenmülls“?

Love makes the world go ‚round

Sonntag, 05. Februar 2012

Eine tolle Neuigkeit, die Mediziner der Washington University in St. Louis heraus gefunden haben: Demnach haben von ihren Müttern liebevoll behandelte Grundschüler einen besodners großen Hippocampus. Das ist der Ort im Gehirn, der für den Umgang mit Gefühlen und Stress sowie für die Gedächtnisleistung zuständig ist. Wer bisher glaubte, der Hippocampus sei der Ort, wo die Happy Hippos aus dem Überaschungsei studieren gehen, wurde eventuell von seiner Mutter wenig liebevoll behandelt…

Kölner Stadt-Anzeiger Magazin, 03.02.12: Elternliebe lässt das Gehirn von Kindern wachsen

Der umfangreiche Versuch bestand zu Beginn aus Filmaufnahmen des Umgangs von Müttern mit ihren Kindern, anschließend aus dem Ausfüllen eines Fragebogens durch die Mutter, wonach das Kind erst ein Geschenk auspacken durfte. Wie die Mutter während der Wartezeit mit ihrem Kind umging, war ebenfalls Bestandteil des Versuchsaufbaus. Bei einer Magnetrssonanzuntersuchung der Gehirne der Kinder drei Jahre später machten die Forscher die überraschende Entdeckung: Der Hippocampus der besonders liebevoll behandelten Kinder war um fast zehn Prozent größer als der der anderen Teilnehmer.

Das Ergebnis wurde im US-Fachmagazin PNAS (Proceedings of the National Academy of Science) veröffentlicht, worin die Wissenschaftler auf die Bedeutung des Umgangs von Eltern mit ihren Kindern hinwiesen. Demnach hängt nicht nur das Seelenleben, sondern auch (wenigstens in gewissen Bereichen) das Geistesvermögen davon ab. Die gesunde Entwicklung von Kindern werde begünstigt, indem Eltern ihre Kinder förderten und unterstützten. Die Elternliebe sorgt insofern mit dafür, dass sich die Erde weiter dreht, zumindest aus der Perspektive der selbstreflexiven Menschen. Sie sorgt dafür, dass es weitergeht und dass sich die nachkommenden mneschen zu ethisch verantwortlichen, umgänmglichen Exemplaren ihrer Gattung entwickeln.

Oder, umes mit Musik zu sagen, hier der gleichnamige Song zum Blogeintrag von Deon Jackson aus dem Jahr 1965.

Stress geht direkt aufs Denkvermögen

Dienstag, 31. Januar 2012

Ich habe das schon oft erlebt: Eigentlich wollte ich mich gerade einer Sache widmen, während bereits die nächste Arbeit wartet. Genau in dem Moment kommt eine superdringliche Aufgabe rein, die sofort bearbeitet werden muss. Nun sind die anderen Tätigkeiten kaum weniger wichtig, sodass sich sofort ein Symptom einstellt, das sich kurz „Stress“ nennt. Bisher dachten Neurologen, das dabei ausgeschüttete Hormon Kortisol wirke erst nach etwa 20 Minuten. Neue Forschungen an der Universität Trier belegen, der Thalamus wird schon nach wenigen Minuten aktiviert.

Kölner Stadt-Anzeiger, 30.01.2012, Stress belastet das Gehirn sofort

Neurologen der Uni Trier um Hartmut Schächinger haben zusammen mit Ärzten des Brüderkrankenhauses Trier drei Untersuchungen vorgenommen, wobei den Probanden vier Milligramm Kortisol gespritzt wurde und ihre Gehirnfunktionen anschließend elektrophysiologisch überwacht wurden. Demnach löste der Stoff jedesmal bereits nach wenigen Minuten Funktionsänderungen im Gehirn aus. Der Thalamus regelt kurz gesagt den Informationsfluss zum Großhirn und ist auch entscheidend für die Aufmerksamkeit.

Das bedeutet, durch Stress wird unmittelbar auch die Wahrnehmung beeinflusst. Wir sehen unter Stress nicht mehr ganz klar, bekommen gewissermaßen einen Tunnelblick oder bekommen einen panischen Gesichtsausdruck wie gehetzte Tiere. Sicherlich ist ein Mindestmaß an Stress positiv für jeden Erfolg, gewissermaßen Antrieb überhaupt etwas zu tun. Positiver, wohldosierter Stress (so genannter „Eustress“) hält uns motiviert bei der Arbeit. Die Rede ist hier aber von übertriebenem Stress, der zur derzeit häufig zitierten Krankheit des Burnouts führt. Eine andere Frage wäre demnach also, wie wir mit dem täglichen (und vor allem mit außergewöhnlichem) Stress umgehen, damit wir nicht so ausrasten wie zum Beispiel dieser Zeitgenosse…

Verwechslung von Wirkung und Ursache

Donnerstag, 26. Januar 2012

Klassische Fallen der Verwechslung von Wirkung und Ursache liegen im persönlichen Erleben: Eine Frau, die zwei gute Liebhaber mit Haaren auf der Brust hatte, könnte zum Beispiel sagen: „Männer mit Haaren auf der Brust sind tolle Liebhaber“. Der Fehler liegt im so genannten „Halo-Effekt“ (nach dem englischen Wort für „Heiligenschein“), wonach aus einem Aspekt ein Rückschluss auf die Ursache gezogen wird. Ein anderes schönes Beispiel (aus einem ganz anderen Zusammenhang) habe ich in der Welt am Sonntag gefunden.

WamS, 22.01.12, Schlaflosigkeit kann vor Traumata schützen

Während ich meiner Schulbildung zufolge gedacht hätte, nach einem Trauma könnte Schlaflosigkeit die Folge sein, die Ausdruck des Problems der Verarbeitung des Erlebten ist, behauptet Rebecca Spencer von der University of Massachusetts nun etwas Gegenteiliges. Wie sie im „Journal of Neuroscience“ berichtet, belege ihre Untersuchung von mehr als 100 Probanden, schlechter Schlaf schütze davor, dass sich schlimme Erlebnisse tief ins Gedächtnis einprägten.

Nicht viel anders ist es bei der Betrachtung von unternehmerischen Leistungen (die nicht per se schon traumatischen Erlebnissen gleichen müssen): Bei vielen Faktoren, die oft ursächlich für eine guten Performance angesehen werden, handelt es sich in Wirklichkeit nur um Begleit- oder Folgeerscheinungen, wie zum Beispiel die Unternehmenskultur oder die Managementführung. So lange ein Unternehmen alle Rekorde bricht, werden seine Strategie, Akquisitionen, Kundenorientierung u.s.w dafür verantwortlich gemacht – wenn es denn einbricht, sind dieselben (unveränderten) Faktoren auch daran Schuld.

Den Halo-Effekt wurde vor rund 100 Jahren durch den Psychologen Edward Lee Thorndike benannt (weil ein Attribut einer Person alles andere überstrahlt) und ist inzwischen in der Managementliteratur angekommen, Rolf Dobelli („Die Kunst des klaren Denkens“) behandelt ihn und Phil Rosenzweig hat ihm ein ganzes Buch gewidmet („Wie Manager sich täuschen lassen“). Sehr schön gefällt mir das Resümee der Buchbesprechung: „Umsichtige und vorausschauende Manager erhöhen ihre Erfolgswahrscheinlichkeit, indem sie den Unsicherheitsfaktor akzeptieren und bewusst in ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigen.“

Lachen als Medizin, revisited

Montag, 02. Januar 2012

Dass Lachen gesund ist, genügt als Binsenweisheit schon länger nicht mehr. Heute macht Lachen vielmehr gesund! Das soll vermutlich bedeuten: Die meisten von uns sind in ihrer Vitalität eingeschränkt, beschädigt. Daher und weil wir sonst so wenig zu lachen haben, täte es uns gut, öfter mal laut loszuprusten.

Kölner Stadt-Anzeiger, 02.01.2012, Lachen macht robust

Die eingefügte Schlagzeile aus dem Kölner Stadt-Anzeiger bezieht sich auf eine Untersuchung der Universität Oxford, über die die Apotheken-Umschau berichtet hat. Wer viel lacht, ist weniger schmerzempfindlich, lautet das Ergebnis zusammengefasst. Die im Gehirn freigesetzten Botenstoffe reduzieren das Schmerzempfinden.

Für das Experiment wurden Freiwillige vor den Fernseher gesetzt, wobei die eine Hälfte eine Doku, die andere ein Comedy-Format zu sehen bekam. Anschließend wurden ihnen leichte Schmerzen zugefügt. Bei einigen guten Dokus, möchte ich einwenden, gibt es manchmal mehr zu lachen als bei einigen schlechten Comedy-Sendungen. Wenn also die Witze so schlecht wären, dass sie schon wehtun, dann wäre der Proband doppelt bestraft.

In einer Zeitung vom Wochenende hab ich sogar das Bild von indischen Polizisten gesehen, denen ein gemeinschaftlicher Lach-Yoga-Kurs verordnet wurde. Lach nicht! Das gibt es auch schon in Deutschland. Form wird hier gewissermaßen von Inhalt getrennt. Man lacht über nichts, der Vorgang wird sozusagen technisch ausgelöst, um den heilenden Effekt hervorzurufen (wobei man sich – egal, ob als Teilnehmer oder Zuschauer – reichlich befremdet vorkommen mag).

Früher hieß es: „Ich lach mich tot!“, heute heißt es: „Ich lach mich gesund!“

Bereitmachen für den Zeitenwechsel

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Im Ernst: Was passiert beim Jahreswechsel schon großartig anderes, als dass die Menschen alleine in Deutschland für mehr als 100 Millionen Euro Böller in die Luft jagen? Das ist die vordergründige Betrachtung der besonderen Stimmung, die dieser Tage in der Luft liegt. Noch interessanter aber ist die psychologische Komponente. Was passiert mit uns, wenn die Jahreszahl wechselt?

Kölner Stadt-Anzeiger, 28.12.11, Umschalten und nach vorn schauen

Im Lokalteil des Kölner Stadt-Anzeigers bin ich dazu auf einen beitrag von Detlef Schmalenberg gestoßen, der den Kölner Psychologie-Professor Dirk Blothner zitiert, wonach das Umschalten von einem Tag auf den anderen unsere Psyche möglicherweise überstrapazieren würde und „wir uns deshalb künstlich eine Zeit des Übergangs schaffen, um Bilanz zu ziehen und nach vorne zu schauen.“

„Rückblick“ und „Ausblick“ sind für mich als Corporate Communications-Redakteur Lieblingsworte für jedes Editorial und jedes Interview, wenn Menschen nach einer Zwischenbilanzierung ihres Tuns befragt werden. Am Ende des Jahres ist so ein Fazit häufig dann sogar noch mit einem guten Vorsatz verbunden, was sich doch nun endlich verbessern sollte. Sei es das Rauchen einzustellen, den Verzehr von Genussmitteln einzudämmen oder überhaupt die Untätigkeit  zu überwinden. Da fällt mir immer wieder die Strophe aus der „Internationalen“ ein, die etwas quasi Religiöses und geradezu Binsenweises wiedergibt:

„Es rettet uns kein höheres Wesen/ Kein Gott, kein Kaiser, noch Tribun./ Uns von dem Unheil zu erlösen/ Können wir nur selber tun.“ – Oder um es mit den Worten von Johann Gottfried Herder zu sagen: „Der Mensch ist der erste Freigelassene der Schöpfung.“ Mit dieser Freiheit müssen wir auch im Neuen Jahr sorgsam umgehen. Oder wie der Spanier so sagt: „Neues Jahr – Neues Glück!“ Was genau sich an Neuem alles ereignet, können wir natürlich nicht vorhersehen, aber seien wir schon mal auf so einiges gefasst!

Der Begriff „Zwischen den Jahren“ für diese besondere Übergangszeit rührt nach den Angaben von Manfred Becker-Huberti, katholischer Theologie-Professor und früherer Sprecher des Erzbistums Köln tatsächlich vom uneiheitlichen Zeitpunkt des Jahresbeginns, der erst seit dem 17. Jahrhundert hierzulande einheitlich auf den 1. Januar festgelegt wurde. Je nach Gegend und Zeit, heißt es im Artikel, wurde der Jahresbeginn am 25. Dezember, am 1. oder auch erst am 6. Januar gefeiert. Da wenigstens sind wir heute doch schon mal ganz klar einen wesentlichen Schritt weiter!

Rezeptorvariable Anteilnahme

Donnerstag, 24. November 2011

Das „Bindungshormon“ Oxytocin wird über einen Rezeptor auf den Nervenzellen gebunden, von dem es zwei genetische Varianten gibt. Träger der Variante G zeigen angeblich weit größeres Mitgefühl (Empathie) als diejenigen der Variante A. Bei einem Versuch an der Oregon State University wiesen Forscher nun nach, dass der Genotyp „sich offenbar auf den ersten Blick erkennen lässt“, wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung kurz berichtete.

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 20.11.11, Titel: Empfindsames Gen

Die Forschergruppe um Sariana Rodrigues spielte Versuchspersonen kurze, tonlose Videos vor, die Träger der verschiedenen Rezeptor-Varianten beim Anhören rührseliger Geschichten zeigen. Der Einfluss der Rezeptorvariante war demnach offenkundig, wie die Wissenschaftler in den Proceedings of the National Acadyemy of Sciences of the USA berichten (PNAS).

Demnach lassen sich Menschen in ihrer nonverbalen Kommunikation, wenigstens in Hinblick auf den Grad der gezeigten Anteilnahme, in zwei Gruppen unterteilen, die Abgebrühten (Variante A) und die Mitleidenden (Variante G). Offenbar besteht bei Trägern der Genvarinte A eine höhere Wahrscheinlichkeit, zu Autismus zu neigen (das ist ein anderes, weitläufiges Thema, zu dem in der Süddeutschen Zeitung heute ein höchst lesenswerter Erfahrungsbericht steht).

Zeig mir, wie Du Dich verhältst, und ich sag Dir, welche Rezeptorvariante Du (vermutlich) trägst. Sind das nun schon bedenkliche Entdeckungen, dass Menschen gemäß ihrer Verhaltensweisen in zwei Klassen eingeteilt werden könnten? Oder ist es nicht mehr als die Unterscheidung zwischen blauen und braunen Augen, die keinen Einfluss auf die eigene Wahrnehmung hat?

Beeinflusst wird in beiden Fällen höchstens die Fremdwahrnehmung. Bei der Augenfarbe spielt vielleicht meine persönliche Vorliebe eine Rolle. Und bei der Verhaltensweise kann ich mir künftig sagen, wer bei einer meiner rührseligen Geschichten emotional stark reagiert, ist offenbar eher Träger der Genvariante G, wer nicht der Variante A.